Bullitt  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 18.06.2020 20:37 Uhr
Thema: Re:Shadow of the Colossus Remastered Antwort auf: Re:Shadow of the Colossus Remastered von dixip
>Ich muss weinen, so ein schlechter Mensch bin ich.

Ich bin noch ein viel schlechterer Mensch, weil in meinen Augen bereits Ico in die Kategorie "prätentiöse Kacke" fällt. In jedem passenden oder häufiger auch unpassenden Augenblick brüllte das Spiel mich förmlich an, dass es KUNST!!11 sei.
Subtil wie ein Vorschlaghammer.
Lenkt aber offenkundig sehr effektiv davon ab, dass das Gameplay - wohlwollend formuliert - ausbaufähig war. Aber hey, es ist KUNST, und daher verbietet sich jede Kritik!

Dieses Verteidigungsschema findet sich seit dem auch immer wieder, wenn es darum geht, solche "Kunstwerke", Interactive Movies, oder sonstige "cinematic Experiences" zu verteidigen, welche malen-nach-Zahlen-Hollywood-style betreiben und Emotionen mit der großen Kelle vermitteln. Wer das nicht mag, hat halt keine Ahnung und ist innerlich ohnehin komplett tot.

So wie ich es zum Beispiel bin.

Dabei kann ich durchaus nachvollziehen, dass man sich diesen Spielen auch sehr gut hingeben kann. Ich selbst mag es durchaus gern, wenn in gewissen Bereichen auch mal etwas dicker aufgetragen wird.
Das Einzige, was für meinen Geschmack wichtig ist, ist eine gewisse... wie sage ich es am Besten? Dass eine Gewisse "Ehrlichkeit" da ist. Passt auch nicht 100%, kommt dem was ich meine aber noch relativ nah.
Dass ein Spiel dazu steht, was es ist. Dass Übertreibungen zum Beispiel auch von einer gewissen Ironie begleitet werden, um diese nicht als zu "ernst gemeint" stehen zu lassen. Oder dass komplett ernst gemeinte Geschichten auch in einem glaubwürdigen Setting spielen.

Zum Beispiel habe ich sehr große Probleme, wenn auf Basis einer Zombie (oder "Infected")-Apocalypse hier bierernste Geschichten erzählt werden sollen. Sorry, funktioniert bei mir nicht, ich fand deshalb zum Beispiel schon Walking Dead kacke, egal ob Serie, Spiele oder sonstwas.
Oder ich kann es mir deshalb nicht geben, wenn in Superheldengeschichten auf die Tränendrüse gedrückt wird.
Oder wenn ein fiktiver Videospielcharakter "Kriegsgott", welcher bisher unzählige menschliche und nicht menschliche Wesen buchstäblich zerlabskaust hat, plötzlich mit einer Vater-Sohn-Drama-Story um die Ecke kommt.

Mir ist durchaus bewusst, dass man das auch anders sehen kann. Daher ist das Einzige, was ich mir in Diskussionen um solche Spiele oder Filme oder Wasauchimmer wünschen würde: Die Anerkennung, dass das Gefallen von solch "weichen" Eigenschaften höchst subjektiv sein kann.
Oder zurück zum Ausgangsthema: Wenn jemanden Ico oder Ähnliches nicht gefällt, dann ist diese Person kein schlechter Mensch, sondern einfach nur ein Mensch, welchem Ico oder Ähnliches nicht gefällt.

Christian
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