Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 22.03.2019 20:17 Uhr
Thema: Re:"Wer unterwegs zocken will, braucht trotzdem ne Switch!" Antwort auf: Re:"Wer unterwegs zocken will, braucht trotzdem ne Switch!" von dixip
>Stadia muss aber auf dem Laufenden gehalten werden.

Jo, aber das ist das Problem von Google, nicht vom User. Technik in Datencentern wird laufend aktualisiert. Da ist es nicht erheblich, ob die Endanwendung Gaming oder Klimasimulation ist. Zudem sind große Sprünge auf einzelnen Chips erstmal nicht zu erwarten (Moore's Law und dessen Ende), im Bereich parallel computing aber noch laaaaange nicht ausgeschöpft. Es geht ja nur um diesen einen AMD-Chip. Von diesem Chip sind auf einem Blade so viele, wie physisch draufgehen und sinnvoll gekühlt werden können. Und von diesen Blades sind widerum so viele in einem Rack, wie physisch reinpassen und sinnvoll gekühlt werden können. Ich konnte der Präsentation jetzt nicht entnehmen, was dagegen spräche, dass manche Spiele fünf dieser Chips parallel für einen Client beanspruchen könnten, weil diese Racks ja nicht alle in einem Data Center stehen, sondern in buchstäblich hunderten, die über den Planeten verteilt sind.

Der einzige Grund, warum wir sowas bis jetzt noch nicht gesehen haben, give or take den ein oder anderen gescheiterten versuch wie OnLive oder Gaikai, ist neben der ich sag mal verbesserungswürdigen Netzinfrastruktur im Hier und Jetzt die Tatsache, das keine Firma so groß gewesen wäre, diesen dafür nötigen Aufwand zu wuppen wie Google es ist, die so dermaßen viel Geld besitzen und nicht zuletzt auf eine selbstfinanzierte, selbstgebaute physische Infrastruktur zurückgreifen können. nVidias Streaming-Service verknüpft die Skalierung der Rechenleistung mit dem Monetarisierungsmodell ("Du willst bessere Grafik? Dann huste mal ein paar Euronen extra raus, Freundchen!"), das ist natürlich unattraktiv für den Nutzer. Google hingegen könnte die Nutzerschaft mit Rechenleistung zuscheißen und sich immer noch dumm und dusselig verdienen, einfach aufgrund der "mathematics of scale". Vertikale Integration usw. usf.

>Jetzt setzen sie einen Standard fest, was CPU/GPU angeht. Der wird mit seinen 10Teraflops wohl in Kürze von Xbox/PlaystationNEXTGEN getoppt werden. Power of the Cloud dürfte aktuell niemand wirklich ernst nehmen, muss sich zeigen.

Weils bisher auch immer nur Verarasche war, die schnell als solche entlarvt werden konnte. Dieses berühmte "Das Spiel läuft auf deiner Xbox, aber BESTIMMTE BERECHNUNGEN finden in der Cloud statt", das klingt doch schon unpraktisch, selbst für einen Laien, weil ja ständig irgendwas in Echtzeit miteinander synchronisiert werden müsste, was eigentlich 0 Latenz zuließe. Wird ALLES extern berechnet, ist alles zwangsläufig "Power of the cloud", ob Einstürzende NEubauten oder das Geräusch der Hupe deines In-Game Autos.

>Wird Google jährlich neue Level festlegen und nachrüsten? Für ALLE Datencenter?

Ja sicher. Das alles wird aber nur für Devs von Relevanz sein. Genauso wie du auch niemals nachgucken würdest, von welchem physischen Server dein Youtube-Video gerade abgerufen wird. Who cares?

>Oder gibt es dann unterschiedliche Systeme, je nachdem, was ich grad spielen will?

Angesichts der Zielgruppe die sie erreichen wollen halte ich das für unwahrscheinlich bis ausgeschlossen.

>Oder Preisstufen/Abos, ob ich in 1080p60 oder in 8k/120 spielen will?

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Google diese Entscheidung in die Hände der User legt; wenn sie smart sind dann bieten sie einfach das an, was für den Kunden und dessen Leitung am meisten Sinn ergibt, und dieser muss sich darüber keinen Kopf machen.

>Stadia ist ein zukunftsfähiges Konzept, keine Frage, die Fragezeichen sind aber ebenso vielfältig, sowohl nach Geschäftsmodell, technischen Problemstellen, Skalierung, Upgrades, Spieleangebot,....

Man kann zu den meisten Fragen in puncto Wahrscheinlichkeit durchaus belastbare Vermutungen anstellen.

>>Genauso wie es keinen Grund mehr dafür gibt, irgendwelche neuen grafiktechnischen Errungenschaften separat abzufeiern, sie würden ja eh automatisch in Stadia eingepflegt werden.
>
>.... Anreize für technische Weiterentwicklung.....


Nach zwei Hardwarezyklen, die jeweils acht und dann ca. sechs Jahre andauerten, mit einem nicht so erheblichen Zwischenschritt, den die Leute immer darin sehen wollten?

Die "Anreize für technische Weiterentwicklung" waren bislang definiert von der Bereitschaft des Plebs, für ne neue Plastikkiste im TV-Möbel fünfhundert Schleifen auf den Verkaufstresen zu feuern. *poof* It's gone. In Zukunft wird Digital Foundry wohl vielmehr Detektiv spielen müssen, um after the fact festzustellen, welche neuen Grafikfeatures im laufenden Betrieb ergänzt wurden.

>Wird Stadia technischen Fortschritt fördern?

Ja, allein schon, weil bisher bis auf wenige, zeitlich begrenzte Ausnahmen Konsolen so gut wie immer das Gegenteil taten, besonders in den letzten 10 Jahren. Nochmal, das ist kein Lobgesang auf Stadia, sondern schlicht Fakten.

>Ich hätte spontan Zweifel, weil es ja immense Kosten verursacht, ohne größeren Nutzen zu generien.

Was verursacht immense Kosten und von welchem "Nutzen" sprichst du? Der Nutzen ist, das Spiele hübsch und in 60 Frames bei jedem Trottel auf seinem 120-Euro-Aldi-Tablet laufen. Die Kosten hat Google schon lange aufgebracht; die Autobahnen sind quasi gebaut, jetzt bietet Google Autos, Sprit und Raststätten-Riesencurrywurst aus einer Hand an. Eines Tages wirst du feststellen, dass der Wagen irgendwie ruhiger, aber schneller fährt, und das dein Sitz bequemer ist, und auf irgendeiner News-Seite wie Kotaku liest du, dass du bereits seit drei Monaten einen Mercedes fährst und keinen Audi mehr. Die Wahrnehmung dieser Fortschritte wird sich radikal verändern.

>IMO waren die Konsolen mit ihren Zyklen und Techniksprüngen schon immer ein stärkerer Treiber von Innovationen als es die stetige Technikentwicklung des PCs war.

Ächz, nein. Vielleicht zu Zeiten der PSone.

>Stadia hätte ja mehr davon, wenn die Technik stagniert.

Was sie tut. Das einzige, wie du PS4 und Xbone auf die althergebrachte Weise toppen könntest, wäre, wenn du den Kunden wirklich for real einen Gaming-PC für 1200 Euro anbieten würdest. Das Modell, billig und möglichst für Games optimierte low-end Hardware in Masse zu produzieren, ist komplett an seine Grenzen gestoßen. Rechenleistung, die schnell und mit wenig Strom und Kühlung abrufbar ist, wird für den Mobilmarkt entwickelt, sprich Handys, Tablets etc.
Ein PS4-großer for all intents and purposes Heimcomputer wäre, würde er nicht wirklich All-In gehen, also low-high-end PC Hardware, nichts anderes als ein glorifiziertes bzw. besser ausgedrückt "funktional verkrüppeltes" Mobiltelefon, wo du mit der "System on a chip"-Bauweise natürlich an dicken Lüftern und dergleichen sparen musst oder dich, XboneX-Style, klassischer Motherboard-Architektur wieder annäherst und mehr in richtung PC mutierst.

Mal ehrlich, gerade Konsolen-BauernEnthusiasten lieben doch ihre Videorekorder-großen Boxen, und wie hübsch sie aussehen, und wie FUCKING LAUT SIE WIRD WENN ICH RDR2 SPIELE WHAT THE FUCK HOW DO COMPUTERS EVEN WORK SOFORT ZURÜCK ZU AMAZON DIE KACKE. Und das ist einfach nur ein Fetisch, eine Art kultische Ersatzgeste. Wieder, nicht falsch verstehen: Ich fänds sogar geil wenn ein Konsolen-Anbieter ernst machen und dir wirklich ein Biest von Kiste hinstellen würde, für kein Plan 800 Euro. Im altehrwürdigen Maniac-Forum wurde sich noch bepisst vor lachen, wie viel Geld Microsoft mit jeder OG Xbox verloren hat, weil das damals fast als selbstverständlich galt, dass Hardwarehersteller ihre Hardwareverkäufe subventionieren, vergleichbar mit dem damaligen Mobiltelefonmarkt. Jetzt, wo das ganze etwas abstrakter ist und um einen heißgeliebten Fetisch verringert wurde, ist es aber plötzlich nicht mehr vorstellbar, dass ein Anbieter mit unfassbar viel Geld in Vorleistung tritt, um dann aber nochmal drei mal so viel an Einnahmen zu generieren als wäre es nichts, und en passant 80% aller Konkurrenz in dem Geschäftsbereich von heute auf morgen ausgeknipst zu haben.

Ersetzt man die Zahl "80" mit "95" hat man aber im Grunde schwarz auf weiß das Basis-Geschäftsprinzip von Google in den Sektoren, in denen Google erfolgreich war.

>Bloß nicht zu viel Physikberechnungen, weil GPU oder CPU dafür gefordert werden.... bloß keine CPU-lastigen Spiele..... da kann man sich momentan viel ausdenken.

CPU, GPU, who cares. Wenn du Bock hast, wirst du damit Crysis 1 mit allem und Schokostreuseln in 8K mit 120 fps spielen und es genauso unmystisch finden wie ein Youtube-Video. Keiner muss mehr irgendwelche Teraflop-Schwanzvergleiche auspacken, es sei denn, er ist bereit, die Textmenge einer halben C't-Ausgabe auswändig ins Netz zu tackern.

>>Und es wird sich auch keiner damit rausreden können, einfach zum MS-Pendant zu greifen
>
>Es ist ja zu hoffen, dass dieser neue Markt auch durch Wettbewerb getrieben wird, also mind. Microsoft und Sony aktiv sein werden, gerne auch noch Amazon.


Sony? LOL! Sony ist raus aus der Chose. In zehn Jahren machen die keine Konsolen mehr, oder nur noch Legacy-Geräte, damit irgendwelche Freaks PS2-Spiele auf irgendwas zocken können. Konkurrenz, die das Geschäft belebt? Nope. Genauso wie Google wird Microsoft auch alles daran setzen, so wenig netzneutral wie möglich vorgehen zu können (Ich hab die Stadia-PK jetzt drei mal geguckt und wurde jedes mal wütender, wenn Phil Harrisson die Formulierung "The unpredictable open internet" benutzte, FUCK YOU, GOOGLE!!!). Es gibt nur vier Techfirmen, die das können: Google, Apple, Microsoft und Amazon. Jeder andere "Player" ist nichts anderes als ein mittelständischer Spielwarenhersteller, der dankbar sein muss, wenn er im Meatspace noch Regalmeter bei MediaMarkt zugestanden bekommt. Jeder dieser vier Tech-Konzerne würde in einer Welt, die halbwegs normal und verantwortungsvoll ihre Marktwirtschaft regulieren würde, sofort mindestens zerschlagen, wenn nicht sogar verstaatlicht werden. Das diese zwei Sachen passieren, ist kurz- bis mittelfristig ausgeschlossen, und mehr Zeit als fünf bis zehn Jahre braucht sowas auch nicht, um die entsprechende Marktmacht zu erlangen. Oder zählt mal auf, wie viele Videoportale ausser Youtube ihr nutzt. Eben.

>Unternehmen sind nicht böse! Menschen sind böse.

Google hat übrigens schon vor Jahren dieses "Do no evil" aus den Unternehmensgrundsätzen gestrichen. Chinesische Tech-Konzerne können im Westen kein Geld verdienen, weil mittlerweile ja sogar handelspolitisch dem ganzen Riegel vorgeschoben wurden und contenttechnisch der Westen nicht allzu scharf auf das ist, was die Brüder anzubieten haben.

Tech-Startups und Neugründungen können sich die nächsten fünfzig bis hundert Jahre lieber mit was anderem beschäftigen als Gameshardware und mittelfristig wohl auch -software. Der Leviathan wird alles fressen.

>Google ist mir im Prinzip sympathisch,

o_0

>weil sie z.B. aus ihrer Suchmaschine nie irgendein gigantisches Portal mit allem gemacht haben.

Wat. Wait... what? Do you... what?

>Weil sie viele coole Softwarelösungen anbieten. usw. Was bei Google natürlich die große Kehrseite ausmacht, ist das Geschäftsmodell, dass Datennsammelwut mit Werbeoptimierung verbindet. Schlimmer ist nur Facebook, deren Geschäftsmodell gleich die Ausnutzung und Optimierung des Nutzers darstellt.

Beide funktionieren exakt gleich. Google kennt deine eMails, deine Spreadsheets, deine Paypal-Käufe, deine Search History, deine eingetragenen Formulardaten, deine über Webclients verfassten Kurznachrichten, alles. Facebook genauso. Unterschied ist nur, dass Google größer und erfolgreicher ist als Facebook und weit mehr Produkte und Services anbietet.

>Da sind mir Microsoft und Amazon halt lieber.

Warum. Das sind ALLES viel zu große Firmen, deren reine Existenz gegen dermaßen viele Antitrust Gesetze verstößt, von denen in den USA aber keine Sau ein Interesse daran hat, sie anzuwenden, weil deren unfassbarer Erfolg quasi das Rückgrat von deren Wirtschaft darstellt mittlerweile. Jeder Versuch, diese Hydras zumindest ein wenig zu köpfen, würde mittlerweile mit geopolitischen Interessen und der Ratio wirtschaftlicher Stärke gegenüber China verworfen werden. Tech-Giganten sind quasi die Früchte der während des kalten Kriegs explodierten Militärsubventionen und den daraus hervorgegangenen Fortschritten in Forschung und Entwicklung; vom Internet bis zu modernem AI Learning alles Joint Ventures zwischen Staat und Privatwirtschaft die letztere derart beflügelten dass sie sich in den letzten zehn Jahren so ziemlich ALLES unter den Nagel reißen konnten, was nicht niet- und nagelfest ist. Nachdem Steuergelder jahrzehntelang zwischen deren Händen zerrieben wurden, ist es heute unser Privatleben und Alltag.

Aber Microsoft und gerade Amazon sind voll lieb! Die einen stellen HUDs für die nächste Generation an voll vernetzten Kriegern her, die 5000 Kilometer weiter östlich in einem seit bald 20 Jahre andauernden Krieg irgendwelche armen Schweine mit Kalashs abschlachten, und Amazon verlangt von der Stadt Seattle in Ruhe gelassen zu werden mit Steuerzahlungen, um für ein von Amazon verursachtes Obdachlosenproblem Rechnung zu tragen. Alle werden von blind technikgläubigen Echsenmenschen geführt, die ihren eigenen Kindern Handyverbot bis zum Erwachsenenalter erteilen damit diese nicht so blöde werden wie die Smartphone-Zombies mit denen die ihr Geld verdienen. Dieselben Brain Geniuses, die uns Stadia bescheren, haben auch Anti-Obdachlosen-Roboter entwickelt, die natürlich nur rein zufällig so aussehen wie Daleks, die jemand in einen Eimer mit Apple-Alpinaweiß getaucht hat.

This is, by all means, Hellworld.

>Die verdienen Geld, weil sie sich für Leistungen klassisch von ihren Kunden direkt bezahlen lassen.

Achso. Ja, dann ist das natürlich in Ordnung, wenn du für dein Geld auch noch ordentlich was kriegst. So wie bei Rheinmetall.
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