Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 06.09.2017 19:48 Uhr
Thema: Re:thx Antwort auf: thx von dixip
>schönes Video!
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>Also ist das Spiel eindeutig zu verkopft ;)
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>Den meditativen Charakter hatte das Spiel bei mir nie. Anders als in Zelda hab ich mich da nie in Ruhe umgeguckt, wahrscheinlich weil ich schon früh diese Geschichte mit dem Puzzle mit den unbekannten Regeln hatte und danach immer brav den Puzzewegweisern - sprich Kabeln etc. - hinterhergelaufen bin. Durch die Puzzle-Masse und dem Lösenmarathon war ich brav im Spielmodus. Das Denken bezog sich auch aufs Spiel, nicht auf die Metaebene.
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>Tja, also ein Spiel mit Substanz weit über die Oberfläche hinaus. Das ist gut, eigentlich super, wünschenswert, andererseits natürlich hier gut genug versteckt, dass es wohl nur ein kleiner Teil der Spieler komplett selbst erfahren wird, also ohne Recherche im Netz, ohne Anleitungsvideo, das mit blinkenden Pfeilen auf die Besonderheiten hinweist...


Es ist ein absolutes Autistengame. Du musst hartes Aspergers haben und den ganzen Tag Zeit, um das Spiel richtig schätzen zu können. Normale Menschen denken sich halt "Och, so Rätsel Kaiser und schön Strand", aber die meisten greifen irgendwann zum Guide und können deswegen das Endgame nicht schaffen, weil sie die Regeln nicht gelernt haben (Am Ende kommen Rätsel randomized auf Zeit, also nicht wirklich mit Guide zu lösen). Ich war schon weit früher raus. Nicht, dass ich keinen Spaß hätte, aber richtig Spaß hat man, wenn man sich mehr als andere Leute mit Zugfahrplänen oder Flugplänen, allgemein Fahrplänen und Verkehrsinfrastruktur in auffällig tiefgehendem Detailgrad beschäftigt.

Jonathan Blow ist eigentlich fast Outsider-Künstler, so wie der Typ der in Los Angeles diesen riesigen Skulpturengarten aus Strandgut und Schrott gebaut hat, nur ist sein Medium nicht die oberflächlich sofort als solche erkennbare Schrottwelt von, nunja, echtem Schrott, sondern die sich ständig selbst zur Kunst verklausulieren wollende Schrottwelt des digitalen Lootbox-Handels, äh Verzeihung, von Videospielen.

Alles in The Witness wirkt so extrem ordentlich, sogar Unordnung unterliegt in absolut manischem Maße von Blow definierten Mustern. Das ist unglaublich. Jemand hat ein virtuell begehbares Kunstwerk aus der Rätselseite der Hörzu gemacht, dass ist, ganz ohne Sarkasmus, eine große schöpferische Leistung.

Fast niemand wird das Spiel als das, was es wirklich ist, wirklich zu schätzen wissen - mich eingeschlossen. Auch das trägt zur Faszination bei. Leute, die das Spiel wirklich bis zum Ende durchzocken, sind in mehrfacher Hinsicht besonders.

***Diese Nachricht wurde von Felix Deutschland am 06.09.2017 19:51 bearbeitet.***
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