membran  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 10.11.2016 15:40 Uhr
Thema: GT Sport klaut Onlinekram bei iRacing Antwort auf: Kein Prologue, wir schwören! von Icheherntion
>Wenigstens haben sie den Livery-Editor jetzt geklaut. Nach 11 Jahren.

Nun bedienen sie sich wohl auch am (superben) iRacing Onlinesystem:

[http://www.eurogamer.net/articles/2016-11-09-gran-turismo-is-finally-opening-its-eyes-to-the-wider-world-of-racing-games]

It's heartening, then, to learn that Gran Turismo Sport is set to employ a rating and penalty system that sounds like it's been lifted wholesale from iRacing, just as it it is to discover that it enforces track limits - as popular a subject as ever in real racing circles in 2016 - in a similar way, asking drivers to give up time should they stray too far from the black stuff. Despite a wealth of contenders the console space is screaming out for an online racing game that's rigidly adjudicated and sensibly structured, and if Gran Turismo Sport can come good on its intentions it may well be able to carve a niche out of its own.

[https://www.gtplanet.net/gran-turismo-sports-advanced-matchmaking-system-sportsmanship-points-detailed/]

GT Sport’s driver rating system will be based on two indices: Driver Class and Sportsmanship Points. Driver Class will represent the overall speed of the player and how well they perform in races. Sportsmanship Points will keep track of the player’s behavior and manners on-track.

“These two scores will affect your driver rating. For example, if your Sportsmanship Points go down because you have been driving very rough in some races, you will only be matched with other players who drive rough on-track. On the other side of the spectrum, people who run clean races, will be matched with other clean drivers,” Kazunori explained.

Driver Class ratings will be grouped and organized by letter (S-A-B-C-D-R), though this letter rating will presumably be determined by some underlying numerical value. Class ratings will be calculated based upon qualifying results, race results, and the average rating of the drivers you’re racing against.

Sportsmanship Points will be calculated on additional metrics which can either increase or decrease your overall rating:

Factors For Increase
Race distance
Course difficulty
Race category

Factors For Decrease
Driving off-track
Wall contact
Entering restricted zones
Ignoring flags
Ignoring speed limits


Nun, mit dem Safety Rating (oder wie GT Sport es nennt, Sportsmanship Points) alleine ist es aber noch nicht getan. So wie es sich hier anhört, übernimmt GT Sport zwar das grundsätzliche Konzept, nicht aber die Konsequenzen und die Rennumstände, die das Safety Rating in iRacing so dermaßen wichtig machen, dass es spürbar das Verhalten aller Beteiligten in einem Onlinerennen verändert.

Erstmal bleibt in iRacing das Skillrating ("iRating" - was kein Matchmaking-Rating ist, weil es in iRacing kein Matchmaking in dem Sinne gibt, dazu gleich mehr) und Safety Rating strikt getrennt. Das iRating geht hoch und runter, je nachdem, wie man in einem Rennen abschneidet im Vergleich zu den anderen Fahrern und deren iRating. Aber das Safety Rating hat damit nichts zu tun. Es geht nach oben und unten, je nachdem, wie sauber man fährt (die obige GT Sport Auflistung ist für den Abzug grob wie in iRacing). Für jede sauber gefahrene Kurve bekommt man ein ganz klein wenig hinzu. Für Fehler geht es deutlicher nach unten. Dabei spielt es auch keine Rolle, wer Schuld war - bei Fahrzeugkontakt bekommt jeder Beteiligte Safety Rating abgezogen; das hört sich bei GT Sport ähnlich an. Das Grün auch nur zu berühren gibt Abzug ("1 incident"), sich querstellen gibt doppelt soviel Abzug (zählt 2 incidents), Fahrzeugkontakt gibt viermal soviel Abzug (vier incidents). Bei 16 incidents in einem Rennen wird man gar disqualifiziert in iRacing.

Je höher man kommt im Safety Rating, desto mehr sauber gefahrene Kurven ohne Incident braucht man, um es noch weiter nach oben zu schrauben.

Und nun kommt das Entscheidene: Anders als in GT Sport, wo die Sportmanship Points nur dafür sorgen, dass saubere mit sauberen Fahrern zusammenkommen und der Bodensatz zusammenkommt (freilich eine gute Motivation, aber meiner Meinung nach nicht gut genug), bestimmt das Safety Rating in iRacing schlicht, welche Rennklassen man online überhaupt fahren darf. Das Safety Rating bestimmt, welche Rennlizenz man besitzt, und Zugang zu Formel 1 Rennen gibt's z.B. erst in Lizenzklasse A. Zugang zu Mixed Class Rennen erst ab Lizenz C, Einsteiger GT3 ab Lizenz D; davor ist man Rookie und mit nem Mazda MX5 unterwegs, bis man sich die erste Lizenz unfallfrei zusammengefahren hat. Und man kann eine Lizenz wieder verlieren. Aufsteigen (und Absteigen, womit dann auch die Berechtigung, die entsprechenden Rennklassen online zu betreten) kann man nur am Ende einer Saison (12 Wochen), wenn man zu diesem Moment das entsprechende Safety Rating hat. Es gibt "Fast Promotion" und Insta-Demotion innerhalb einer Saison, wenn man es auf einen besonders hohen oder niedrigen Wert treibt (und der besonders hohe ist nicht so leicht, weil es wie gesagt immer langsamer wird, je höher man kommt).

Das Safety Rating bestimmt also die Lizenz, und die Lizenz bestimmt, an welchen Rennen man teilnehmen darf und damit auch, welche Autos man online fahren darf (man kann auch unterhalb seiner Lizenz mitfahren, aber eben nicht überhalb). Das wird bei GT Sport anscheinend nicht so sein, da wird es als Matchmakingfilter genutzt. Ich halte diese iRacing Beschränkung "geile und schnelle Autos online nur, wenn du sauber und sinnig fährst" als "Erziehungsmaßnahme" effektiver als nur die reine Tendenz, mit ähnlich gesitteten Fahrer wie man selbst zusammenzukommen.

Auch wenn es manchmal erstmal unfair wirkt (ich habe schon einmal eine Disqualifikation und ein derbes Minus meines Safety Ratings hinnehmen müssen, weil mir viermal Leute hinten reingefahren sind; aber ich war auch leicht off pace, GT3 Wagen in einer Hardcore Sim sind echt ganz schöne Biester...), es führt echt dazu, dass die Leute zumindest versuchen, aus purem Selbstschutz, sinnig zu fahren. Und über lange Sicht kommt man immer positiv raus, wenn man selber entsprechend fährt. Ich habe zumindest in noch keinem Onlineracer soviele Rennen erlebt, in dem *alle* 25 Leute unfallfrei durch die ersten drei Kurven kamen. Bei iRacing ist das an der Tagesordnung.

Und noch ein anderer Faktor macht die Nummer ziemlich effizient: Es gibt kein Quickmatch. Es gibt private Rennsessions, aber die zählen für nix (Safety Rating, iRacing, Season Points...) und die macht kaum einer (glaube, da muss man sogar Servertime gegen Cash mieten, iRacing ist sowieso scheißteuer, aber das ist hier nicht das Thema). Stattdessen starten die Rennen zu festen Zeiten (meist mit 2 Runden Qualifying). Weniger beliebte Rennserien starten alle zwei Stunden, die meisten aber stündlich. Entweder zur vollen Stunde oder viertel nach. Von viertel nach bis zur nächsten vollen Stunde gibt es schlicht keine Rennen, denen man beitreten könnte (nur public practice sessions). Also in einem Rennen Scheiße bauen, Ragequit, anderes Rennen starten? Ist nicht. Im Normalfall hat man sich so eine Dreiviertelstunde Zwangspause verordnet. Der Effekt: Die Leute wollen ihr Rennen "ausfahren", am besten bis zum Schluss, es gibt ja auch iRacing Skillpunkte für eine Top 10 Platzierung (und Safety Rating für jede weitere sauber gefahrene Kurve), und so fahren die Leute tendenziell sinnig, die Leute scheinen zu schnallen: Man gewinnt ein Rennen nicht in den ersten drei Runden, es wohl aber verlieren.  Gut, das ganze Prozedere (sich für einen Rennen um 19:00 Uhr anmelden und dann die Meldung bekommen "Qualifying started, click here to join") ist zwar irgendwie nerdy, aber es bringt eine gewisse Ernsthaftigkeit rüber, die nicht von der Hand zu weisen ist. Irgendwie geht man an so eine Rennsession anders heran, wenn der Ablauf so ist.

Dass die Rennen nur stündlich starten, sorgt auch dafür, dass sich für eine Session in den beliebten Rennserien meist 80-100 Leute anmelden, und hier kommt dann das iRating als "quasi-matchmaking" nochmal zum Einsatz, denn aus dem Anmeldepool teil das Spiel die Leute in entsprechend viele "Splits" ein, die mit dem besten iRating zusammen und die mit dem schlechtesten iRating zusammen. Das Safety Rating spielt hier keine Rolle. Wie gesagt, das ist getrennt.

Und dann gibt es doch wirklich noch die Möglichkeit eines echten "Protests". Da kann man das Replay an den Hersteller einschicken und um Prüfung bitten. Wenn da einer absichtlich Scheiße gebaut hat, werden wohl Bans verteilt. Die iRacing Community ist wohl so übersichtlich (und dank des recht teuren Abo-Modells die Kohle dafür da), dass diese Protests wirklich von einem menschlichen Supportmitarbeiter geprüft werden. Das wird auch etwas sein, was es bei GT Sport definitv nicht geben wird. :)


Es wäre echt super, wenn ein anderes Rennspiel seinen Onlinemodus mit derselben Kompromisslosigkeit wie iRacing betreiben würde. Also Safety Rating mit knallharten Abzügen für jeden am Crash beteiligten (und moderaten Abzügen bei Ausflügen aufs Grüne); Rennen nur zu festen Zeiten, um aus einem möglichst großem Pool die Fahrerfelder fair zusammenzustellen, Rage Quit und entsprechend sorgloses Fahren zu entmutigen; und ganz wichtig, den Zugang zu schnellen und "prestigeträchtigen" Rennklassen und Autos knallhart an das Safety Rating zu binden, inklusive Lizenzentzug.


Ich habe übrigens, sollte ich mein Safety Rating halten, in ein paar Wochen meine Class C Licence. ;)

***Diese Nachricht wurde von membran am 10.11.2016 16:45 bearbeitet.***
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