Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 04.01.2011 14:49 Uhr
Thema: Ein Spiel mit Herz und Seele (Spoiler des Spielanfangs) Antwort auf: Nier von Hanfling
Wenn das Budget eines FFXIII da drin stecken würde... kaum auszudenken. Andererseits hätte es dann auch nicht mehr diesen... grafischen "Underdog-Charme".

Ja sicher sind einige Sachen dumm (Dialoge tlw., aber "dumm" halt im Sinne des teils typisch japanisch naiv klingenden Inhalts), aber ich mag sogar die Grafik. Ja, guckt nur. Ich mags. Die Seitenansicht in Häusern ist nichts neues, aber eine willkommene Abwechslung, die die Interaktion mit der Welt schön vereinfacht. Das hat alles einen herrlich kruden Charme, die komischen Bullethell-Gegner und der wahnsinnig gute Score; die Tatsache dass in der Spielwelt nie die Sonne untergeht (Sagt ein NPC zufälligerweise in einem Halbsatz... Ja LOL! Wäre mir sonst wohl so gar nicht aufgefallen...) und alles entweder nach strahlendem Sonnenschein oder Dämmerung aussieht... es gibt STÄDTE, herrje! Sogar eine richtig hübsche, die so aussieht wie ein griechisches Fischerdorf mit den würfelförmigen Häusern... und dann der Leuchtturm in dieser Stadt, ein Schmankerl für sich. Das Spiel hat eine ganz spezielle melancholische Athmosphäre. Man spielt keinen wunderbegabten 15jährigen, sondern eine SEHR alt gewordene Version dieses Basti Vettel/Bustin Jieber-Typs... hat was von Sad Keanu. Nichts von dem was er tut bringt irgendwas, er muss immer nur kämpfen kämpfen kämpfen, eine wandelnde Metapher auf JRPGs und ihre Helden.

Der Einstieg ins Spiel im Jahr 2047 war schon sehr stark. Da macht man mit wenig viel. Das "Aufleveln" nach jedem zweiten Gegner, die Tatsache dass es im Sommer so schneit, und dann der groteske Zeitsprung von über 1000 Jahren... da war schon einiges dabei, bei dem man sich als Zocker von Welt fragt "Nanu?"
Und natürlich hab ich im Hinterkopf behalten, das im Jahr 2049 (oder so) der Held gar nicht so gut zu sprechen ist auf das Buch das neben ihm liegt und dass er in der Postapokalypse neu kennenlernt. "Es ist alles nur ein Traum!11"-Auflösung, ick hör dir trapsen! Obwohl, eigentlich kann noch alles mögliche passieren. WTF.

Das einzige was mir wirklich mißfällt ist die typisch fernöstlich devote Haltung meines Kindes. Aber vielleicht wird das auch noch mal aufgegriffen. Grimoire Weiss ist zum Beispiel seit Ewigkeiten mal wieder ein geiler JRPG-Char, man dachte schon, den Japanern wären die Ideen für tumbe metrosexuelle Sidekick-Nüsse ausgegangen, die Popsänger sind und im Nebenberuf Kampfhubschrauberpilot oder so eine Kacke.

Ich hatte kurz zuvor Darksiders gespielt, bis zum ersten richtig großen Endgegner (Tiamat (sic?), die Fledermaus mit den Titten halt), und so viel mir das Spiel bis dahin auch gefallen hat, nach sechs Versuchen flogs aus dem Laufwerk, wer denkt sich bitte solche Scheißkämpfe aus. Technisch spielen die Spiele in verschiedenen Ligen, aber Darksiders, dem eine spzifische "Stimme" attestiert wurde aufgrund der visuellen Ansprache des Spielers, verblasst genau in dem Punkt gegen Nier. Darksiders ist spaßig, und verknüpft genauso wie Nier Elemente aus den verschiedensten Spielen miteinander (Das Panzer-Dragoon-Remake spielte ich in Darksiders, NICHT in Nier!), aber es weckt keinerlei Emotionen in mir. Das ist okay, ich will ja irgendwelche Tiere von dummen Kinder-Metal-Albumcovern wegmoshen, aber es ist in heutigen Zeiten schon was besonderes, wenn man die ganze Zeit in einer bestimmten Stimmung vor dem Spiel sitzt... keine Ahnung, vielleicht weil ich derzeit auch etwas den Blues habe. Aber die wenigsten Spiele trauen sich sowas. Die wenigsten Spiele muten ihren Spielern so eine Fallhöhe zu (Dein Kind stirbt!) und lassen einen dann NICHT die Rage darüber präpubertär mit dem Zermörsern von dutzenden Kampfhubschraubern ausleben. Und der Japaner wächst dabei über sich selbst hinaus, in dem er das ganze nicht vollends zu selbstzweckhaftem Melodrama verkommen lässt. Wenn ich schon daran denke, wie viel Dialogzeit in den letzten Final Fantasys dafür draufging, dass die Helden tottraurig sind wegen ihrer riesigen Verantwortung für die Welt ("Wir sind doch erst Zwölf!!1"), schüttelt's mich.

Nier lässt zwischentöne und dissonanzen zu. Diese Windstadt, in der sich alle vor mir verstecken... wtf? Ich will wissen, warum die mich so fürchten! Gerade wo in meinem Heimatdorf offenbar alle mit mir klarkommen und mein schicksal sogar bedauern. Das braucht kein großes, elaboriertes World-Building mit riesen-flavor, den man dann im Pause-Menü nachladen darf, es funzt WEIL es so wenig zusammenhang ergibt. Es ist einfach rätselhaft, so wie die Insel von Myst.

Danke für den Tip. Nier ist eines der modernsten japanischen Spiele der letzten Zeit, schade das gerade die Japaner nicht mehr wirklich einsehen wollen was sie falsch machen, ironischerweise besonders nachdem sie es richtig gemacht haben. Erfolg = Pokemon or bust. Schadeschade.

Ich bin mal gespannt was mich noch alles erwartet, habe ja eh noch nicht viel gesehen.
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