Fuse.F/X  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 26.05.2009 22:16 Uhr
Thema: Sunn O))) Antwort auf: Im Konzert gewesen von RIK
Soundtrack zum Posting und Mitschnitt von 2006 an gleicher Location:  [http://www.youtube.com/watch?v=vtnG6EHh1N4]

Völlig übermüdet nach einem etwas anstrengendem Vor-Wochenende bin ich am Sonntag Abend mit JCD (dem es nicht viel besser ging als mir) im Berliner Prater zum Sitzkonzert. Am Eingangstor gibt es bereits die schriftliche Warnung, dass es heute sehr laut wird und man von den kostenlos erhältlich Ohrenstöpseln doch bitte Gebrauch machen möge. Für etwaige dem Konzert folgende Taubheit übernimmt man keine Verantwortung.

Um 19:50 sind wir drin. Keine Stühle, sondern auf dem Boden hatte man sich zu pflanzen. War etwas irritierend, aber im Nachhinein betrachtet nur logisch und vernünftig. Das Publikum ist gemischt; vom Weißhemdträger bis zum langhaarigen Klischeemetaller ist so ziemlich alles vertreten.

Auf der Bühne sind sieben der namensgebenden Verstärker nebeneinander aufgestellt. Ich kämpfe mit meiner Müdigkeit, mein Magen mit dem wirkungslos verpufftem doppelten Espresso. Mit etwas Verspätung ging es schließlich um 20:20 los, die Ohrenstöpsel stecken.

Zu fest und zu tief: Zu viele Frequenzen, die rausfliegen, und dafür sorgen, dass sich die akkustische Wahrnehmung auf dumpfen Klangbrei beschränkt. Nach 20 Minuten Gefriemel und vorsichtigem, stückweisen herausziehen hat der anfängliche Brei Struktur und ein annehmbares Spektrum.

Das Konzert höre ich leztlich in Quasi-Mono, weil ich rechtsseitig Ohrenschmerzen habe. Es fühlt sich an, als ob sich der Schall zwischen dem Schaumstoff und dem Innenohre verfangen hat und nirgendwo hin kann. Ich würde ihn gerne einmal rausnehmen, zusammenddrücken und besser einpassen. Nur ist an rausnehmen nicht zu denken - der dröhnende Sound füllt den Raum ohne Pause, während auch der Nebel nahezu ununterbrochen aus der Maschine gepustet wird.

Ich entscheide mich aber dafür mein Gehöhr nicht zu riskieren und begünge mich stattdessen damit, den Stöpsel ihn periodisch so weit es geht hineinzudrücken. Das geht schließlich ganz gut. Rechts ist es zu, links kommt der Sound verhältnismäßig klar an.

Während der gut eineinhalb Stunden gibt nicht ein Break. Allein eine monstöse und hypnotische Klangwand aus Gitarrenbässen. Sunn O))) ist aber live eher weniger anspruchsvolle Musik, als eine atmosphärische und zudem höchst körperliche Erfahrung. Die verschiedenen Frequenzen und Schwingungen berühren berühren unterschiedliche Stellen. Einige spürt man an der Unterarmen, andere stärker im Magen. Gefühlt bewegt sich der Schall genauso langsam wie die Musik und oft habe ich das Gefühl der Klang schiebt sich in Wellen durch den Raum, der erst die Beine und kurz darauf die Arme erreichen.

Neben uns legt sich ein beleibter Metaller schließlich vollständig auf den Boden, um sich die maximale Vibrationsdröhnung abzuholen wärend er eine Hand zur Decke streckt. Es ist auch ein Unterchied, ob man seine ganze Handfläche, oder nur die Fingerkuppen auf den Boden legt. Jetzt wissen wir auch, warum Stühle hier nicht funktionieren würden.

Zwischendurch bin ich sicher einmal weggenickt zu sein, aber doch immer noch alles wahrzunehmen. Ich bin hier und doch ganz woanders. Zu sehen ist vorne eh wenig außer dem allgegenwärtigen Nebel. Nur selten wird er abgestellt und man sieht (meist nur einen der zwei) Kapuzenträger vor dem hinter der Bühne düster flackernden Licht, bis die Bühne bald wieder minutenlang vom Nebel verhült wird.

Was man hört, ist in höchstem Maße monoton und man kann kaum anders, als in eine seichte und düstere Trance zu verfallen, so man sich darauf einlassen kann. Das dauert ein bisschen. Kann man das hingegen gar nicht... dann geht man wohl recht schnell, wie es auch einige getan haben. Nach einer guten Stunde sind aber auch mir die scheinbar immergleichen mit distortion übersähten Slowmotion-Riffs zu viel. Kurz darauf verändert sich die Musik aber merklich. Ich denke an Gewitter und Wellenschlag und bin wieder völlig im Sound versunken. Es sind die letzten 20 Minuten und zugleich die, die klangtechnisch und atmosphärisch (darum geht es schließlich in dem Genre) meinen Nerv am besten getroffen haben, so dass ich ein wenig traurig bin, als es dann wirklich vorbei ist. Oder vielmehr, dass derartige nicht ganz so superminimalistische Variation etwas früher und häufiger zu hören gewesen wären.

Denn etwas mehr Variation wäre schon wirklich ok gewesen. Doch auch wenn es sicher nicht die Erfahrung meine Lebens war hat sich dieser rituell-religiös anmutenden Ausflug in die Livegefilden des Drone-Dooms aber auf jeden Fall gelohnt. In zwei oder drei Jahren vielleicht mal wieder.


ps: Auch wenn es sich evtl. etwas anders ließt: Während des Abends wurden außer Kaffee KEINE Drogen konsumiert. Word!
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