rademacher returns  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 07.08.2020 16:19 Uhr
Thema: Re:Fazit nach der ersten Wochen i3s Antwort auf: Re:Fazit nach der ersten Wochen i3s von Guzzi
>>>Es ist also noch ein langer Weg, aber keiner mag anfangen.
>>>Aber ich will euch nicht entmutigen.  
>>Bei solchen Zahlen kann einem schonmal schwindelig werden. Besonders wenn man bedenkt, dass die Stromindustrie ja nicht aus karitativen Gründen operiert. Die werden sich solche Mehrverbrauchsmengen (die ja auch erst einmal produziert werden müssen) schön vergolden lassen, Angebot und Nachfrage halt.
>Aktuell haben wir glaube ich ein europaweit ein überangebot an Kraftwerkskapazität,
>was sich ja am Strommarkt bemerkbar macht wenn vor allen unser Windsrom ins Angebot
>drückt, und praktisch verschenkt werden muss.


Interessant. Das war mir nicht bewusst, da sich mein "Fachwissen" bestenfalls auf Stammtischniveau befindet. Allerdings ist mir nicht klar, wieso Strom dann nicht billiger wird. Kleiner Scherz. Wieso sollten RWE und Co. Preise drosseln, wenn ohnehin kaum einer etwas vom Strompreismarkt versteht.

>Aber die für die Zukunft fehlende Kapazität ist vermutlich nur das halbe Problem.
In der Tat.

>Wenn die Erzeugung zum großteil aus Sonne und Wind gestemmt werden soll, dann brauchen
>wir ausreichen möglichkeiten zum speichern, und ein Netz mit passender Regeltechnik.


Von ausreichender stromproduzierender Infrastruktur ganz zu schweigen. Wieviele Plätze mag es wohl noch geben, in denen fleissig Sonnenkollektoren und Windräder aufbauen / installieren kann? Ohne dass die ansässigen gutbürgerlichen Mittelständler sofort zu Petitionen und Gerichtsverfahren aufrufen meine ich.

>Davon ist noch nichts zu sehen, und ich möcht wetten das die nötigen Investitionen
>"selbstverständlich" Staat, Land, und/oder Komunen tragen müssen, und nicht die notleidenden Energiekonzernen.


Ergo: der Steuerzahler. Wer hätte das gedacht? :o)

>>Und irgendwie bezweifel ich, dass die Einsparungen bei Heizöl und -gas das Mehr an Kosten für Haushaltsstrom (von in der Industrie benötigtem Strom mal ganz zu schweigen) werden auffangen können. Sofern denn die dann gesunkene Nachfrage überhaupt zu entsprechend (drastisch) sinkenden Preisen führen wird und die OPEC nicht einfach die Fördermengen so stark drosselt, dass der Status Quo einigermassen gehalten wird (was bei der Coronakrise ja schön deutlich wurde). Kann doch nicht angehen, dass plötzlich alle deren schönes Rohöl nicht mehr nachfragen und dann auch noch die Frechheit besitzen, für den gesunkenen Prokopfverbrauch auch noch weniger zahlen zu wollen. Wo kommen wir denn da hin?
>Auf fallende Ölpreise solltest du wirklich nicht wetten. Unseren relativ geringen
>Teil am Weltverbrauch werden sofort andere verballern. Da müsste schon Resteuropa
>bei der Umstellung mitziehen um am Weltmarkt einen spürbaren Effekt zu erzielen.


Wie jetzt? Staaten wie Polen, Italien, Spanien, Ungarn machen nicht mit beim Energieerzeugung-durch-alternative-Energiequellen-und-CO²-Reduzierungsbingo? Das überrascht mich jetzt aber. Naja, müssen es halt Russland, Indien und China stemmen.

>Wenn die Ökonomen richtig vermuten, das die Nachfrage weltweit weiter steigen wird,
>und die Kosten für die Förderung steigen weil wir den "Oilpaek" überschritten haben
>(also die hälfte der Vorräte gefördert wurden), dann ist die Idee sich zumindest
>vom Energieträger Erdöl schnellst, und weitmöglicht abzukoppeln gar nicht so dumm.


Das steht natürlich völlig ausser Frage. Dennoch hasse ich es, wenn die usual Meinungsmacher nicht die gesammten Fakten auf den Tisch legen und klare Ansagen á la "Energiewende ist nötig/alternativlos, wird aber verdammt teuer und einige von Euch, die ohnehin schon kaum über die Runden kommen, werden leider noch ganz große Backen machen." wo es nur geht vermeiden. Deswegen hasse ich die Fridays for Future Mischpoke (die ja eigentlich etwas ganz grossartiges tut) so sehr. Es wird gefordert, gefordert, gefordert und Druck aufgebaut (besonders bei Politikern, die hier zukünftige Wählerstimmen wittern), aber ein funktionierendes und wirtschaft- wie sozialpolitisch tragfähiges Konzept zur CO²-Reduktion hat praktisch keiner von denen in der Tasche. Gefühlte 95% von FFF-Anhängern kennen nur "Alles abschalten! Jetzt! SOFORT! ODER SONST!1!". Auf dieser Basis läßt sich aber kaum ein für alle tragfähiger Konsens erreichen.

>Für die Petrochmie werden wir auch weiterhin Erdöl brauchen.

Oh, ich bin sicher, auch da werden Umweltschützer beizeiten mit entsprechenden Ideen (oder zumindest Forderungen) um die Ecke kommen.

>Eine funktionierendes Konzept für ie Zukunft habe ich leider auch nicht in der Tasche, bin ich doch bestenfalls ein erfahrener Besserwisser Allgemeinwisser was so Energiegedöns betrifft.

Oh auf mich macht Dein Posting schon einen sehr gehaltvollen Eindruck. Besser als mein Stammtischwissen sind Deine Argumente allemal.

Mein kaum zu merkender Sarkasmus mag übrigens den Eindruck vermitteln, dass mir die Umwelt völlig am Pöter vorbeigeht. Mitnichten. Aber ich bin halt der Meinung, dass für einen Umstieg funktionierende Konzepte, die auch durchaus Jahre bis zur endgültigen Wirkung benötigen können, notwendig sind. Will man denn nicht eine Meute Fackeln- und Mistgabel schwingende nicht- oder vor allem nicht-mehr-ganz-so-gut-Verdiener aktivieren, die dann aber (leider) nicht auf den Bundestag marschieren, sondern ins nächste Wahlbüro und dort nach dem Kreis für das (was auch immer für eine Alt-Right-Partei dann in Mode sein wird)-Kreuzchen fragen.
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