Bullitt  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 19.01.2020 11:54 Uhr
Thema: The Orville S1 + 2 (Spoiler gekennzeichnet) Antwort auf: Stream, Kino, BR, DVD, TV - Ihr wisst, wie es geht! von Don Cosmo
Ich bin auch vor einigen Wochen erst so richtig eingestiegen, seit S1 auf Prime kam. Die Tatsache dass ich gleich mit S2 weitergemacht habe, zeigt ja schon, dass mir Orville auch echt gut gefallen hat.

Allerdings habe ich mich ab und zu doch gewundert als ich hinterher einige Meinungen im Internet zu den einzelnen Folgen gelesen habe. Meine Eindrücke waren häufig andere.

Beim Humor zum Beispiel. Ich habe nicht den Eindruck, dass der Beginn der Serie nur Slapstick war und am Ende so gut wie alles nur noch ernst war.
Vielmehr war mein Eindruck, dass der Humor in der Pilotfolge nur deshalb so sehr aufgefallen ist, weil die Story eine ziemlich lahme TNG-Folge wäre und sich die Figuren auch noch nicht eingespielt haben. Im Prinzip gab es nicht zu viel Humor, sondern deutlich zu wenig vom Rest.
Schnell hat man aber seinen eigenen Stil gefunden, und der Humor war immer wieder ein wichtiger Bestandteil, um die Serie "menschlich" zu machen und gleichzeitig weniger naiv wirken zu lassen, als TNG und seine Spinoffs heutzutage wirken.
Der "typische" Macfarlane/Family Guy-Humor war es dabei aus meiner Sicht auch nie (einzige Ausnahme imho: S1 E9). In Orville ist der Humor viel zurückhaltender und harmloser. Genau die richtige Dosis, um den trockenen TNG-Stoff aufzulockern und gleichzeitlich noch immer als Liebeserklärung zu wirken.

Was ich auch anders sehe als die Mehrheit: Ich finde nicht, dass Orville dann am besten wird, wenn es sich eng an TNG hält. Look&Feel ist zwar in der Tat frappierend ähnlich - ebenso wie die recht nüchternde und unaufgeregte Aufmachung - aber aus meiner Sicht blüht Orville vor allem dann so richtig auf, wenn sie zusätzlich auf das setzen, was bei Star Trek immer etwas zu kurz kam: Das Zwischenmenschliche, das Alltägliche, und ja: auch der Humor.
Ich finde es echt spannend, dass vor allem die persönlichen Geschichten zwischen Ed und Kelly immer wieder für schöne Momente sorgen, obwohl vor allem dieses Thema Steilvorlage wäre für ganz viel ganz plumpes Zeug. Aber nein, es wird erstaunlich selten plump, dafür hat es häufig einfach eine gewisse "Wärme", die Star Trek so nie hatte.

Und ich Finde, Bortus und seine quasi-Klingonen hatten zu viel Raum. Klar, es gab auch einige wirklich schöne Szenen, aber letztendlich bieten diese nicht so viel Tiefe, als dass man sie in gefühlt jeder dritten Folge in den Mittelpunkt stellen müsste.
Ich will in Zukunft mehr über die Krill erfahren, über die Kaylon ohnehin, und auch so manches menschliches Besatzungsmitglied hätte noch mehr Raum verdient, LaMarr zum Beispiel.

Aber wie gesagt, insgesamt ein extrem schönes Stück TV. Einerseits klassisch, und doch gibt es dem Star Trek-Stoff einen ganz eigenen Spin.




!Ab hier noch kurze Spoiler zu ein paar einzelnen Episoden aus S2!




Highlight der Serie bisher war dann schon die "Identity"-Doppelfolge. Wobei ich (mal wieder anders als das versammelte Internet offensichtlich) die Auflösung durchaus gut fand. Hätte man das - wie so häufig lamentiert - "mutig" und "realistisch" beendet, hätte man zugleich der gesamten Serie im Prinzip den Boden unter den Füßen weggerissen. Orville ist im Kern immer eine positive Zukunftsvision mit einer gewissen Lockerheit - da hätte ein Erfolg der Kaylon einfach nicht rein gepasst. Ja, das war "best Case Szenario", aber zumindest noch relativ nachvollziehbar aufgelöst. Und mit einer extrem unterhaltsamen und spektakulären Raumschlacht aufgelockert!

Die letzte Folge aus Season 2 zum Beispiel hat mich dagegen geärgert, gerade in der zweiten Hälfte. Nix gegen eine Star Wars-Hommage, aber als sie dann doch die Orville erreicht haben, ging es mit der Logik massiv bergab. Locker die Hälfte der Crew war in dieser Zeitlinie noch nie auf der Orville, und trotzdem hat jeder sofort gewusst, wo sein Platz ist? Ernsthaft? Mal abgesehen davon, dass die abgestürzte Orville plötzlich völlig problemlos wieder fliegt? Und dass anfangs noch ein Korridor herrlich runtergerockt war, aber die anderen Räume (Kantine z.B.) bltzblank sauber waren. Hatte Bortus einen Putzanfall? Und Kelly: Warum hat es sie 7 Jahre lang nicht interessiert dass sie die Zeitlinie verkackt hat, aber 9 Monate nach(!) der Kaylon-Invasion wird ihr plötzlich alles klar und sie kann bereits am Anfang der Folge exakt sagen, was gemacht werden muss um es zu reparieren?
Nee, inhaltlich war E14 extrem billig und voller riesiger Logiklöcher. Zeitreisen bzw. alternative Zeitlinien kann Star Trek noch deutlich besser.

Gespannt bin ich noch, ob Halston Sage mal wieder zurück kommt in die Serie. Zumindest erzählerisch stehen ja noch alle Türen offen. Letztendlich kam der Twist so spät und plötzlich in der Folge, dass es vermutlich anfangs so auch nicht geplant war. Dafür spricht auch, dass ihre Nachfolgering praktisch die selbe Rolle verkörpert.

Christian
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