Carnivore  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 16.12.2019 16:43 Uhr
Thema: Re:Radiosender? Antwort auf: Re:Radiosender? von membran
>>Aber auch keine Musik - ich kann Musik aus irgendwelchen Gründen seit Jahren nicht mehr ertragen und stelle sie auch in Spielen immer als erstes ab.
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>Uff, das klingt jetzt erstmal... hm... traurig? Was ist da los? Gar keine Musik? Nichtmal die ollen Kamellen aus deiner Jugend, ab und an? Und du würdest die atmosphärische Musikuntermalung in einem Metroidvania auf Null drehen? Ich meine, mal gelesen zu haben, dass dem Menschen komplett ohne Musik etwas fehlt und das negative Auswirkungen aufs Gemüt haben kann.
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Tja... klingt vielleicht so. Finde ich jetzt aber nicht.
Das hat sich über die Jahre so ergeben. Erst habe ich in der Tat nur noch die alten Kamellen (in meinem Fall Heavy Metal der frühen 80er) gehört, dann das nur noch im Auto und jetzt, da mein Auto keinen CD-Player mehr hat und ich zu faul bin den Kram auf `nen USB-Stick zu ziehen, halt gar nichts mehr.

Keine Musik in Spielen:
Ich fand das Musik in Spielen der Stimmung eher ab, denn zuträglich ist.
Wenn ich schwer bewaffnet durch ein (mein Lieblingsszenario) Endzeitszenario stapfe, dann will ich keinen MP3 Player an meiner Wumme, sondern meine Ruhe und mich auf die Umwelt konzentrieren. Das fing mit einigen Spielen an und hat sich nach und nach auf alle übertragen. Wenn ich in Wreckfest Autos zermatsche, dann will ich das auch so hören und nicht irgendwelche Musik.

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>>Höre ich doch mal Radio im Auto (und nur da), oder mache das Radio für die Hunde an, wenn ich sie mal alleine lassen muß, dann NDR Info.
>>NUR Gelaber, keine Musik. Aber nicht nur Nachrichten (eher kaum), sondern irgendwelche Geschehnisse. Ist soweit ganz okay, aber leider wiederholen sie sich immer ziemlich schnell. Ist also auch nichts für längere Fahrten.
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>Ich hab, bevor ich auf den Audiobook-Geschmack gekommen bin (was übrigens einen extrem beruhigenden Effekt auf mich im Straßenverkehr hatte - sonst habe ich mich teils sehr hart über Schleicher, LKWs, Trecker und Möchtegern-Jan-Ullrichs aufgeregt - mit einem Audiobook ging das auf Null zurück, weil ich einfach entspannt und mit Sicherheitsabstand hinter denen her gecruist bin), auch nur NDR Info gehört, deren normales Programm von morgends bis nachmittags ist aber auch darauf ausgelegt, nur maximal eine halbe Stunde am Stück gehört zu werden. Für Pendler und mal kurz Nachrichtenchecker. Wenn ich dann mal abends ins Auto gestiegen bin, habe ich dann gemerkt, dass sich deren Abendprogramm nochmal davon unterscheidet, da gibt es dann Hörer-Call-ins, Reportagen, Musik-Features ("playjazz").
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>Aber Radiomusik kann ich mir eh schon seit Ewigkeiten mehr geben. Das ist aber nicht unbedingt der Musik geschuldet (wobei der aktuelle Teenagermusikgeschmack natürlich fürchterlichster Scheiß ist; nunja, so ist wohl der Lauf der Dinge), sondern v.a. der linearen Natur der Sache, dem Radio die Musikauswahl zu überlassen. Immer, wenn ich mal Radio wegen Musik hören wollte, war ich nur endlos am "Zappen", auf der Suche nach was Besserem. Oder weil ich schnell von dem fremdschämigen Deutschrap wegwollte, "isch misch disch aufs Maul", huargh, oder deutschem Schmalzpop (eigentlich interessant, dass die Jugend anscheinend wieder vermehrt deutsche Texte hört, ob in Rap oder Pop), oder genereller Trend-Chartmucke, die damals wie heute halt Gülle ist, es sei denn, man steckt drin und hat noch keinen Führerschein.
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>Wenn ich nicht NDR Info gehört habe, hatte ich den Randomizer auf dem angesteckten MP3-Player an, wo ich wenigstens wusste, was da generell für Musik kommen könnte. Aber irgendwann kannte ich das alles in- und auswendig und hatte keinen Bock, mir neue Musik zu suchen.


Sieh an, sieh an. Genau so ging es auch mir vor ein paar Jahren.

>Seit ich TV vor bald 15 Jahren komplett abgeschafft habe (ich habe absolut keine Ahnung, was aktuell im deutschen TV für Sendungen laufen oder was es für Werbespots gibt, dadurch habe ich manchmal auch das Gefühl ein gutes Stück weit der deutschen "Kultur" entrückt zu sein), ist das Erschließen von neuer und alter, noch mir unbekannter Musik immer ein Akt, der Aufwand, Fleiß und Lust von mir erfordert. Zumindest habe ich mich dabei ertappt, da immer mehr in der Musikgeschichte zu wühlen als zeitgenössische Musik zu verfolgen. Aber das hat was von allein in der Bibliothek sein und dem Erforschen alter staubiger Ruinen, es gibt kein verbindendes Element, was einen tollen, gefundenden alten Song zu mehr macht als nur einen Song. Man ist mit dem Lied alleine, weil man halt vierzig Jahre zu spät dran ist. Und dann kann es nicht denselben Impact haben wie das Lied, das Teil des Abiabschlussfahrtsoundtracks war.
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>Überhaupt hat Musik für mich seit der Jahrtausendwende im Stellenwert mehr und mehr abgenommen, was ich eigentlich schade finde, aber es auch nicht mehr den Elan aufbringen kann, das noch groß zu ändern.


Und wieder sind wir uns einig.

>Als Jugendlicher ist Musik so verdammt integral zu allem. Ständige Musikbegleitung auf Hausparties und abends am See. Musik-Fernsehen und Videoclips. Man verzeihe mir das angestaubte Wort, aber "Tanzmusik" in der Disco, später im Club. Überhaupt: Tanzen zu Musik. Extra abends losmachen, mit dem expliziten Ziel, stundenlang im Dunkeln mit anderen zappeln zu wollen. Die sorgfältig zusammengestellten Kassetten und CDs selbst für die kürzesten Autofahrten. Man macht selber Musik, ist vielleicht in einer Band. Wenn man ein Lied wieder und wieder hört und die einzelnen Tonspuren seziert. Überhaupt, Musikhören als bewusste Tätigkeit, wo man sich hinsetzt und nur das tut - Musik zu hören - und nicht als Hintergrundbeschallung zu etwas anderem, wie Autofahren. Das ist vermutlich auch irgendwie die Leidenschaft, die man in der Jugend dafür aufbringen kann und die mir irgendwann abhanden gekommen ist, aber dann wiederum sind mir viele der eben genannten Situationen abhanden gekommen und mit was anderem ersetzt worden (was Gutem! Aber halt was anderem). Immerhin, den Eifer auf Videospiele habe ich mir erhalten, ich nenne es mal das "Dranbleiben" sowohl in Tun als auch an allen News - da ist der einzige Unterschied zu meinem früheren Ich, dass ich Egoshooter nicht mehr sehen kann. Was neben zunehmender Genremüdigkeit und einrostenden Skills nicht zuletzt an den ekligen Trends der letzten 10 Jahre liegt; CoD-Unlockgrinds für gameplayrelevantes Kram, niemals fertig werdender Early-Access-Survival-Crafting-Dreck, Ability-verseuchte Hero-Shooter und natürlich - ich muss kämpfen, die Kotze drinzubehalten - Battle Royale.
>
>Aber auch wenn Musik weniger wichtig wurde, könnte ich mir nicht vorstellen, komplett ohne auszukommen. Ich habe nur weniger Situationen, wo ich aktiv Musik höre (ich lasse jetzt wieder vermehrt Musik im Auto laufen, nachdem ich mich letztens aufgerafft habe, eine neue Best-of Playlist mit 400 Songs zusammenzustellen, die sich noch nicht abgenutzt hat; beim Zocken von Rocket League & co lasse ich vermehrt Podcasts im Hintergrund laufen statt Musik)

(...)
>
Kommt ja vielleicht noch. Ich sehe da schon viele Parallelen zu mir. Und ich bin Dir altersmäßig ja ein paar Jahre voraus.

***Diese Nachricht wurde von Carnivore am 16.12.2019 17:25 bearbeitet.***
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