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| Thema: Re:Karneval bei den Kiddies | Antwort auf: Re:Karneval bei den Kiddies von PUH | |
| >Ja ist schwierig über sowas im Internet zu diskutieren und ich verstehe auch nicht alles was du da beschreibst, also zB wieso es jetzt wichtig ist, dass das Muslime sind - das könnte doch bei deutschen Kindern genauso sein. Und wieso musst du aufpassen, wie du etwas ausdrückst, drück es doch so aus wie es für dich richtig ist und du dazu stehen kannst und steh auch dazu. Ich glaube du hast da auch eher ein unbestimmtes Gefühl ausgedrückt, was ja auch ok ist. >Aber ich bemerke, dass es wie du schon sagst schwierig ist, darüber schriftlich zu diskutieren, und es bringt nichts, wenn wir uns hier hochschaukeln. Deshalb nur eine kleine rein subjektive Anekdote, sozusagen mein (etwas anderes) Gefühl. Das war dann wahrscheinlich nicht umfangreich genug beschrieben. In dem Haus wohnen zwei Parteien. Im ersten Stock wohnt ein deutsches Paar mit einem kleinen Kind. Die obere Wohnung nutzt der türkische Vermieter, bzw. seine beiden älteren Söhne und "ab und zu" auch einer seiner Angestellten. (Feinkost-, Döner-, Pizzaladen) Da hat man mich sofort deutlich darauf hingewiesen, warum ich die "Ausländer" verdächtige und nicht das deutsche Paar mit dem Kleinkind. Sie sind ja alle Muslime und trinken gar keinen Alkohol... Von deren Balkon aus können die Dosen aber gar nicht mit dieser Wucht aufgeschlagen sein, das hat was mit Physik zu tun und nicht mit Nationalität. Das häuft sich halt in letzter Zeit. "Wie? Du machst Urlaub auf einem MILCHBAUERNHOF? Bei Mördern und Ausbeutern von Tieren?" Ich bin letztens ernsthaft von einem Typen beschimpft worden, weil ich zu einem Termin musste, sein Tesla vor meiner Einfahrt parkte, und ich deshalb in der Bäckerei nebenan gefragt habe, wem das Auto gehört. Es standen mehrere Autos da, aber halt nur der Tesla vor meiner Einfahrt. "Dauert doch nur noch zwei, drei Minuten, da können sie mit ihrer Benzinschleuder schon noch rechtzeitig rausfahren!" So schnell kann man halt momentan oft gar nicht gucken, wie man vom Opfer zum Täter wird. Wer mich kennt, der weiß, dass ich hier schon immer Probleme mit wilder Parkerei habe. Aber so massiv angegangen werde ich erst in letzter Zeit. >Als Kids war das Wort "schwul" total üblich. "Deine Tasche hat ne schwule Farbe". Da haben wir uns nichts dabei gedacht, ich hab mich auch nie als Schwulenfeindlich gesehen. Gemeint war, ne Kackfarbe, sonst nichts. Ich hab das sogar als junger Erwachsener noch einmal im Freundeskreis benutzt, ist mir eher so rausgerutscht. Ein Kumpel war etwas versteinert und hat nichts mehr gesagt, später wussten wir dann dass der schwul war. Er hat sich auch nie direkt geoutet, sondern so auf Umwegen, dass es für ihn leichter war und es irgendwann einfach alle wussten. Es muss schwer für ihn gewesen sein, und die erwähnte Szene tut mit heut noch leid. Ganz sicher hat der nicht gedacht: die meinen es nicht so. Bei uns: "Ey bist du behindert, oder was?" Ich war aber schon immer jemand, der sich bemüht hat, so etwas nicht zu sagen. Ich war als Kind total geschockt, als ich im "Holiday Park" gesehen hatte, dass dort kleinwüchsige Menschen als "Lilliputaner" quasi ausgestellt wurden. Die hatten da eine Art Wagensiedlung und durch den Zaun konnte man tatsächlich schauen, was die gerade so machen. Wie im Zoo. O_o Es gab und gibt schlimmes Unrecht und ich finde es auch völlig okay, dass "Neger" und "Zigeuner" aus unserem Sprachgebrauch verschwinden. So war es nicht gemeint. Es gibt halt mittlerweile zu viele Verbotsschilder und zuwenig Miteinander. Die Garantie für Spaß, Freude und Ausgelassenheit definiert sich nicht über ein Verbot von Faschingskostümen mit Spielzeugwaffe. Da macht man es sich wirklich zu einfach, finde ich. >Wie gesagt, es war ja auch nicht so gemeint. Heute denk ich mir: Eigentlich doch. In meiner Kindheit war es total ok, schwul auch im anderen Sinne abwertend zu gebrauchen. Auch die Elterngeneration hat das durchgehen lassen und zum Teil selber gemacht. Und natürlich war das kacke-"schwul" auch irgendwie das homo-"schwul" in einer Überlappung der Bedeutungen. Rosa war schwul. Das musste ich aber erstmal in mehreren Schritten verstehen: 1. Problematik überhaupt erfahren. 2. Abwehrhaltung überwinden ("mein ich ja nicht so", "sollen sich nicht anstellen", "man darf ja nichts mehr sagen"...). 3. Nachdenken. 4. Entscheidung treffen, wie damit nun umgehen. 5. Dazu stehen. >Bei den Schritten 1-3 haben die ganzen heute schwer gedissten "Woken", Aktivisten, etc geholfen, ohne die wären die ganzen Emazipationbewegungen längst nicht so weit. Und ja, dafür müssen sie manchmal penetrant sein. Wenn mich heute jemand "herablassend behandelt", weil ich was "falsch" gesagt habe, dann bin ich eher neugierig als grumpy. Ja, wir haben "Negerkuss" gesagt, und wenn ich mit Leuten bin, die das auch so kennen und wo ich weiß is ok, dann sag ich es heute noch. Aber sonst nicht, weil "wir haben es nicht so gemeint" glaube ich nicht. Und selbst wenn, es wird von manchen als sehr verletzend empfunden, und erstmal höre ich denen zu. Ich stelle nicht gleich meine Befindlichkeiten in den Mittelpunkt. Und es macht mir Null aus, es nicht mehr zu sagen. Ich persönlich habe da absolut kein Problem mit. Ich habe nicht das Gefühl, dass mir was weggenommen wird. Und wo ich Grenzen dieser Entwicklung sehe, wo mir die Sprachkritik zu weit geht, da kann ich drüber diskutieren. Und natürlich, um die Schleife zurück zu drehen, den praktischen Umgang damit - vielleicht hat es sich dieser Kindergarten zu einfach gemacht. Und vielleicht machen wir es uns dann auch zu einfach. Ich schreibe hier jetzt schon über eine Stunde dran und habe das meiste auch schon wieder gelöscht. Ich war von diesem Schild einfach getriggert. Ich denke halt, dass man generell wieder mehr "erziehen" sollte (im Sinne von Wertevermittlung und miteinander reden) anstatt sich überall zu verzetteln und mit dem Finger auf Leute zu zeigen, die es einfach nicht nachvollziehen können, warum man mittlerweile jede Aktivität zehnmal hinterfragen muss. Gerade bei Kindern. Wir haben uns damals gegenseitig beballert und sind trotzdem nicht zu Psychopathen und Kriegsbefürwortern geworden. Ich respektiere jeden Menschen, der mich auch respektiert. Jeder soll sein Ding machen dürfen, so lange er keinem schadet. Mir ist es auch scheißegal, dass in meinem Gesellenbrief noch die männliche Bezeichnung "Juwelengoldschmied" steht. Es verletzt mich nicht, ehrlich! Gerade hier macht doch der Ton die Musik! Ich finde es verletzender, wen das gegenderte :Innen hämisch ausgesprochen wird, wie es zur Zeit ja auch oft der Fall ist. Das Problem liegt doch woanders, nicht bei der Plastikwaffe, nicht beim Paprikaschnitzel und nicht bei der fehlenden diversen Toilette. Das ist wie mit der AfD... Dass man sich selbst wieder wählbar machen sollte, anstatt ein Verbotsschild dran zu pappen und alle Nichtwähler als Naziunterstützer zu betiteln, hat halt auch noch keiner kapiert. In Pforzheim, einer Staf mit sehr hohem Migranten- und Ausländeranteil, kann man sich keine 10 Meter durch die Innenstadt bewegen, ohne dass vor einem ausgespuckt, man bepöbelt oder von lautstarken Handy-Gesprächen oder Beleidigungen übelästigt wird. Klar, das könnten auch Deutsche sein. Sind es aber sehr offensichtlich nicht. Dann muss die turzilla das auch mal sagen dürfen, dass sie sich da nicht mehr wohlfühlt, ohne gleich als Ausländerhasser, Mohrenkopfbeschöniger und AfD-Gutfinder da zu stehen. Die gehen auch weder ins Theater, noch ins Restaurant, weswegen das alles nach und nach verschwindet. Das findet turzilla auch doof. Fass zum überlaufen gebracht, you know? ![]() |
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