|
||
| Thema: Re:Leichtathletik-WM in Budapest | Antwort auf: Re:Leichtathletik-WM in Budapest von Sascha | |
| >Aber dann ist das auch Aufgabe des Verbandes >das so zu kommunizieren und nicht Reflexartig nach mehr Geld zu brüllen. >In einer Zeit, wo jeden Tag gefühlt 20 Verbände aus allen Bereichen nur >noch funktionieren können wenn es viel mehr Geld für sie gibt. Natürlich brüllen die Verbandsspitzen nach mehr Geld. Bis das mal auffällt, dass es eigentlich an klaren Strukturen und gezielter Förderung von Kindern hapert, da sind die Taschen bereits voll, oder man hat die Welt als Funktionär schon ausgiebig bequem und billig bereist. Ich habe ja mal Mädels im Kunstturnen trainiert, bekommen habe ich dafür an Weihnachten einen Intersport-Gutschein über 100 Mark und fertig. Aber ich hatte auch längst nicht die Qualifikation dazu, denn für eine A- oder B- Lizenz muss ich extra Urlaub nehmen und mindestens einmal im Jahr eine Fortbildung machen. Danach gibt es (bei meinem Verein) heutzutage 12,80 Euro pro Stunde steuerfrei bis maximal 4230 Euro im Jahr. Dazu kommt noch die Eigenleistung der Eltern mit dem talentierten Kind, entweder du gibst es je nach Alter und Sportart gleich ins entsprechende Sportinternat, ziehst um, oder kutschierst es täglich in die Sporthalle. Das funktioniert aber nur so lange wie das Kind gesund ist, Bock hat, oder die Karriere nicht vorzeitig mit einer Verletzung zuende ist. Turzillamann hat seinerzeit Wasserball gespielt, der hätte mit 16 Jahren fast täglich von Pforzheim nach Sindelfingen pendeln müssen um in die Bundesliga zu kommen. Die Leistung war da, aber soviel Herzblut musst du in dem Alter erst mal aufbringen. Wäre er damals in der DDR groß geworden, hätte das sicher anders ausgesehen, dann hätten "Freiheit" und Privilegien gelockt. >Das System war mir unbekannt. Aber nicht doof. Aber guck dir an, die haben >nicht nur EINE Mannschaft, die sich durch Vorlauf und Halbfinale bis ins >Finale kämpft und wenn mal einer ausfällt, steht die ganze Mannschaft vor >dem Ende. Hier stehen allein schon 83 Millionen gegen 332 Millionen Einwohner mit völlig anderen Förder-Strukturen, von der ethnischen Vielfalt mal ganz abgesehen. >Nachtrag: Aber da sind wir vielleicht wieder bei Thema Staatsdoping >im nächsten Absatz angekommen. > >> Aber es sind nicht nur die Bodybuilding-Figuren, oft sind da Sportlerinnen, >> die außer langen Haaren und ein paar Ohrringen überhaupt keine weiblichen >> Merkmale besitzen. Und ich rede hier nicht von Oberweiten, sondern vom >> restlichen Körperbau und wie sie sich bewegen. Hier hat man im Weltverband >> übrigens keinerlei Handhabe, da diese Zweifel -wenn- dann vom jeweiligen >> Landesverband ausgeräumt werden müssen. Jo, und da sagt man sich in Botswana >> dann scheinbar auch "... aaach, passt scho." > >Als vor ein paar Jahren die ganzen US- und Jamaica-Sporter des Dopings überführt >wurden, wurde afair klar, wie das System läuft. Wenn die Nationale Anti-Doping >Agentur nicht möchte, das Dopingfälle bekannt werden, dann werden sie es auch >nicht. Wenn die US-Läufer also in den USA Positiv getestet werden fällt das >unter den Tisch. Und die Organisation ist so gut, dass zu anderen Test-Zeiten >nichts auffällig ist. Oder erst mal nicht. Mittlerweile werden ja jedes Jahr >in vielen Jahrealten Wettbewerben Plätze neu verteilt weil Sportler nachträglich >gesperrt werden. Die USA ist da ja fast noch "transparent"... in vielen Ländern wird geguckt, dass der Sportler zum entscheidenden Zeitpunkt "clean" ist, der Rest ist egal. Zumal je nach Sportart da schon viel früher eingegriffen wird, das weiß man ja spätestens seit den Skandalen um die "Ostblock"-Turnerinnen in den 70er jahren. >> Gleichzeitig waren etliche der erfahrenen deutschen Sportler verletzt oder >> "zum entscheidenden Zeitpunkt außer Form". Man will sich halt auch nicht >> mehr kaputtspritzen lassen, schließlich ist ein Leben nach dem Leistungsport >> hierzulande oft ein sehr normales, wenn man nicht gerade Fußballer oder >> Tennisspieler ist. Yunas Klassenlehrer war wohl auch mal im U21 Leistungs-Kader >> über 400m Hürden, der kann da auch ein Lied von singen. Die Funktionär*innen >> nebst Gatt*innen hocken sich die gut bezahlten Ärsche in den VIP-Lounges bei >> gratis Schnittchen und Champagner breit, während der/die DM-Zweite zuhause >> auf dem Sofa sitzt, weil ihm/ihr zur Norm zwei hundertstel Sekunden oder >> Zentimeter gefehlt haben, weil er/sie am entscheidenden Tag nicht ganz fit war, >> anstatt ihn/sie einfach mal mitzunehmen und guckt, was passiert. (Übrigens >> wird hier nicht selten auch massiv in den Hormonhaushalt der Sportlerinnen >> eingegriffen, da man an "solchen" Tagen oft nicht in der Lage ist, einen >> überhaupt einen Wettkampf zu bestreiten.) Ja, und das soll dann auch der Anreiz >> sein, seine Jugend zu opfern und sich die im schlimmsten Fall noch die Gelenke >> kaputt zu reißen? > >Und das betrifft jetzt fast ausschließlich die gesamte deutsche Sportwelt? >Gibt es andere Nationen die so dermaßen abgefallen sind? Ein Grund ist sicherlich >auch der Generationenwechsel als die ganzen DDR-Sportler aufgehört haben, aber >deren Zeiten dass die durch das Staatsdoping profitiert haben, waren auch schon >lange vorbei. Ich hatte da einen Interessanten Artikel zur Sportförderung in den >USA gelesen. Für Frankreich gab es auch nur eine einzige Medaille und die richten nächstes Jahr die olympischen Spiele aus. Wäre Russland am Start gewesen, hätte das sicher auch noch die eine oder andere Wendung genommen, vor allem in den Wurfdiziplinen. >[https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nachwuchsfoerderung-deshalb-trainieren-deutsche-leichtathleten-in-den-usa.8749d2b7-e444-45f8-ba69-564847c9f2ff.html] > >Einige Gedanken dazu: Bei uns ist die Sportförderung an Schulen oder Universitäten >ja eigentlich nicht existent -- vielleicht auch, weil wir dementsprechend eine sehr >große Vereinslandschaft haben. Bei uns kriegen viele Sportler ja defacto ein Gehalt >(Bundeswehr/Polizei) oder Zuschüsse damit mehr Zeit für den Sport bleibt. In der >Form scheint es das außerhalb der Unis in den USA nicht zu geben? Das mag so sein, aber bis dahin ist das Talent hierzulande wie oben beschrieben halt auch schon längst vom Haken, oder überhaupt nicht entdeckt. >Ich bin mir sicher, dass die beiden beschriebenen Talente Leo Neugebauer und Anna >Elendt bei dem selben Konzept in Deutschland nicht so positiv darüber geurteilt >hätten. Da wäre sich über den starken Druck und mangelnde Freizeit beschwert worden. Leo Neugebauer ist 23 Jahre alt und hat den 5. Platz in einer der härtesten Leichtathletik-Disziplinen überhaupt belegt, wo bereits ein kleiner Fehler das sofortige Aus bedeutet. Das Trainingspensum für diesen Sport ist enorm. Man steht zwei Tage unter Hochspannung. Er hat am Anfang des zweiten Tages Nerven gezeigt, sich aber durchgekämpft und hat alles aus sich herausgeholt. Wie viel mehr Vorbild soll er noch sein? >Der Deutsche Schwimmverband vertraut dem Konzept, auch wegen des Erfolgs, während >der Leichtathletikverband hadert: "Zwei der Gründe sind die nicht abgestimmte >Wettkampfplanung in den USA und hierzulande sowie eine Überlastung durch die >vielen Starts für die Universitäten." > >Woanders funktioniert das aber doch. Man müsste sich mal grundsätzlich fragen, was man sich überhaupt noch von der Förderung von Leistungs-Sportlern erwartet. Im Fußball funktioniert es halt immer noch, da liegt es nahe, dass man auch in anderen Sportarten sein Heil in den Geldleistungen sucht. Früher bedeuteten Sportveranstaltungen in Deutschland Ablenkung vom Alltag und auch Leichtathleten oder Turner waren ähnliche Vorbilder für die Jugendlichen, wie Schauspieler oder Sänger. Das ist heute nicht mehr so und zwar in allen drei Bereichen. Würde ein "Hackl Schorsch" heute noch so funktionieren? Ich denke aber, im Sport ist das am Schlimmsten, weil auch die allgemeine Vereinsstruktur auf dem Land massiv am Zusammenbrechen ist. "Mein" Turnverein sucht seit einem Jahr händeringend einen 1. Vorstand. Früher hätte so ein "Ehrenamt" reißenden Absatz gefunden, schon alleine deswegen, um sich in der Ortschronik zu verewigen. Heutzutage bedeutet es einfach nur Arbeit und in den meisten Fällen auch noch unentgeltlich. >> Es ist aber wirklich nicht "nur" das Geld. Dass man sich jetzt die Mäuler >> darüber zerreißt und die Sportler geschlossen durch den Dreck zieht, ist halt >> nun mal auch so gar kein Anreiz für ein junges Talent. Oft ist es auch ein >> Problem für die Sportler*innen, dass sie mehr oder weniger offensichtlich >> nicht in direkter Linie vom deutschen Michel abstammen und wenden alleine schon >> dafür angefeindet. Eine 16-jährige Deutsche hat bei der WM in der rhythmischen >> Sportgymnastik gerade alles gewonnen, was man gewinnen kann. Sie ist in Sibirien >> geboren und mit 12 Jahren und Dank eines deutschen Großvaters alleine nach >> Deutschland gekommen ist, um sich ihren Traum von einer Goldmedaille in ihrem >> Sport zu verwirklichen. Die trainiert wöchentlich 35 Stunden und bewältigt >> zusätzlich ihren Schulalltag, der sicher nach erst 4 Jahren in Schland auch >> kein einfacher ist. Da muss man dann in den Kommentaren Sätze wie: "Glückwunsch >> zur russischen Medaille" lesen. > >Da spielt in dem Fall vielleicht auch die aktuelle Weltpolitik eine kleine Rolle. >Es ist ja hier wie drüben seit vielen Jahren Gang und gäbe das man in bestimmten >Bereich keine Einheimischen mehr findet. Rhythmische Sportgymnastik war auch bei >uns eigentlich immer eine Paradedisziplin der Osteuropäerinnen. In anderen Ländern >auch. Ich persönlich fand Einbürgern im Sport immer schon etwas kritisch. Anders >ausgedrückt: Einbürgern von Sportlern aus reinen Prestigegründen. So rum vielleicht >besser. Wobei das vielleicht auch etwas anderes ist, wenn eine Sportlerin ihren >Lebensmittelpunkt komplett ändert, als wenn ein Fußballer nur in einem anderen >Land spielt und irgendwann mal eingebürgert wird, damit er in die Nationalmannschaft >kann. Wobei das im Falle der Jugendmannschaften und der Deutsch-Türken auch schon >wieder was anderes ist. Alles nicht so einfach. Ich habe nicht von gezielt eingebürgerten Sportlern geredet. Das Mädel ist mit 12 Jahren alleine nach Schland gekommen, weil es zuhause eine unter sehr vielen war. Wäre Russland nicht gesperrt, hätte sie das wahrscheinlich auch nicht erreichen können, was sie jetzt geschafft hat. Aber solche Sportler ziehen halt meistens auch eine ganze Mannschaft und damit auch die jüngeren Jahrgänge mit sich mit. Aber ja, alles nicht so einfach. Die Welt verändert sich eben. Aber um auf meine eigentliche Meinung mal zurückzukommen: Es hilft ganz sicher nicht, die Sportler jetzt als geldgeile Totalversager hinzustellen, weil sie beispielsweise "nur" den 6. Platz in der Welt belegt haben. |
||
| < Auf diese Nachricht antworten > | ||