Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 29.10.2015 14:11 Uhr
Thema: Re:Gravity (Film wird hier komplett gespoilert!) Antwort auf: Re:Gravity (Film wird hier komplett gespoilert!) von Clubmaster
>Ich persönlich halte die Sache ja deswegen für so gelungen, weil die ganzen Ereignisse als Externalisierung eines innerpsychischen Dramas gelesen werden kann (Traumabewältigung, "loslassen können" etc.)

Ja absolut.

>und da ist mir der Kitsch egal,

Der ist auch nicht alles dominierend. Er wird nur sehr punktuell eingesetzt, färbt aber alles ein, wie ein Tropfen Additiv in Benzin. Das Bullock ihr Kind verloren hat (bzw. ihr Kind verstorben ist), wird erst relativ spät im Film "enthüllt" (bzw. überhörbar erwähnt; als Nicht-Native-Speaker könnte ich verstehen, wenn man es rein akustisch kaum mitbekommt).

Dümmere Filme hätten ihre kurze Zeit, in der sie wirklich Dialog hat, dafür genutzt, sie das drei mal wiederholen zu lassen.

Gut, Traum-Clooney muss man nicht mögen, andererseits kannst du nicht ALLES über Flüster-Monologe machen.

>denn die Visualisierung dieses Dramas funktioniert als solche so hervorragend, dass der Kitsch vor allem aus der Diskrepanz zwischen filmischer Darstellung und Ausbuchstabierung des Konflikts in den Dialogen resultiert.

Ja genau. Wenn wir dasselbe meinen (imo gibt es gar keinen via Dialog verhandelten Konflikt jenseits halt von "Da, rüber zur ISS, festhalten jetze!").

Edit: Die Szene, wo sie direkt nach der Urkatastrophe durchs Weltall trudelt ist echt bei mir hängen geblieben. Ich hab selten so kompromisslose Kameraarbeit in einem Hollywood-Blockbuster gesehen, das hatte schon was von Gaspar-Noe-mäßiger physischer Folter. Ich musste fast kotzen, als Cuaron allen ernstes ohne Schnitt (gefühlt) fünf Minuten auf einem Closeup von Bullocks Gesicht kleben bleibt während wir in der Spiegelung ihres Astronautenhelms den Horizont im Sekundentakt Purzelbäume schlagen sehen. This is by design. Die Leute, die den Film in 3D gesehen haben, haben sich bestimmt gefreut!

>Sie hätten es bei Andeutungen belassen sollen, denn so wirkt es redundant und Redundanz ist Kitsch.

Wie gesagt, verglichen mit dem, was andere evtl. daraus gemacht hätten (Extrembeispiel: Steven Spielbergo) ist das fast subtil. Wirklich zuviel war mir echt die Schöpfungsmetapher, aber die kam auch buchstäblich fünf Sekunden vor dem Abspann, und mei, wenn er sie drinhaben wollte... *schulterzuck*

>Ist aber klar warum, sie konnten nicht riskieren, dass es keiner mitkriegt und da man in Hollywood erwiesenermaßen den Zuschauer für unterbelichtet hält (siehe die hilarous Aussagen der Produzenten zu Snowpiercer) haben sie zu dick aufgetragen.

Es ist, für Hollywood-Erzählkonventionen, trotz allem verblüffend "verpassbar" - würde ich jetzt mal schätzen, ich hab keine Vergleichswerte und hab die Zuschauer nicht interviewt oder so.

***Diese Nachricht wurde von Felix Deutschland am 29.10.2015 14:20 bearbeitet.***
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