Sascha  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 20.11.2006 17:36 Uhr
Thema: VATERSCHAFTSTESTS VOR GERICHT Antwort auf: Noch mehr Spaß mit Mschl von Rinoa

VATERSCHAFTSTESTS VOR GERICHT
Papa wider besseres Wissen

Wenn ein Mann durch einen heimlichen Vaterschaftstest herausfindet, dass
er gar nicht der Vater eines Kindes ist, nutzt ihm das nichts: Er bleibt
Vater, mit allen Pflichten. Denn Tests ohne Zustimmung der Frau sind
illegal - bisher. Jetzt verhandelt darüber das Verfassungsgericht.

Tatsächlich sind die Voraussetzungen bislang ziemlich streng, damit eine
gerichtliche Vaterschaftsanfechtung überhaupt in Gang kommt. "Laienhafte
Ähnlichkeitsvergleiche" reichen den Richtern für einen "Anfangsverdacht"
ebenso wenig aus wie anonyme Hinweise oder der Umstand, dass Frau während
der Empfängniszeit mit anderen Männern im Urlaub war. Selbst ein so
merkwürdiger Vorgang, dass die Mutter von einer schweren Erbkrankheit des
angeblichen Vaters erfährt und trotzdem nicht untersuchen lässt, ob das
Kind dieses Gen geerbt hat, soll einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle
zufolge kein Verdachtsmoment begründen.

In dem Fall, der jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht Rechtsgeschichte
schreiben könnte, waren die Celler Richter sogar noch strenger. Ein Urologe
hatte dem Mann attestiert, mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent
zeugungsunfähig zu sein. Doch die Richter sahen nicht einmal darin einen
"Umstand, der gegen seine Vaterschaft" spricht. Der Mann schickte daraufhin
in seiner Not einen Kaugummi der Tochter heimlich zum Test. Mit dem Ergebnis,
dass er "mit 100 Prozent Sicherheit" nicht der Vater ist.

(...)

Mit diesem Verdikt hatten es sich die Richter aber aus Sicht des Betroffenen
zu einfach gemacht. "Es ist doch auch im wohlverstandenen Interesse des Kindes,
zu wissen, ob es einen echten oder einen falschen Vater hat", sagt sein
Rechtsanwalt Rüdiger Zuck. Die Mutter dürfe schon deshalb nicht das letzte
Wort haben, weil sie sich in einem "unaufhebbaren Interessenskonflikt" befinde -
etwa aus Angst, Unterhaltsansprüche zu verlieren, oder auch nur aus Scham.

Das baden-württembergische Justizministerium hat dieser Auffassung gegenüber dem
Verfassungsgericht bereits schriftlich zugestimmt. Die Gerichte hätten die
grundrechtliche Position des Vaters bisher "nur unzureichend gewürdigt", heißt
es dort. Die "völlige Nichtberücksichtigung" eines vom Vater veranlassten Tests
beeinträchtige dessen aus dem Grundgesetz abzuleitenden "Recht auf Kenntnis der
Vaterschaft in unverhältnismäßiger Weise".

Das Bundesjustizministerium dagegen hält die Beschwerde für unbegründet: Die
Ablehnung eigenmächtiger Abstammungsuntersuchungen diene letztlich dem "Schutze
des Familienfriedens", ließ Zypries mitteilen. Allerdings sei vorgesehen, per
Gesetz die strengen Voraussetzungen für eine Vaterschaftsanfechtung künftig
"abzusenken".

Wie das Verfassungsgericht auch entscheidet - die Strafbarkeit heimlicher Tests
dürfte politisch kaum noch durchsetzbar sein. Nur schwer lässt sich ein Verhalten
bestrafen, bei dem Verfassungsrichter ernsthaft prüfen, ob es nicht sogar
grundrechtlichen Schutz genießt.

Nicht einmal der traditionell den Frauenrechten verpflichtete Deutsche Juristinnenbund
möchte von einer solchen strafrechtlichen Sanktion noch etwas wissen. Schließlich
habe keineswegs nur das männliche Geschlecht ein Interesse an diskreter Gewissheit,
sagt die Augsburger Jura-Professorin Marion Albers. Wenn eine Frau fürchtet, dass ihr
Kind die Frucht eines bislang verschwiegenen Seitensprunges ist, werde sie ja kaum
ihren Partner offen um Genmaterial bitten. "Bevor sie den Seitensprung gesteht", sagt
Albers, "macht die Frau doch auch heimlich den Test."

Quelle: Kuckucksei-Online
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