Carnivore  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 28.04.2020 12:11 Uhr
Thema: ArcaniA - Gothic 4 (Xbox360, PS3, PS4, PC) von 2010
Ich sage es gleich mal vorweg: ArcaniA hat mit Gothic im Sinne der ersten drei Teile nicht mehr viel gemeinsam. Der Grafikstil ist ähnlich, der Sprachstil ist derbe ("Mach das und das, oder ich hau Dir auf`s Maul!") und man trifft Diego. Aber das war es wohl auch schon.
Es ist von einem ganz anderen Entwickler als die ersten drei Teile und der Namenszusatz Gothic 4 wurde sicherlich nur verwendet um alte Fans zu ködern und somit etwas mehr Geld rauszuholen.

Und ArcaniA ist kein gutes Spiel.
Das war es 2010 schon nicht, und die Zeit hat es natürlich nicht verbessert. Sound und Grafik geht für das Alter noch in Ordnung, aber technisch war es schon damals unter aller Kanone.
In guten Momenten läuft es mit ungefähr 10 Frames, in nicht so guten mit... drei?
Trotzdem fügen sich Texturen teilweise erst aus einem Meter Entfernung ein und Personen verschwinden auch schon mal unmittelbar vor einem, um dann, erst Sekunden später und um ein paar Meter versetzt wieder aufzutauchen. Auch wird das Bild schon mal für einige Sekunden schwarz (gerne bei Kämpfen!), wo bei das Spiel im Hintergrund hörbar weiter geht. Erkennen kann man aber eh nicht viel. Viele Gegenstände bemerkte ich überhaupt nur, da der Hinweis "Drücke zum Aufnehmen die X-Taste" aufploppte.
Die Gesprächsoptionen sind gar keine. Man kann zwar manchmal aus bis zu drei Sätzen wählen, aber letzten Endes ändert sich dadurch gar nichts. Man kann jedes Mal alle Sätze nacheinander anbringen, die Reihenfolge ist völlig egal. Man kann Quests noch nicht mal ablehnen!
Das Skillsystem könnte primitiver kaum sein. Es gibt (nagelt mich nicht auf eine genaue Zahl fest) sieben oder acht Punkte, die man mit Erfahrungspunkten verbessern kann. Was man davon auflevelt ist völlig egal. So kann man das Spiel ausschließlich mit Nahkampfwaffen durchspielen und trotzdem die Zaubererfähigkeiten bis auf`s Maximum leveln.
Apropos Zaubern. Zaubern bedeutet eine erhaltene Schriftrolle auf eine Taste des Steuerkreuzes zu legen und diese dann zu drücken. Fertig.
Die Aufgaben sind auch äußerst abwechslungsarm. Besorge mir sechs hiervon, besorge mir sechs davon, erschlage sechs Käfer auf meinem Feld. Eine alternative Möglichkeit Aufgaben zu erledigen gibt es nie.
Es gibt auch verschlossene Kisten, die man mittels eines Dietrichs knacken kann. Aber auch das funktioniert (na, wer ahnt es?) äußerst simpel. Man drückt einfach im richtigen Moment die X-Taste. Das war´s. Wirklich! Man hat dafür übrigens unendlich viele Versuche, und was der Dietrich damit zu tun hat weiß ich auch nicht. Aber bevor man den hat kann man keine Kisten knacken. Ist halt so!
Apropos Kisten. Man kann überall alles an sich nehmen. Steht der Hausbesitzer neben Dir, während Du seine Kiste knackst und seine Regale ausräumst? Scheißegal! Eine Gewichts- oder Mengenbeschränkung gibt es auch nicht, also immer alles mitnehmen, was nicht niet und nagelfest ist.
Und sonst? Die Animationen sind hölzern, die Story ist schlecht erzählt, die Zwischensequenzen passen nur so halb bis gar nicht zum Geschehen, Freund und Feind bewegen sich immer nur auf einer geraden Linie hin und her, die Rätsel... äh, Rätsel?! Und es gäbe bestimmt noch mehr zu beklagen, aber mir fällt gerade nichts mehr ein.
Ach ja, die Trophäen. Die passen zum Rest. "Schlage 10 Hühner tot." Okay. "Hüpfe 1000 mal." Naja. "Sitze 1 Stunde lang (Echtzeit!) auf einem Stuhl." Oh je...

ArcaniA dürfte das wohl schlechteste Rollenspiel seit dem Jahr 2010 sein. (Ob es davor noch etwas mieseres gab kann gerade nicht sagen.)
4Players gab der 360 Version damals 30% und bat darum, dass die PS3 Version nie fertiggestellt werden würde.
Wobei 30% wirklich nicht übertrieben schlecht bewertet ist. Auch ich würde jedem dringend davon abraten mehr als 5,- Euro für das Spiel auszugeben. Derzeit gibt es die PS3 Version übrigens bei PS Now. Da kann man dann natürlich mal einen Blick riskieren.

Und jetzt kommt das aller kurioseste:
Ich mag das Spiel!
Ich habe es 2011 auf der 360 und 2015 auf der PS4 durchgespielt(!) und es hat mir schon damals gut gefallen. So gut, dass ich mir jeweils auch noch die Fall of Setarif-Erweiterung gegeben habe, die natürlich kein Stück besser als das Hauptspiel. (Ist übrigens jetzt auch bei PS Now mit dabei.)
Aber warum mag ich es? Es ist zum einen der derbe Charme der Umgebung und der Leute. Und dann ist es einfach total entspannend mal ein Spiel ganz ohne Anspruch zu spielen. Im Grunde ist es ein Walking Simulator im Gewand eines RPGs. Man latscht über Felder, Wiesen und Wälder, quatscht mal hier und mal da mit jemandem, wird wo hingeschickt, wo man ein bisschen rumkloppt, dann geht es zurück, und dann geht es auch schon weiter. Total primitiv. Aber so sind Walking Simulatoren halt.

Und vielleicht habe ich auch einfach ein gewisses Faible für schrottige RPGs.
Denn Two Worlds hat mir damals auch schon gut gefallen und wurde mehrfach durchgespielt. Und ausser seBADoh und mir hat auch das, meines Wissens nach, niemand sonst gemocht.
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