strid3r  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 10.05.2019 17:38 Uhr
Thema: Re:Iconoclasts Antwort auf: Re:Iconoclasts von Macher
>>Das ist Metroid Fusion-Logik und da der Entwickler recht offen kommuniziert hat, dass er sehr großer Metroid-Fan ist, überrascht es nicht, dass er auch solche Dinge übernommen hat.
>
>Ich mag das trotzdem nicht.


Das musst du auch nicht, zumal es in der Tat absolut unlogisch ist. Ich habe nur erklärt, woher der Entwicker es hat.

>>Wo ist die Geschichte anspruchsvoll? Das Spiel hat, gemessen an den für die Handlung und Charakterentwicklung relevanten Informationen, die man durch Dialoge erhält, mindestens das Fünfache an Textmenge, die es haben dürfte und ist teilweise richtig beschissen und ohne erkennbaren Fokus - aber eben sehr selbstverliebt in die eigene quirkiness - geschrieben, was das Verständnis unnötig erschwert. Die Charaktere sagen unheimlich viel und der Großteil dessen ist oft komplett irrelevantes Gelaber, weil weder Emotionen begründet oder Motivationen klar vermittelt werden, die deren Handlungen nachvollziehbarer machen würden, noch die Charaktere wirklich reflektieren würden.
>>...
>
>Ich weiß nicht, wo das Problem liegt.


Darin, dass man nicht weiß, warum sie überhaupt gespalten bzw. sich diesen Dingen verpflichtet fühlt. Es ist bestenfalls schablonen- und bruchstückhaft, wie in dem Spiel solche Umstände dargestellt werden. Man kriegt den Umstand grob umrissen und bekommt einen knappen Einblick, aber es wird nicht durch folgende Charakterinteraktionen oder andere Reveals nachvollziebarer, wie es zu dem Umstand gekommen ist. Figuren wie Elro z. B., deren Innenleben aufgrund ihres Schicksals interessant wären, äußern sich null dazu, warum sie zu Robin stehen, wie sie es tun und was der Verlust der Familie mit ihnen angestellt hat. Und während in Ansätzen versucht wird, das durch Animationen zu regeln (Panikattacken), sind kleine Sprites am Ende einfach nicht das richtige visuelle Medium für diese Vorgehensweise. Das hätte in Textform geschehen müssen und gerade weil das Spiel so verflucht viel Text hat, gibt es eigentlich keine Entschuldigung dafür, dass solche Dinge auf der Strecke bleiben. Ich habe selber keine Ahnung, wie man das Schicksal der Charaktere nicht ausschließlich emotional komplett distanziert betrachten kann und sie hätten mir insgesamt nicht egaler sein können.
Alle Charaktere bleiben bis zum Ende in ihrer Einleitung stecken und so ist es eigentlich auch bei fast allen anderen Hintergründen zur Spielwelt. Speziell bei den Charakteren aber wird erwartet, dass man es einfach schluckt, dass Charakterbeziehungen so sind, wie behauptet wird. Man kann es dann eben aus den klischeehaften Konzepten ableiten, wie du es hier tust. Gut vermittelt im Spiel selber wird es aber nicht.

>Elro denkt, er muss seine Schwester beschützen, braucht aber selbst einen Erziehungsberechtigten, weil er seine Gefühle nicht unter Kontrolle hat.
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>Royal ist ein naives, reiches Kind, das nicht damit zurechtkommt, wenn er nicht die wichtigste Person im Raum ist.
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>Was sie gemeinsam haben, ist, dass sie wie jeder Mensch mehr oder weniger Egozentriker (nicht unbedingt Egoisten) sind, aber gelegentlich über ihr eigenes Ego hinwegschauen, weil sie sich von Robins Selbstlosigkeit beinflussen lassen.


Dass sie Egozentriker sind ist ein guter Punkt. Das Witzige ist aber: das geht vor allem daraus hervor, dass sie kaum miteinander reden und beinahe nichts von dem Geschehenen reflektieren (erst recht nicht im Austausch miteinander), auch weil Robin als stummer Avatar als Gesprächspartner wegfällt, während der Entwickler aber trotzdem blödsinnigerweise erwartet, dass man ihr Wesen erkennt und entsprechend handelt. Das Resultat ist eine Aneinanderreihung von Monologen. Und ich finde, dass genau das über das komplette Spiel hinweg unnatürlich wirkt und die Texte auch so hölzern macht. Als ob das Konzept von Kommunikation hierbei nicht verstanden wurde.

>Mir hat das gereicht?

Aber warum braucht das Spiel so absurd viel Text, um derart flache Charaktere über 10-12 Stunden zu etablieren, über die man minimal mehr erfährt, als zu Beginn und die zudem absolut keine Entwicklung durchmachen (was ironischerweise offenbar intendiert war, wie ich inzwischen nachlesen konnte)? Wie gesagt, was an Textmenge vorhanden ist und mit selbiger erreicht wird, steht in absolut keinem Verhältnis zueinander.

>Ich verstehe, wenn man die Geschichte komplett langweilig findet. Das geht bei jeder Erzählung. Kann auch sein, dass "anspruchsvoll" nicht das richtige Wort ist. Deine Kritikpunkte kann ich trotzdem nicht nachvollziehen.

Meine Kritikpunkte bzgl. des Writing sind eigentlich keine anderen, als bei zuletzt FFXV, wo man ebenfalls mit einer Gruppe an Leuten durch die Gegend zieht, die ständig äußern, wie wichtig man sich gegenseitig sei, während es null nachvollziehbare Einblicke gibt, die vermitteln, warum. Das ist einfach schlechtes Storytelling und in beiden Fällen Verschwendung von Text und Zeit, weil sowohl Story als auch Charaktere komplett egal sind.

>>Man kann nicht Kojima kritisieren und gleichzeitig das hier gut finden, nur weil es ein Retro-/Indiespiel ist.
>
>Das ist kein Vergleich.


Was weiß ich, wie krass es im Direktvergleich ist. Aber wenn z. B. Chrome auftaucht, darf man sich auf was gefasst machen und man sollte auch bedenken, welches Medium für das Storytelling hier genutzt wird, um was für eine Art Spiel es sich handelt und wieviel eben mit dem Text erreicht wird. Iconoclasts dürfte in seinem Genre das textlastigste Spiel sein. Mit Abstand.

>>Es ist auch angesichts des Endes offensichtlich, dass der Entwickler in der Darstellung des von ihm kreierten Universums und der Handlung kryptisch bleiben wollte und für gewöhnlich ist es eine gute Idee, Details eher der Phantasie des Spielers zu überlassen. Bei Iconoclasts aber wirkte es auf mich einfach nur bemüht kryptisch und inkompetent, denn gekonnt mysteriös. Dazu sind die behandelten Themen auch zu abgedroschener JRPG-Standard und Iconoclasts hebt sich nur darin ab, dass hier im Gegensatz zu diesen der emotionale pay-off fehlt. Eben dank obiger Probleme bzw. den wirren Charakteren, der in Folge vor allem auch blassen Widersacher und der eher hilflos wirkenden Bemühungen, durch vermeintliche Ambiguität nicht so plump zu sein.
>
>Ich wurde die Geschichte nicht als "kryptisch" bezeichnen. Was bleibt denn am Ende unbekannt?


Ehm, alles bis auf das Schicksal der Hauptcharaktere? Mag sein, dass man vieles über die kryptischen Nonsense-Zitate von Chrome beantworten kann, aber warum sollte man sich durch so wirres Geschreibsel quälen zu irrelevantem Lore eines Videospiels? Sowas ist was für Dark Souls Fans.

>Das stimmt alles, bis darauf dass die Kritikpunkte nach meinem Empfinden das Spiel nicht so runtergezogen haben.

Ich hatte mir nach den Vorschusslorbeeren sehr viel mehr von dem Spiel erhofft (dein Post war btw. auch der Anlass, es mir endlich vorzunehmen) und vor allem auch eine bessere Symbiose aus Gameplay und Story. Ich hätte es vermutlich ohne Handlung viel besser gefunden und bin selber überrascht, wie sehr mir dieser Aspekt das Spiel vergällt hat. Vermutlich, weil es sich in all dem so ernst nimmt und vorgibt mehr zu sein, als irgendein Tales of XY.
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