a gentle breeze  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 01.12.2018 12:02 Uhr
Thema: Die Seele ist noch warm Antwort auf: Seelenkaliber VI von Icheherntion
Habe es natürlich trotzdem gekauft und bereits mehrere Stunden hinter mir.

Wenn man ein Vierteljahrhundert, also den Kontext, ignoriert, in denen frühere Titel dieser Serie bereits erhältlich waren, ist es ein großartiges Spiel. Die Steuerung geht gewohnt flüssig von der Hand, Techniken lassen sich bequem buffern, die Figuren überzeugen größtenteils, das phantasievolle historische Setting lässt viel kreativen Freiraum und online kommt es zu aufregenden Gefechten.

Mit Kontext ist es das schwächste Spiel der Serie (und damit immer noch ein ganz gutes Spiel). Angefangen beim Intro, das lediglich die Supermoves zeigt, über das Menü, welches zwei rotierende Texturen und eine animierte Fackel von einem Standbild entfernt ist, hin zur dürftigen Auswahl von Klamotten, die geringer ausfällt als z. B. bei SC4. Ob sich das ändert, steht in den Sternen (vermutlich nicht).

Dann sind die Hintergründe die unspektakulärsten, die es je gab. Hier gibt's teilweise keine einzige Animation. In der Wüste, auf einem Kliff, oder im dunklen Wald bewegt sich nix und kein Vogel zeigt sich am Himmel. Die früheren Teile boten da um Längen mehr: Aufwändige Tempel und Burgen, in denen sich Dodos (SC4) tummelten, oder Reiter in der Ferne daherritten, ließen die Welt lebendig werden. Hier ist sie, abgesehen von irgendwelchen Wassereffekten, größtenteils statisch und leer. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum sich ein Unschärfefilter großzügig über alles legt, so dass man nur noch auf die Märklinmodellbahn seines Miniaturensets wartet.

Dann wäre da noch der Arcade-Modus, der als Menüunterpunkt nüchterner nicht hätte ausfallen können. Gebt mir ein wenig Text, ein bisschen Motivation für den Helden, ein kleines Feuerwerk. Ich bin dankbar für solche Sachen. Aber Nix.

Doch die Entwickler haben zumindest die Rufe nach 'nem richtigen Singleplayer Mode erhört. Erstmal eine schöne Sache, nur leider hat da jemand was missverstanden, dieser ist nämlich zu wordy geraten und nervt ein wenig damit, dass man einzelne Dialogzeilen bestätigen muss. Zudem hilft es alles nix, wenn die KI nach wie vor nach dem gleichen Prinzip agiert wie vor zwanzig Jahren und vor allem auf Konter aus ist. Das hätten sie mal verbessern sollen.

Merkwürdig auch, dass das Spiel auf seinem schwarzen Ladebildschirm besteht. Hätte man ein paar Storyfetzen oder die Gewinnbedingungen während des Ladens sichtbar gelassen, würde ich auch mehr davon mitbekommen. So aber überfliegt man diese nur, denn es steht schließlich der Ladevorgang auch noch an und den würde ich gern so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ziemlich ungeschickt.

Spielerisch muss man wohl der Superpro sein, um das Geschehen qualifiziert beurteilen zu können, daher halte ich mich hier zurück, aber es ist eben das seit zwanzig Jahren altbekannte System. Dabei finde ich die Schere/Stein/Papier-Critical Edge als Neuerung zwar dramaturgisch gelungen, wegen Slomo und so, spielerisch bringt's aber wenig und nervt, wenn jemand ständig darauf aus ist. Ansonsten finde ich das Gameplay sehr spannend, wenn man versteht, das es hier v. a. um Timing und geradezu eine Art Rhythmus geht, nach dem man hier kämpft
Leider gibt's auch die altbekannten Schwächen: Durch die flüssigen Animationen ist oft nicht ersichtlich, wo eine Kombo anfängt und wo er aufhört. Wenn man also den kleinen Moment verpasst, in dem man auf der richtigen Höhe(!) blocken, oder kontern kann, macht der Gegner seinen Monsterkombo einfach noch ein zweites und drittes mal, bis man hinüber ist. Das ist sehr frustrierend und zwingt einen irgendwann, sich mit Figuren zu beschäftigen, die einen eigentlich nicht interessieren, um die Kombos dahinter zu verstehen. Bei vergleichbaren 2D Prüglern ist das nicht der Fall, oder gestaltet sich viel einfacher. Ebenso unübersichtlich wird es, wenn eine Figur einen phantasievoll gestalteten Move macht und es nicht ersichtlich ist, wie man den blocken muss. Auch das erzwingt eine nähere Beschäftigung und Auswendiglernen.

Positiv zu vermerken ist noch die Tatsache, dass man nun Texturen auf die Kleidungsstücke legen kann, was alles in allem das größte Novum hier ist. Das und die Tatsache, dass man nun endlich auf einem vernünftigen System (einem PC) spielen kann. Den Punkt "Seximus" braucht man hier gar nicht ansprechen. Ivy sieht immer noch aus wie der feuchte Traum eines Teenagers aus den Neunzigern und mit Taki zu trainieren ist in meinem fortgeschrittenen Alter schon ein wenig peinlich. Die Zeit ist stehengeblieben in Japan und das wird sich so schnell nicht ändern. Man bekommt, was drauf steht. Achso, was mittlerweile auch sauer aufstößt: Mangelnde Kommunikation der Japaner, was die Patches bringen. Da ist man heute (Blizzard) besseres gewohnt.
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