Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 01.01.2018 01:54 Uhr
Thema: Knapp 4000 Worte später Antwort auf: Link vs Mario: GOTHY-Wahl 2017 von Don Cosmo
Pünktlich zur Herbst-Releaseoffensive ist der Presse auch aufgegangen, dass das Spielejahr 2017 ein legendäres war. Ich hab selbst so viel gezockt wie selten zuvor, davon mehr online als überhaupt je in meinem Leben. Durch Spiele wie PUBG hab ich alte Kontakte wieder auftauen lassen, mit Schulfreunden eine gute Zeit verleben können trotz räumlicher Trennung und obwohl man sich seit buchstäblich Jahren nicht mehr gesehen hat.

Der PC ist noch mehr zur besseren Konsolenplattform geworden, trotz aller gelegentlicher Tweaking-Schluckaufs. Durch Keyshops haben Neuerscheinungen wieder ein Preismodell wie Amazon UK anno 2008, und auf die Gefahr hin, oft gesagtes zu wiederholen, ist die Bandbreite des Angebots so toll wie noch nie und mit einem in Rekordzeit wiedererstarktem Nintendo auf einem erneuten historischen Hochpunkt angelangt. Selbst, wenn dieses Jahr nur Scheiße erschienen wäre, wären ein großes Mario und ein großes Zelda in einem Jahr erschienen, was es glaube ich seit dem NES nicht mehr gab.

Ich habe keinerlei Sympathien für Rankings, weil ich die Unterteilung von Kreativwerken in Sieger und Verlierer für komplett destruktiven Unfug halte. Ich kann wie immer in diesen Retrospektiven nur über das schreiben, was ich selber gespielt hatte und was davon mich persönlich in irgendeiner Form berührte oder bewegte, im Guten wie im Schlechten. Da ich einen exzellenten Spielegeschmack habe sowie die Freiheit zu entscheiden, was ich spiele, ist so viel schlechtes nicht darunter. Ich schreibe das hier am Silvester-Nachmittag in ein Word-Dokument, auch deswegen, weil mir spontan so recht kein Crapspiel einfallen will, dass ich so richtig gehasst habe dieses Jahr (Oder welches _aus diesem Jahr_ stammt). Auch in Anbetracht meines persönlichen Wohlbefindens, welches erst in der zweiten Jahreshälfte sich wieder stabilisierte, waren Games zeitweise der Anker, der mir Beschäftigung ermöglichte, bei der die Gedanken nicht einfach um mich selbst kreisten und mich nur noch bekloppter machten. 165 Stunden Splatoon 2 sprechen da für sich. Und ich werde definitiv nicht der einzige sein, der dieses Jahr jedes Krümelchen Eskapismus hervorragend gebrauchen konnte.

Das Jahr fing für mich mit FFXV an, welches im Dezember 2016 erschien, ich aber erst im Januar zocken konnte. Im Februar hatte ich es durch. Ich glaube kein FF hab ich so schnell durchgespielt, und bei aller Awkwardness und allen strukturellen Mängeln, die das Spiel besitzt, hatte ich seit langer Zeit wieder das Gefühl, dass Square endlich mal wieder zurecht selbstbewusst mit der eigenen IP ins Felde zieht. Für dieses Jahr läuft der Titel außer Konkurrenz, ich will aber nicht unterschlagen, dass ich das Spiel als Triumph für den Willen zur Weirdness, zum Anders-Sein und zum Beschreiten von Designpfaden empfinde, wozu japanische Entwickler schon vor Jahren sich hätten durchringen sollen. Es ist schade, dass über das Spiel kaum noch gesprochen wird (Aber wiederum erfreulich, über welches Spiel aus selbem Hause dafür umso mehr geredet wurde), deswegen möchte ich es an dieser Stelle nochmal ehrenhalber erwähnen.

Das erste wahre Highlight des Jahres war für mich Yakuza 0, eines von gleich mehreren uneingeschränkten Meisterwerken aus Japan. Das Spiel hat alles: Besuboru, Disco Dancing, Leute mit Fahrrädern verprügeln und nicht einen, nein gleich ZWEI Mr. Libidos. Ich wüsste nicht, was man an dem Spiel noch verbessern könnte, es schwitzt aus jeder Pore pure Ownage. Dazu eine Story, die es schafft, debilen Humor und dramatische Fallhöhe unter einen Hut zu bringen mit gesellschaftskritischer Retrospektive der politischen Verhältnisse des echten Japans Ende der 80er. WTF. Als letztes hätte man sowas wohl in der breiten Masse den Japanern zugetraut, wo doch westliche Entwickler als die Meisterfedern gelten mit ihren von gesellschaftlicher Klarsicht und erzählerischer Autorität durchwirkten Werken wie „GTA V“ oder „Call of Duty: Kevin Spacey“. Es sollte lediglich ein Vorgeschmack auf das kommende sein, und Boy, was für ein köstlicher Geschmack.

Wenig später kam Horizon: Zero Dawn heraus, ich spielte es Monate später und wurde davon völlig kaltgelassen. Nichtmal richtig aufregen konnte ich mich da über irgendwas. Es war alles sehr routiniert und wie man so sagt „gut gemacht“, aber „gut gemacht“ sind auch die deutschen Befestigungen in der Normandie. Das man eine Frau spielte, löste keinen Eklat aus, weil die Frau die man spielt geil genug aussieht. An die Geschichte kann ich mich jetzt schon nicht mehr erinnern, und ich habs vielleicht vor nem halben Jahr erst gezockt. Crafting ging mir auf den Sack, weils so tombraideriges QoL-Crafting war (Größere Pouches, permanente Waffenupgrades etc.).

Der März gehörte dann ganz und gar Zelder: Auf zum Atem, ein Spiel wie geschaffen für einfallslose Listical-Autoren, es in den „Game-of-the-Decade“-Status zu erheben. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen den Hagiografien und dem Jim-Sterling-Review, man kann aber festhalten, dass es das wichtigste und in seinem kreativen Ansinnen erfolgreichste Zelder seit Link to the Past ist. Das man es quasi nur loben kann, macht es fast ein bißchen langweilig, und einfach nur die tollen Features aufzuzählen liefe auf dasselbe hinaus. Wahrscheinlich ist es auch für niemanden von Gewinn, wenn ich nochmal ein Licht auf einen relativ esoterischen Aspekt werfe, nämlich das Gefühl von echter Freiheit, die das Spiel vermittelt, und damit auch der Freiheit von dem Druck, im Spiel voranzuschreiten. Das mit der idiosynkratisch japanischen Designkunst umgesetzt zu sehen, hebt die ganze Idee von Open-World-Games auf ein anderes Level. Diese selbstbewusste ästhetische Gestaltungsfähigkeit im kleinsten wie im größten und allem dazwischen geht westlichen Entwicklern ab, und gerade im Kontrast zu Horizon wird das überdeutlich. Das Spiel lässt einen los wie eine Fahrradtour im Sommer, wie ein ganzer Tag im Freibad. Sicher, man kann schwimmen, man kann aber auch Pommes essen oder Fußball spielen oder Gameboy oder einfach zwischen den Liegeplätzen seiner Kumpels hin und her latschen und und und. Und die Entwickler sind auch „confident“ genug, nicht ständig an Nostalgie und Vergangenes zu appellieren, um sich emotional mit dem Spieler zu verkumpeln. Dass es ein Zelder ist, welches den Mut hatte, bestimmte Leute erstmal auch anzupissen, ohne dafür gleich auf arbiträre Designverbrechen zurückzugreifen wie einige jüngere Teile der Serie, ist darüber hinaus bemerkenswert.

Puyo Puyo Tetris hat eine Demo, die bei mir mit zu den meistgespielten Titeln dieses Jahres gehörte. Ein sehr gutes Tetris, in dessen Modi-Vielfalt jeder etwas finden sollte, dass ihm Spaß macht. Kein Highlight für die Ewigkeit, ich will es aber erwähnen, weil es Spaß machte. Genauso ein Re-Release wie Mario Kart 8 Delüchse, welches auch sehr gut war, aber nahezu identisch mit dem Vorgänger, den niemand gespielt hat. Wirklich was Neues zu Mario Kart 8 kann ich entsprechend auch nicht beitragen, und da es eine Wiederveröffentlichung ist, gehört es auch nicht wirklich in den hehren Kreis der 900th Annual PP GOTHYs. Aber es kam raus, ich hab es gerne gekauft, und es wird immer noch gelegentlich für ein paar Rennen angeschmissen, um sich schnell mal die Zeit zu vertreiben.

Arms kam in Juni raus, so wie ich aus der offenen Psychiatrie. Also, nicht ganz so, schon energischer, erholter und hungriger.  Das bisher einzige Spiel, bei dem ich die Motion Controls „normaler“ Steuerung vorziehe, weil ich mehr das Gefühl habe von Kontrolle. Das darüber sich keiner traut etwas ausführlicher zu schreiben, nur weil Motion Controls über Jahre sehr hart an ihrem schlechten Leumund gearbeitet haben – schade! Auch ein Spiel, dass mich wieder für die Faszination an Beat-em-Ups ranführen konnte, so dass ich Monate später anfing, mir mit Alex zusammen EVO-Turniere anzugucken, weil‘s schlicht unterhaltsam ist und man kein Wizard in dem Genre sein muss, um zu raffen, was abgeht. Nintendos Werbe-Turnier während der E3 wenige Tage vor Release des Spiels hat sein Ziel komplett erfüllt und zeigt auch, dass Nintendo tatsächlich echte Maßnahmen ergreift, seinen Releases den Rahmen und den Hype zu verpassen, den diese verdienen. Ich bin mir sicher, dass über ARMS in den ganzen GOTY-Listen eher wenig die Rede sein wird, und wenn, dann nur als glorifizierter Zählkandidat jetzt, wo Nintendo wieder everybody’s darling ist. Das wird dem Spiel aber nicht gerecht. Sicher, BmUp-Puristen mögen wegen der Einfachheit des Spiels die Nase rümpfen, aber ein derart zugängliches Prügelspiel hat es seit dem ersten Powerstone nicht mehr gegeben. Dazu ein gut funktionierender, zackiger Onlinemodus, der sich wegknuspert wie Erdnussflips nach dem Bongrauchen und Gratis-Content-Updates, die vielleicht nicht so voluminös ausfielen wie der Season-Pass-Content von Platzhirschen wie SFV, denen dafür aber auch nicht der Ruch anhaftet, die eigene Kundschaft auszunehmen wie eine Weihnachtsgans. Ich bin gespannt, was von dieser IP noch kommt, und ob Nintendos Erwartungen an den Titel erfüllt wurden. In meinen wahrscheinlich für Außenstehende immer trüberen Augen steht das Spiel auf derselben Stufe wie ein Zelda; ich kann den Spaß, den ich mit dem Spiel hatte, nicht gegen das andere aufwiegen. Einziger Knackpunkt: Die wankelmütige Verbindungsqualität der Joycons. Jaja, irgendwann schicke ich die Scheißdinger ein…

Splatoon 2 war der Nintendo-Titel, der dieses Jahr am meisten lediglich „mehr vom selben“ bot, aber mir reichte das. 165 Stunden lang laut Switch-Firmware. Für mich ein perfekter Nebenbei-Podcast-Hören-Titel, so wie Euro Truck Simulator. Das dies in Form eines PvP-Multiplayershooters daherkommt, und nicht als „Gerade mal so noch ein Spiel“-Titel, ist der eigentliche Gag. Der Mangel an modernem Multiplayer-Komfort wie Voice- oder sonstige Art von –Chat ist ein genialer Kunstgriff, der der Community streng, aber bestimmt den Salzstreuer aus der Hand nimmt und die Leute einfach hassle-free Spaß haben lässt. Übrigens eine Gemeinsamkeit, die der Titel mit ARMS teilt. Das Nintendo sich nicht entblödet, diese Leistungen zu unterminieren mit Quatsch wie dem Switch Voicechat Konzept und der immer noch nur als vage Drohung existierendem Bezahl-Multiplayer zeigt, dass der Laden immer noch er selbst geblieben ist, trotz allem Erfolg. Nach einem Singleplayer-Brett wie Zelder zudem jeden Monat einen Flagship-Multiplayertitel rauszuhauen zeigt aber, wie uncharakteristisch klug der Laden seine Karten in diesem Jahr ausgespielt hat, auch wenn der Aufwand locker in den Schatten gestellt wurde von einem einzigen Titel. Aber immerhin, das Problem hatte Nintendo dieses Jahr nicht alleine.
Die Rede ist natürlich von PUBG, der 1.0-gewordenen Zukunft des Online-Multiplayershooters. Ein Geniestreich von Gameplay-Loop, der im Handumdrehen das schafft, woran Bungo sich seit dem überwiegenden Teil einer Dekade zuverlässig die Zähne ausbeißt, nämlich einen dauerhaft motivierenden Shooter, der sowohl social ist, als auch content bietet, um mal im aussagelosen Lingo der Branche und ihrer größten Player zu bleiben. In Zeiten einer immer mehr durch die geschlossenen Online-Platformen fragmentierten Spielerschar hatte PUBG einen noch nie dagewesenen Pull entwickelt, der (wenn auch nicht in meinem Soziotop mit der Durchschlagskraft) die Leute wieder in einem Spiel zu versammeln in der Lage war. *mitleidiger Seitenblick zu Destiny 2*

Ging natürlich an Konsolien ewig lange vorbei, und in der Form, wie es jetzt aufgeboten wurde, wage ich zu bezweifeln, dass sich da noch groß was daran ändert. So hat das was von Starcraft 64. Das eigentliche Metier der PlayerUnknown-Mods könnte auch konsolenferner nicht sein, dass wäre nämlich der DayZ-Tümpel im Urschleim der ArmA-Moddingszene, some straight-up PC-ass PC-shit. Leute, die sonst MilSims vom Trockenheitsgrad des Staubs in Kundus zockieren, gesellten sich Seit an Seit mit den verhaltensgestörten Ragekiddies aus CoD und freidrehenden Russen, nur um nachher von Chinas besten Söhnen gezeigt zu kriegen, wo der Hack sein Mett hat. Es dürfte zudem die nächste Zündstufe von Valves großangelegtem Experiment in praktiziertem Anarcho-Kapitalismus darstellen, vulgo „Steam“. Wir haben erst den Anfang dieser Reise miterlebt, an deren Ende entweder Jim Sterlings kompletter psychischer und physischer Zusammenbruch steht oder das erste glorreiche sozialistische PC-Spiele-Overlay des Volkes. Nichts dazwischen, natürlich!
Im August kam Rabbits Mario: Dingsbums Kingdom, das hat Alex gezockt und gemocht (Neben anderen Highlights in ihrem Spielejahr wie Persona 5 oder Fire Emblem Heroes). Ich muss in PUBG versackt sein, ich weiß nimmer genau. Gaming war für mich tatsächlich ein „Relief“, den ich dringend brauchte, und wo ich gottlob auch in der Lage war, jegliche Selbstvorwürfe und Dünkel abzuschütteln. Damit meine ich nicht, dass ich „all-in“ gegangen wäre bezüglich Gaming und Identity Politics, Gott bewahre. Aber diesen (ab)stumpfen(den) Eskapismus, den ich dem Medium selbst so gern vorwerfe, brauchte ich einfach auf einer ganz grundlegenden Ebene, und ich war dem Medium dieses Jahr so dankbar, dass es mir diesen in so großer Fülle bot. Ich habe ohnehin glaube ich bereits alles gesagt, was mit all diesem Gedöns und seinen Nutzern nicht stimmt bzw. wahrscheinlich bis auf weiteres unrettbar verkorkst ist, aber wenn man sich aus diesen Communities auch bewusst ausklinkt, im vollem Wissen darüber, dass da eh keine Grundlage oder überhaupt noch Gemeinsamkeiten bestehen, konnte zumindest ich es auch ungefiltert zulassen, mich völlig vom Rest der Welt zu disassoziieren. Ohne das Gefühl, damit irgendeine Leere zu kompensieren oder mich von was anderem abzulenken, sondern weil Spaß haben wichtig ist und ich es gut finde, Spaß zu haben, ohne, dass ich dafür jemandem Zeugnis ablegen muss. Sicher ist es schade, dass ich im Vergleich zu früher kaum noch dazu komme, lang und breit über Spiele zu schreiben und vor allem zu diskutieren, aber es gibt so viele andere Dinge über die man Schreiben und diskutieren kann und manchmal ist es auch völlig okay, wenn man gar nix schreibt und über gar nix redet, sondern einfach nur zockt, zockt, zockt. Ich find‘s selber seltsam, so zu reden – ich wiederhole mich. Aber Herrgschaftszeiten, tat es dieses Jahr manchmal gut, sich einfach zurücklehnen zu können und zu sagen „Dieses und jenes Spiel kommt nächste Woche raus, und es wird saugeil und all meine Erwartungen erfüllen!“ und damit in 90% aller Fälle, vorsichtig geschätzt, richtig zu liegen.

So wie bei PES 2018, was im September rauskam und bei dem ich, Stand heute früh, fast 90 Stunden auf dem Tacho habe, davon locker 70 im Koop mit nem Kumpel. Einfach nur bißchen Pöhlen und Quatschen, sich über die Kackspastis aufregen die mit zwei CPU-Spielern antreten und die seltenen Momente, wo man mit noch schlimmeren Padlegasthenikern gematcht wurde und endlich selber mal zurückledern konnte. Das Spiel hat alles, was man sich von ihm verspricht: Fußballer, Fußbälle und Menüs aus der Hölle. Achso, und endlich Fox Engine auf PC. So viel, wie auf den Servern los war, kann man wohl von einem waschechten Flop reden, während FIFA fast ein bißchen  ins Schwitzen kommt bei den Wagenladungen aus purem Gold, die es auf seiner drölfzigsten Ehrenrunde hinter sich her schleppt dank dem niemals schließenden FUT-Kasino für kleine Kinder. EA steht für „Ehrenlos Arts“, so viel steht fest. Dagegen sieht selbst Konami aus wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau.

Eigentlich wollte ich mir nur die Zeit bis Destiny ein wenig versüßen, das kam ja im Oktober raus. Ich dürfte, neben Schleuder, einer der letzten Menschen im deutschen Sprachraum sein, die ein nüchtern-wohlwollendes Verhältnis zu dem Spiel haben, und ich will ihm ganz bewusst einen Ehrenplatz in meinen GOTHYs einräumen, weil es mir schlicht und ergreifend derart viel Spaß gemacht hat. Ich hatte Frustmomente nur während der Strikes, ansonsten im Multiplayer ne nette (Wenn auch kurze) Zeit gehabt – danke an dieser Stelle nochmal an Jakob, Scorp und membranus, die alte Morchel – und alleine eine fast noch bessere. So müssen sich Autisten fühlen, wenn die neuen Zugfahrpläne rauskommen. Einfach Shit abknallen und glitzernden Shit aufknacken, komplettes Delirium aus Extase. Sinn muss das alles nicht haben. Es gefiel mir sogar so gut, dass ich ein Exemplar dieser Tage nachträglich meinem Kumpel zu Weihnachten geschenkt hatte, falls uns mal die Lust an PES ausgeht. Und weil ich mich schlecht fühlte, es während der Feiertage nicht geschafft hatte, bei ihm mal vorbeizugucken.

Alles, was man über den zweiten Teil schreiben kann, wurde schon über den ersten geschrieben. Warum es mich im zweiten Durchgang, indem die immerselben Fehler eigentlich nur noch frustrierender für den Spieler sein sollten, auf einmal so „abholt“, obwohl es auf fast gruselige Weise spiegelgleich zum Vorgänger, in sogar den exakt selben Punkten in exakt derselben zeitlichen Abfolge scheitert – ey, kein Plan. Das Leben beschreitet bisweilen Pfade, die uns für immer unerklärlich bleiben werden. Sicher kann ich dabei auch nicht das abschütteln, was ich oben beschrieben habe, dieses fast körperliche Bedürfnis nach den billigen Erfolgserlebnissen, die man in Videospielen derart zu Hauf findet. Dieses fast gemütliche Destiny-Feeling, dieses ASMR fürs Hirn (Ist ASMR nicht ASMR fürs Hirn? Egal.), diese schamlose corporate Greed, der man mit dem glücklichen Grinsen eines sonnengeküssten Idiots wie meiner Wenigkeit ins Gesicht lachen kann in dem Bewusstsein, darüber nachher mit niemandem diskutieren zu müssen, drüber diskutieren zu wollen. Fucking vidya, amirite?

„Fucking vidya, amirite?“ kann man auch zum Release von Mario Oddyssey sagen, ca. 72 Stunden nach dem PC-Release von Destiny 2. Es ist so, als würde man zum Doktor gehen, der einem für den eigenen Penis-Riesenwuchs, der einen eigentlich gar nicht soooo sehr stört, Morphium verschreibt – und plötzlich klopft es in der Arztpraxis an der Tür, und The Rock kommt rein, nur um dem Arzt vorzuschlagen, dass man da ja gerne auch noch ein wenig LSD mit aufs Rezept setzen könnte. Oder, wie die Titelfigur sagen würde, „Wa-hooo!“.

An dem Punkt war das alles nicht mehr normal. Vor allem, wenn man noch NiER: Automata drauflegt, welches ich erst NACH Mario Odyssey und Desssssiny in Angriff nahm, und welches mir von allen Spielen dieses Jahres, trotz aller Fehler, oder vielleicht auch wegen dieser (Fünf Mark ins Phrasenschwein) am längsten im Gedächtnis bleiben wird. Nicht, weil es Yoko Taro gelingen würde, irgendetwas Weltbewegendes oder auch nur Neues zum Thema Existenzialismus und der Sinnlosigkeit jeglichen Strebens zu sagen, sondern weil das Gelingen des Vermittelns dieser Inhalte Yoko Taro selbst komplett Latten zu sein scheint. Der absolute boy dieses Jahr, totaler Ten-Inch-Player und true king Yoko Taro dreht als einziger Zurecht seine Ehrenrunden durch Social Media in Form von Interviews und debilen Handyvideos, er scheißt einfach auf alles, er scheißt auf Square Enix, er scheißt auf Platinum Games, er scheißt auf Games, er scheißt auf sich, wie gesagt, king. Das Spiel ist quasi der Soundtrack, eine schnell an den Rändern ausfransende, den Status von inhaltlichem Flickwerk nie zu etwas wirklich Ganzem vereinigende Unordnung auf Rädern, die nichtsdestotroz schafft, in einem Klang zu schwingen, der etwas in einem anfasst. Am gelungensten ist eigentlich, wie vergleichsweise selten (zB im Vergleich mit dem Vorgäger), dann aber umso heftiger, das Spiel seine eigene Welt als Spiel punktiert, bspw wenn unvermittelt die Frage gestellt wird, ob Figur X mit Figur Y nicht eh nur f icken will – und die Frage nie wieder wirklich aufkommt. Das man einerseits die ganzen Psychosen, die die Macher in dem Spiel offen verarbeitem, einem am Ende doch so fremd und entrückt vorkommen, obwohl nichts an ihnen wirklich mysteriös ist. Ein Spiel über die Unmöglichkeit, seine Gefühle komplett plausibel jemand anderem zu vermitteln, aber durch die souveräne Transparenz dieser Unmöglichkeit (Und damit auch Transparanz gegenüber dem eigenen Unvermögen)  es dann doch wieder schafft, mir in seinem Begriff von Menschlichkeit sehr nahe zu sein. Toll. Ganz jenseits von trockenen Gameplaymechaniken. Ich kann auch voll und ganz verstehen, wenn einen das Gebotene in seiner Gänze kalt lässt, auch wenn man zum Beispiel den Soundtrack mag. Es ist ein Drahtseilakt, der zumindest was die Fachpresse angeht, aufgegangen zu sein scheint. Die Entwickler haben endlich ein wenig von der Öffentlichkeit zugebilligt bekommen, die sie spätestens seit NiER Gestalt verdient haben. Und so ist das Beste, was NiER Automata geschafft hat, wahrscheinlich die Tatsache, dass aus genau der Ecke mehr Content kommt. Und so wie „wir“ allem müde werden, was wir lieben, nachdem wir es in Hülle und Fülle serviert bekommen, nachdem wir lange genug danach winselten, werden wir auch bei dem, das auf NiER Tomate folgt, irgendwann abwinken und sagen „Schon wieder? NOCH ein Bayonetta? Oah, nöö!“ Aber es hilft ein wenig, dass die Macher zu wissen scheinen, dass es so kommen wird. Und hoffentlich drauf scheißen.
Ghost Recon: Wildlands habe ich mir auch erst Ende des Jahres „mal gegönnt“. Ein schönes Open-World-Spiel, dass die nationale Tragödie eines real existierenden Landes zum Spielplatz für bis an die Zähne bewaffnete amerikanische Dudebros verwandelt, was könnte näher am Zeitgeist sein. Taktische Operationen mit Helikopters und Nachtsichtgeräte, insgesamt äußerst problematische Darstellung und In-Zusammenhang-Setzung von so ziemlich allem, Ghost Recon ist ein wenig „peak CHUD-Gaming“, aber… kein aber. No hugs, no excuses. Ekelhafte Powerfantasy, die einfach saumäßig Bock bringt. Ich als Kriegsdienstverweigerer kann mich damit rausreden, dass ich die meiste Zeit mit Helis und Flugzeugen die Welt abgeflogen bin um mir deren Riesigkeit reinzuziehen in glorious 1080p60. Das Ubisoft es irgendwie geschafft hat, so klammheimlich vor allen Leuten richtig ekelhaft zu sein, chapeau. Far Cry 5 wird um sein Scheißestürmchen wohl nicht herumkommen, scheints mir. Recht so, Leute halten Dissens immer für was Schlimmes, dabei ist das lediglich normal.

A propo Dissens, Wolfenstein 2 hab ich nicht lange genug gespielt, um mich in dem Maße dazu äußern zu können, wie es die altehrwürdigen GOTHYs gebieten. Aber Marvel vs. Capcom Infinite hab ich ein paar Stündchen gespielt und fand es, auch im Gegensatz zu scheinbar allen anderen, ganz erquicklich. Mir doch egal, was die Leute für einen jahrelang kultivierten persönlichen Bezug zu den vertretenen Franchises haben, Spoderman vs. Megaman, let’s go! So viel Spaß für nur neun Mark? Fucking unbelievable! Bin zur Stunde immer noch am schwanken, ob ich mir wirklich nen Fightstick zulegen sollte, aber wenn, dann nicht zuletzt wegen diesem Spiel. Ich vermute mal, den zwei BmUp-Spielern, die mir die letzten Jahre immer gute Internet-Freunde waren und immer ein offenes Ohr für meinen Bullshit hatten (Und vielleicht, zufälligerweise, das hier lesen), ist gerade das Monokel in die Zwiebelsuppe gefallen, aber sei’s drum: Irgendwann werde ich vielleicht doch noch mal ein richtiger Junge!

Die Jahresendfigur gibt diesmal Xenoboob Boobicles Boob, wie ein sanfter Puffer aus zwei wonnig-runden Airbags, auf denen man sein geschundenes Haupt zur Ruhe betten kann. Ich rede von Titten. Dicken, fetten, geisteskranken Titten. Dabei hat das Spiel auch mehr zu bieten, mehr Persönlichkeit, mehr Mut zur weirdness und zu debilem Humor. Es ist wie Dolly Parton: Entwaffnend charmant und mit zwei fetten Möpsen gesegnet. Das klingt nur deswegen anprangernd, weil die Amis leider die öffentliche Debatte über geile Busen diktieren, in Europa und Japan hat sich noch nie jemand darüber beschwert, wenn Frauenkörper mal etwas unverklausulierter zelebriert werden. Ich kann aber auch verstehen, dass im US-Kulturkreis nochmal ein anderes psychosexuelles Verhältnis zu Körperlichkeit besteht als sonstwo auf der Welt (In Saudi-Arabien ist man vielleicht ähnlich schizo unterwegs, wer weiß), jedenfalls würde man dem Spiel grob unrecht tun, wenn man es immer und immer wieder als niemals endende Mopsparade nacherzählen würde. Die Story ist komplett wumpe, aber das Gameplay solider, als es auf den ersten, zweiten, dritten und vierten Blick scheint. Erneut merkt man den Machern eines JRPGs die fast panische Angst davor an, die eigenen ineinander greifenden Gameplaysysteme dem Spieler nicht gut und genau genug zu vermitteln, dabei isses eigentlich komplett wurscht, welcher RNGsus wie im Hintergrund die Würfel rollt, siehe Bioware-RPGs in jedem SKG unter „hard“. Es ist ein netter Mix aus QTEs, nahtlosen Positionswechseln und Cooldowns, sehr gut vergleichbar mit FFXV. Sicher, es gab auch schon fesselndere Kampfsysteme, aber es gab auch schon weitaus ätzendere.
Das Spiel geht wundervoll mit Schauwerten um; ich liebe das World Design der Monolith-Spiele. In der Rezeption anderer (Reviews, Foren) kam für mich fast rüber, dass das verbuggtes, inkohärentes RPG-Gestümpere wäre vom Schlage eines Obsidian oder dem letzten Star Ocean, aber nichts dergleichen. Vielleicht haben da die ersten Patches schon ihre Wirkung gezeigt; ich hatte weder Abstürze noch Wegfindungsschwierigkeiten, dafür innerhalb von 48 Stunden 24 Stunden gespielt. Hui! Bis auf das Weltdesign macht es nichts besser als andere RPGs, aber das ist mir egal, das kann man über viele Titel sagen, die bis heute als Klassiker des Genres angesehen werden. Von sowas hat man 1998 als von allen Unbillen des Lebens unbeleckter Mega-Fun-Leser nichtmal gewagt zu träumen, erst recht nicht, dass es auf einem Nintendo-Handheld spielbar wäre. Wenn es dann noch dazu führt, dass Deadly Engineer noch schneller vorzeitig altert wegen Rage, ist Applaus eigentlich genauso Pflicht wie in Stalins KP.
In diesem Sinne, auf ein hoffentlich gamestechnisch zumindest halb so gutes 2018, euer strahlender Stern vom Berg Paektu

PS: Gewinner des Jahres Nintendo, Verlierer des Jahres die USA, wenn ich da leben würde würde ich mich auch mit billigem Oxycodon abschießen, da hilft keine Nintendo Switch und ne gute Handvoll Weed.

PPS: Mir ist klar, dass das keiner liest, und wenn doch, groß was darauf antworten kann, weil... Jesus, take look at this shit. Und wenn ich wie in den letzten Jahren drei Replies bekomme, egal. I was born stupid, but I will not die hungry.

Edit: Jetzt mit Absätzen! Yay! Porfessionalism!

***Diese Nachricht wurde von Felix Deutschland am 01.01.2018 01:58 bearbeitet.***
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