Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 15.11.2017 16:55 Uhr
Thema: Wird ja getan. Antwort auf: Man könnt ja mal über böse Symbole in Spielen sprechen von membran
>„Der Hersteller hätte der deutschen Kultur einen Gefallen tun und mit einer großen Rechtsabteilung ein veraltetes Gesetz zurückweisen können. Stattdessen wurde es nun sogar noch bestärkt.“

Tja, nun. Und der berechtigte Einwand: Warum sollten sie? Warum sollten sie den unglaublich beliebten Job, Deutschland mehr Hakenkreuze zu ermöglichen, im Frontal21-Deutschland sich an die Backe pappen? Um dann am besten noch von Springer wegen VERMEINTLICHEM Rechtsradikalismus an den Pranger gestellt zu werden - schließlich ist es seit dem allerersten 2D-Teil von Wolfenstein völlig stulle, das man als Spieler die ganzen Nazis alle tötet. Mal ganz davon ab, wie fadenscheinig und selbst schon deutschtümelig das wie nebenbei eingestreute "deutsche Kultur" wirkt, bitte was? Sind Hakenkreuze in Videospielen WIRKLICH ein potentielles GESCHENK FÜR DIE DEUTSCHE KULTUR, oder würde man das evtl. ein bißchen weniger dramatisch ausdrücken, wenn man mal kurz nochmal den Satz liest, den man da gerade geschrieben hat? Die Auslöschung ebenjener deutschen, hakenkreuzfixierten Kultur ist in dem Spiel das sehr begrüßenswerte Ziel, und wir leben in ebenjenem entnazifizierten Utopia, für das BJ Blaszkowicz kämpft!

Und die Frage, ob das bißchen klicken am VPN-Knöpfchen vielleicht ein verschmerzbarer Aspekt ist gegenüber dem Szenario, dass sowas wie der Holocaust-Simulator auch unter Meinungsäußerung und Kulturgut fallen könnte, wenn man eine beim Thema 3. Reich eiernde Gesetzgebung nicht einfach durch eine andere genauso, nur leicht anders schwammige ersetzt. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass nicht nur dieses Land, sondern auch ZeniMax, Kartoffelhändler Johnen und Nachbars Lumpi echt größere Probleme haben als dieses und es FÜR MICH ein Zeichen geistiger Normalität wäre, wenn das bei jemandem auf der Prioritätenliste SEHR weit unten stünde, nicht, weil ich die Verhältnisse schützenswert finde, aber srsly, es gibt dringlichere Sachen, denen sich einer annehmen sollte, als dass der Plot von der Version von Wolfenstein 2, die nur in meinem Land verkauft wird, ein _wenig_ (!!!) mehr Sinn ergibt. Die Leute, die Wolf2 zu einem flammenden Plädoyer gegen den Faschismus darstellen und als hochschützenswertes Kulturgut übertreiben die Lage ja auch ein wenig, so wie der kleine Junge, der den Computer doch nur deswegen haben will, weil er darauf mehr Mathe lernen will.

Allein was Unterhaltungssachen betrifft, die der Legalisierung bedürfen, wäre ich viel dankbarer, wenn sie endlich Cannabis legalisieren, das hätte zum Beispiel sogar handfeste fiskalische Vorteile für den Staat und damit auch wieder für die Gesellschaft. Ich hätte absolut NULL Probleme damit, bis zu meinem Tod nie ein Wolfenstein ohne VPN-Quatsch während der ersten drei Monate nach Kauf gespielt zu haben, aber das BtmG sollte sich bitte mal endlich ändern und der Realität anpassen, sheesh. Und jeden, der das auch nur im geringsten anders prioritisiert, kann ich nicht ernstnehmen. Gilt aber auch für jeden, der Wolfenstein-Idiotenkreuze über menschenwürdige Gehälter im Pflegebereich, Gängelung durch den Arbeitgeber bei Krankheit und Schwangerschaft oder bezahlbaren Wohnraum stellt, natürlich nochmal um ein vielfaches mehr.

Im Vergleich zu dem, was VOR (!) den ganzen Schul-Amokläufen alles bösi-böse war, leben wir heute in paradiesischen Verhältnissen mit einer USK, die goremäßig so gut wie alles durchwinkt. Hätte ich damals auch nicht geglaubt, wie krass sich das in weniger als 20 Jahren ändert.

Aber natürlich kommen Gamer "politisch" nie aus der Adoleszenz raus und sind immer noch extrem damit beschäftigt, zu motzen, was einem Vatter Staat immer noch alles verbietet, solange man SEINE FÜßE UNTER SEINEN TISCH STELLT!!1 Es ist eben aus historischen Gründen prekär, und ich kann damit leben, das Hakenkreuze sehr absichtlich aus der "deutschen Kultur" enternt wurden. Ich empfinde dadurch auch keinen Druck, mich für meine Großeltern und Urgroßeltern und deren Nachbarn schämen zu müssen, das buchstäblich einzige, worin mich der Staat dort einschränkt, ist in Form von ca. viereinhalb Mausklicks zu beheben. Diese nölige Pubertierendenhaltung ist super anstrengend bei den thinkpiece-schreibenden Gamer-Journos, und deren Mangel an Schul- und Herzensbildung scheint da immer am Häßlichsten durch. No one really gives a shit about the new Wolfenstein game, and neither should you.

Stattdessen kriegen sie es dezidiert NICHT geschissen, vielleicht mal die inhaltlichen Aspekte zu beleuchten, die auch in der KAPUTTZENSIERTEN Version immer noch erkennbar sein dürften (Subtle, this game is not) wie Maskulinität und die Dichotomie zwischen einem freudvollen Menschenbild und einem gewaltfixierten, und der generellen Unübersichtlichkeit, auf Gewalt mit dem doppelten und dreifachen an Gewalt zu reagieren, "also, mal 'in echt' gedacht", aber warum sich mit irgendwas interessantem beschäftigen, als den üblichen Oppis und Ommis mal wieder den Eindruck zu vermitteln, dass Leute, die Videospiele spielen, den ganzen Tag nur an Titten, durchgesägte Homunkuli und Hakenkreuze zu denken.

Stattdessen bieten sie Interpretationen an, von denen sie eigentlich wissen müssten, wie fadenscheinig sie sind, und wie der Publisher auch in den USA seine liebe Mühe und Not hatte, mit dem Realease von Wolfenstein 2 möglichst wenig Nazis zu verprellen und offiziell kommunizierte, dass es unpolitisch sei. Diese ganze "Messyness" wird dann geflissentlich verschwiegen, so wie der Ursprung der Taschentuchberge, die sich neben und an dem neuen Mathe-Lern-PC türmen.

***Diese Nachricht wurde von Felix Deutschland am 15.11.2017 17:17 bearbeitet.***
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