Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 19.08.2017 16:23 Uhr
Thema: Re:Loot Boxes Antwort auf: Re:Loot Boxes von Macher
>>Ergo: Der Technokrat fühlt sich, Überraschung Überraschung, am wohlsten, wenn er Zahlen um sich hat. Obwohl er einräumt, dass die Welt komplex ist, macht er sie sich selbst (...im selben Argument!) unterkomplex. Er stellt die Tatsache, dass man mit MTX das entscheidende bißchen mehr verdienen kann über die Tatsache, dass man auch ohne MTX ein Spiel machen kann, an dem man sich dumm und dusselig verdient.
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>Jetzt machst du es aber noch eine Dimension einfacher. Nur weil man ein Spiel machen kann, das, ohne Skins zu verkaufen, haufenweise Geld einbringt, bedeutet in den meisten Fällen nicht, dass es garantiert haufenweise Geld einbringen wird.


Unternehmerisches Risiko hast du mit allem. Du könntest bspw. den gesetzlichen Rahmen komplett ausschöpfen bei der Herstellung von Brot. Nicht alle tun dies, aus unterschiedlichen Gründen (In diesem Beispiel in erster Linie Kundenvertrauen aufgrund von Bäckereiskandalen, Qualität des Backwerks und der Wichtigkeit einer bestimmten Art von Herstellungsprozess für den Kunden). Mangelndes Verantwortungsgefühl gegenüber der Kundschaft aus rein profitorientierten Erwägungen kann man auch als solches bezeichnen. Das es Alternativen dazu gibt (Auch innerhalb des "kapitalistischen Systems"), ist eine im anglozentrischen Raum ziemlich unbeliebte Ansicht.

>Und wenn du dafür verantwortlich bist, dass 500 Leute immer noch am Ende des Projekts Arbeit haben, ist die Entscheidung, ob man für wenig Aufwand noch ein paar Kostüme für viel Geld verkauft, oder nicht, nicht so einfach.

Diese Zahlen klingen cool, aber mir kann niemand erzählen, dass er 500 Leute in Lohn und Brot hält, weil er gerne zum Haushaltseinkommen von 500 Individuen beiträgt. Realistisch ist es doch, das Projekte mit wenig Mitarbeitern anfangen und so große Zahlen an Beschäftigten erst dann kommen, wenn die MTX-Kohle fließt und vielmehr der Fluss möglichst erweitert werden sollte, und wenn das nicht passiert, dann verkleinert sich das Team ratzfatz, weil projektgebundene Engagements branchenüblich sind usw. usf.

Ich möchte echt mal sehen, wie diese Kapeiken ihre Monetarisierungsmodelle mit dem Argument verkaufen, das leidige Hire&Fire der Gamesbranche endlich zu beenden, ohne in hysterisches Gelächter auszubrechen.

>Außerdem finanzieren die Microtransactions aus The Division, nicht nur den Nachfolger sondern auch Rayman Legends und Steep usw. Capcom und co haben eine Gewinnspanne von 10% oder so. Das ist erschreckend wenig.

Aber deren freie Entscheidung gewesen. Niemand zwingt Ubisoft dazu, so dermaßen gigantisch und als Franchise angelegte Titel mit irrwitzigen Giga-Budgets zu stemmen, damit die Mischkalkulation noch stimmt. Vielleicht zwingen die Marktbedingungen Ubisoft dazu, diese Griffe nach den Geldfleischtöpfen immer und immer wieder versuchen zu müssen (Gott bewahre, wir haben es mittlerweile wohl alle gemerkt, wie gerne sich Ubisoft in seinen eigenen Spielen für Extra-Kokolores bezahlen lässt), aber Gigantismus und allumgreifender Maximalismus wird hier quasi als Begründung für sich selbst herangezogen. Imo auch argumentativ reichlich dünn. "Ja, wenn wir davon ausgehen, dass Ubisoft das neue Activision werden MUSS, dann machen die das schon sehr richtig." Nun.

>>und das Argument "I might limit what someone else will get out of this" dient dementsprechend nur der eigenen Bottom Line ("...as I might limit what I will get out of them as they keep playing and paying for lootboxes.").
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>Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. Leute, die in Amerika aufgewachsen sind, haben ein eigenes (zum Teil selbstzerstörerisches) Verständnis von Freiheit. Siehe auch, dass die ACLU Nazis verteidigen wollte. Ich glaube nicht, dass es ihm da um Finanzen geht, sondern dass sein moralisches Verständnis tatsächlich so funktioniert.


Das widerspricht in keinster Weise dem, was ich schrieb. Ich stimme dir da sogar zu (Wobei mir jetzt dieses konkrete ACLU-Beispiel nicht geläufig ist).

>>Es gibt keinen schöpferischen Impetus jenseits der Schöpfung von Wert, und sicher kann ich das den Leuten nicht direkt vorwerfen, aber... ah, nee, nix aber, kann ich doch! Perdautz.
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>Du sagst es nicht explizit, dass du dich nur auf die Spiele beziehst, die 20+ Millionen kosten, aber du beziehst dich hoffentlich nur darauf. Es gibt Spiele wie Assassin's Creed, die wahrscheinlich selbst von der Hälfte von UbiSoft inzwischen als notwendiges Übel betrachtet wird, um die Firma am Laufen zu halten, aber dann gibt es noch Child of Light. Und der Typ, der Mario & Rabbids macht, macht es offensichtlich mit Begeisterung.


Klar, aber ich denke auch, die Motivation diese kleinen Spiele zu machen ist komplexer als reine "Liebe zum Spiel" und die "schmutzig" verdienten Profite mit Herzensprojekten wieder "reinzuwaschen", ich denke nicht, dass Ubisoft _so_ funktioniert. Sie versuchen imho durchaus, diesen Eindruck zu erwecken, aber auch das ist vermute ich zu einfach. Oder nicht, ich arbeite nicht bei Ubisoft. Aber Mario&Rabbids ist fast uncharakteristisch "timely" insofern als das Nintendo dringend Leute braucht, die für die Switch entwickeln, und UbiSoft gern den Effekt mitnimmt, auf einer Platform quasi keine Konkurrenz zu haben als 3rd Party und gleichzeitig nicht mit Nintendos IPs in einen ungewinnbaren Todeskampf geworfen zu werden. Jetzt nur so als Beispiel, wo mir adhoc eine vergleichsweise komplexe Motivation einfällt, und in dem Fall schlicht besonders klug (imho) mit den Marktbedingungen arbeitet.
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