Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 03.07.2017 14:05 Uhr
Thema: Re:Diverses Antwort auf: Diverses von Felix Deutschland
>Deus Ex: Manchild Divided ist... okay, I guess. Ich finde, der modernen Vision von Deus Ex fehlt es an etwas, ich kann aber nicht sagen was. Vielleicht wirklich das Visionäre, oder das gute Gespür für die inhaltliche Thematik? Ich finde die Dichotomie, die das Spiel aufbaut, zwischen "Augs" und "Non-Augs" fürchterlich banal, ganz besonders in seiner Allegorie auf Rassismus (Der ansonsten im Jahr 2040 oder wann das alles spielt komplett überwunden zu sein scheint...). Das ist dermaßen reduktiv, dass es, streng betrachtet, fast schon problematisch wird.
>Dazu hat das Spiel das Problem, dass es nicht in der Lage ist, seine Geschichte vernünftig zu erzählen und für environmental storytelling zu überladen und voller Ablenkungen ist, um kohärent sein und EINE Sache konzentriert erzählen zu können.
>Das Problem ist, dass das Publikum solche Smorgasbords an entgrenzter Interaktivität abgöttisch liebt und sich gar nicht mehr einkriegen kann, wenn man jede Kiste aufheben und irgendwo hin tun kann. Folge ich diesem Forscherdrang in mir, laviere ich mich in den neuen Deus-Ex-Spielen aber immer nur in unmögliche Situationen. Ich drücke den falschen Knopf, weil ich das Mapping vergessen hab, und plötzlich löse ich irgendeinen Alarm aus, dies das I'm alt+f4 outta here. Es gibt Leute, die das geil finden, und die auch kein Problem haben, dass die Spiele so ein bis zum zerbersten gefüllter Abenteuerspielplatz sind, aber mich macht das heute wie damals einfach nur kirre. So fühlt es sich also an, das Alter. Hm.


Hat doch auch seine Richtigkeit, dass ich mein Geld schon seit Jahren nicht mehr mit der Beurteilung von Telespielen "verdiene". Gestern nachmittag angemacht, heute morgen um viertel vor neun kopfschüttelnd ins Bett gegangen. Ich hab echt locker 20 Stunden lang einfach nur Prag gegrindet, es war sssssssssssaugeil. Gleich Hackingskills aufgemaxt, dadurch Zugang zu so ziemlich allem gehabt, und ordentlich die Gegner gecheesed. Es ist so lustig, dass die Feinde fast alle wie die letzten Trottel einer nach dem anderen in einen Raum gehen, neben dessen Eingang ich mit meiner Ghettofaust warte und teilweise den Cooldown in der Hocke komplett abwarten kann während im Türrahmen Prague's Finest stehen und die Luft 4cm über meinen Haaren zu Käse schießen... und die Berge aus betäubten Menschen vom Kreuzfeuer der Kollegen zu Leichenbergen geschossen werden... aber ich mag das. Ich mag das sehr gerne, dass die Welt so typisch Videospielmäßig "broken" ist, und es zB. total okay ist, die Computer von Freund und Feind zu hacken, solange ich nur das Minispiel gewinne (Dass ich bis jetzt nicht komplett verstanden habe, was aber locker dazu reicht, es fast immer zu gewinnen), auch wenn sie direkt daneben stehen. Sollte ich das Minispiel allerdings verlieren, gibt's sofort zwei Kugeln in den Kopf und Ende, hahahaha. Ihr Trottel!

"Broken immersion" ist genau der Weg, auf dem Stealth-Spiele für mich funktionieren. Wenn ich total transparent merke, dass alle Gegner dumm wie Scheiße sind, verschwindet für mich die Anspannung, die ich sonst hab, weil ich Angst hab erwischt zu werden und zwei Minuten unttätig in einer Ecke zu hocken um den Alarm abzuwarten und zzzzZZzzzzzz. Wenn ich aber merke "Hey, die sind alle dumm, ich kann, within some wicked sort of reason, machen was ich will!" wird das alles aber ein großer Spaß. Ich glaube aber, das Spiel besteht aus Hubworlds und "Missionen" wo ich ganz viel kämpfen muss und Endgegnern usw. und keine Hubworld wird an Prag rankommen, was für mich komplett okay wäre. Wenn das nächste Level stinkt und ich es oben auf den Mountain of Shame drauflege, hab ich 20 Stunden good, clean fun aus dem Ding rausgequetscht, für zwanzsch Mark!

Die Dialogdichte ist allerdings echt jenseits von gut und böse, man hört sich so unfassbar endlose labereien an und alle sind mir egal. Das gute ist: Können sie mir auch sein. Die Story von DX:MD ist derart überladen, dass das Spiel selbst nach jedem Storybeat eine Zusammenfassung von sich selbst im Pausenbildschirm anbietet.

Es gibt eine Stelle im Hauptquartier in Prag, wo man sich vor so eine "The Wire"-mäßige Schautafel stellen kann, in der alle "Player" der Welt in der man sich befindet aufgelistet sind und ein sprechender Automat (NPC) daneben steht und die Backstorys hinter jedem angepinnten Foto runterrasselt, wenn man will. Allein das: Drei Verschwörungsorganisationen, eine okkulte Sekte, ein Mafiaclan, blablablablabla, viel hilft viel, gell? Nee, als wenn GAMER (mich eingeschlossen!) die geistigen Ressourcen/die Böcke hätten, sich diesen ganzen Quark obsessiv reinzuziehen und bei den metric fucktons an Emails und Datalogs nen Steifen kriegen würden wenn sie sehen, welche Figuren per Mail miteinander flirten oder welche Hobbies der Chef von Adam Jensen hat (Spoiler: Wummen). Niemand gibt einen Fick.

Auch die Art, wie die Binnenerzählungen ablaufen: Ich laufe aus meiner WOhnung, sehe, dass man Gullydeckel manipulieren kann, mach das, "Oh, eine Leiter!". Gehe die Leiter nach unten und latsche durch die Kanalisation, sehe 1 traurigen Dude. "Hi I bims der traurige Mann bitte hilfe!", Subquest angenommen, gehe durch die Tür, "Oh, eine crazy Sekte", erstmal eeeeewig lang Dialog, passtscho, kann ich eine rauchen. Dann rumlaufen, am Turret vorbei, Tür auf, noch ne Tür auf, huch das geheime Versteck vom Sektenchef, "Hallo, I bims, Adarm Jens" zack handkante gegen Kehlkopf, Typ ohnmächtig, dann falscher Knopf, ich werfe lauter Handgranaten um mich herum ab, Typ ist jetzt tot, dafür aber auch alle Safes oder Geheimverstecke offen weil ich sie kapottgemacht habe, great success. "Storytelling that's on par with big Hollywood franchises!" jajajajaja Bruder muss los
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