Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 26.06.2017 11:14 Uhr
Thema: Üfff... Antwort auf: Och, naja... von Felix Deutschland
>Also das ratzfatz-gunplay gefällt mir.

Nur jammerschade, dass es unter Gigatonnen an überflüssigem Bullshit vergraben ist. Das Spiel hat dieses für das Subgenre typische Pendel aus steigender und fallender Spannung, welche sich ausdrückt in Korridoren, wo entweder zu 0% Gegner vorkommen werden oder wo zu 100% Gegner vorkommen und man so kommuniziert bekommt, ob man die Map nach Collectibles absuchen darf oder Gegner töten muss. Das ist eine sehr einfache, monotone Sprache, die durchaus ihren Reiz hat, aber wo ein ähnlicher Fehler gemacht wird wie beim letzten Topf Raider: Wer bitte soll auf dieser Welt einen Fick geben auf drölftausend Textfiles und die alle durchlesen, während er ein twitch action game, einen waschechten rattatatatttatatat-3rd-Person-Shooter mit wohlwollend formuliert Platinum-Games-mäßigem Tempo während der Kampfszenen, zockt?

Keine Sau natürlich. Teilweise seitenlange Email-Konversationen, bei denen ich mich frage, wie wenig Leben man haben muss um das alles durchzulesen und im Grunde eh zum fünften bis xten mal dieselbe Info ("Megacorp ist böse!" "Figur XY ist ein Schüft!" "Hier nochmal das was eben in der Cutscene passiert ist, aber als Email-Dialog!" etc. etc.) nochmal erzählt zu kriegen... es ist völliger Wahnwitz. Und nimmt komplett das Tempo raus, was das Spiel eigentlich haben sollte. Hätte es ein Setting wie Vanquish und würde komplett darauf scheißen, eine NARRATIVE EXPERIENCE zu sein (Die Fluff-Schnipsel werden sogar richtig self-important "narrative objects" genannt, der bisher dreisteste Euphemismus für Textfitzelchen, der mir bisher untergekommen ist bei Games, und ich dachte ich hätte echt so gut wie alles an Bullshit gesehen), wäre das Spiel, da lege ich mich fest, der absolute Hammer. Alas...

>Die Story finde ich megadumm, leider bis jetzt noch keine "Serienfolge" gesehen, das wird sicher hart cringy.

Wenn es wenigstens das gewesen wäre. Stattdessen seltsam leblose und öde dialoglastige Scheiße. Und DAS fand ich wirklich abstrus. Konnte ich, innerhalb des Spiels zumindest, mich noch auf diesen an sich schon fast nervig monotonen Wechsel aus "nichtstun" und "heaaaaavy action" einlassen, sind die Serienfolgen der Punkt, an dem es bei mir kippte. 20 Minuten lang sichtbar teuer gefilmte, aber komplett inhaltsleere Kacke, die so behäbig wie eine Sat.1-Serie mit Archetypen umgeht (Der penible Nerd, die sexy Frau, der coole Mann... aaaaargh...) und wie eine uninspirierte midseason actionserie auf Fox nur drei Drehorte kennt: Lagerhalle, Büro und Musterhaus. Die erste Szene der "Folge" ist fünf Minuten lang, und die einzige in diesen fünf Minuten transportierte Information ist, dass eine Figur ihre Handschellen abgenommen bekommt. So geht das munter weiter: Der coole Mann muss seine Frau trösten, weil die traurig ist dass er so viel arbeitet ("You must be the busiest account manager there is!" worauf mir nur einfiel "ASSISTANT TO the regional account manager!"), und das dauert dann auch fünf quälend lange Minuten in denen wir anscheinend nur durch Stockholm Syndrom mit den beiden mitfühlen sollen, weil sonst ist da nüscht. Alles baut auf dem Effekt von "HEy, das/den hab ich eben im Spiel gesehen, neato!" auf, welcher so schnell verfliegt, dass er sich nichtmal abnutzen kann. Ich kriege ungelogen Kopfschmerzen davon, mir beim Gucken der Tatsache gewahr zu werden, wie unfassbar viel Geld und Arbeit für diesen völlig wirkungslosen Plumperquatsch draufgegangen sind, und Charakterdarsteller Dialoge führen zu hören, die in ihrer Redundanz und Inkohärenz sogar mit dem "Kommissar" Erik Ode mithalten können. Es ist so peinsam, den echten Lt. Daniels diesen Actionspiel-Verschwörungsplot-Banter mit dem echten Littlefinger austauschen zu sehen, und das schlimmste ist: Ich muss mich korrigieren! Es ist nicht völlig wirkungslos, es bremst das Spiel nämlich so stark ab, dass es komplett zum stehen kommt, sich dreht, in den Graben am Fahrbahnrand knallt und dort gluckernd der Motor abstirbt. Als das Spiel zwei Minuten nach dem 20minüten Serienepisodenhybridbastards mich wieder mit richtigem Gameplay konfrontierte, war ich noch so tief im Tal fallender Handlung drin, dass es mich richtig verstörte, an der Stelle das erste mal zu sterben, und hab das Spiel dann direkt ausgemacht.

Das kann nicht das "Ziel" von Games sein, dieser neurotisch schamhafte Umgang mit Gameplay und dieses extreme Übergewicht auf dem Erzählerischen. Ich hab erwartet, dass Quantum Break eine weitere Sackgasse unter unendlich vielen für das Medium sein wird, aber das es wirklich derart hardcore ein bereits seit langem totes Pferd verprügelt, das hätte ich weißgott nicht gedacht.

Alles wirkt so verstörend disproportional von den Prioritäten her... das Gameplay zu entwickeln, ging wahrscheinlich aufgrund des Knowhow des Studios schneller als ich mir das vielleicht vorstelle momentan, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, wie die narrative Entwicklung die Entwicklung des Spiels ständig gelabskaust haben muss mit merkwürdigen Designwünschen und dem gemeinsamen Anspruch, es dann doch irgendwie in einen Schlauch zu pressen, wie Wurst in einen Darm, damit jeder Bumsmongo noch mitkommt (Das Spiel schafft es trotzdem nicht, zentrale Plotentwicklungen vernünftig zu kommunizieren...). Ein weiterer Fall von "Es darf keine Rewrites geben, weil dann die eigentlichen Spieleentwickler sich bis zum St. Nimmerleinstag abfucken werden, diese Änderungen irgendwie umzusetzen", aber wie überall gibt es halt doch immer Rewrites, und es gibt den Abfuck, und am Ende versucht man einfach nur noch irgendwie fertig zu werden und das was rauskommt ist halt Wurst. Übersichtlich, vom Formfaktor her vertraut, aber weder extrem wohlschmeckend noch in der Menge genießbar.

***Diese Nachricht wurde von Felix Deutschland am 26.06.2017 11:16 bearbeitet.***
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