a gentle breeze  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 31.03.2017 21:49 Uhr
Thema: Wadjet Eye Games: Shardlight (kleine Spoiler) Antwort auf: Kampf dem Pile of Shame! Ich spiele gerade: von Icheherntion
Zunächst eine kurze Rekapitulation meiner Wadjet-Eye-Games-Experience in Ja-Aber-Vision:

A Golden Wake: Ordentliches Adventure, warum aber mit dieser Thematik (wer interessiert sich noch für Immobilienverkäufer?)???

Gemini Rue: Interessantes Szenario, kann aber dem eigenen Anspruch weder in Sachen Spielbarkeit noch Storytelling gerecht werden. Knapp gut.

Resonance (nicht von WEG): Das ist mal was anderes, aber das muss es nicht besser machen (nicht zuende gespielt).

Technobabylon: Unheimlich guter Einstieg, der aber (etwas) viel verspricht, denn das hohe Niveau konnte nicht ganz durchgehalten werden. Am Ende waren der depressive alte Knacker und seine blasse Kollegin nicht sonderlich interessant und die junge Dame entpuppte sich auch weder als empathisch oder sympathisch, was nur den Oberfiesling übrig lässt, der irgendwie rätselhaft blieb. Trotzdem ein ungeschlagen atmosphärischer Titel, schon allein wegen der Kombination aus visuellen Eindrücken und der besonderen Musikuntermalung.

Kommen wir nun zu Shardlight. Zunächst kommt das Spiel ziemlich konventionell daher: postapokalytisches Setting, eine mysteriöse Krankheit und der Rückfall in den Aberglauben (und die Tyrannei) sind so angestaubt, wie die Rostlauben, die unsere Heldin Amy auf ihrem Abenteuer begutachtet (sie ist Mechanikerin). Durch ihre ausdrucksvolle Stimme und das gelungene world-building gelingt es aber, die facettenreiche Welt für den Spieler zum Leben zu erwecken und ihn emotional am Geschehen teilhaben zu lassen. Die deutliche Kluft zwischen Ober- und Unterschicht wird dabei originell durch den Rückgriff auf vormoderne Kleidung unterstrichen. Die ungewöhnlich höflichen Lakaien der herrschenden Klasse erleichtern deren Beurteilung keineswegs -- wer sind in diesem Spiel nun die guten und die Bösen? Leider wird's im späteren Verlauf dann wieder dualistisch und die Feinheiten gehen über Bord. Ich frage mich, ob ich je ein Adventure mit besserer zweiten als ersten Hälfte spielen werde, denn auch hier werden mysteriöse Orte, die lange als gefährlich gehandelt werden, schnell durchquert und auch das (unbefriedigende) Ende ist ein wenig zu schnell erreicht.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Rätsel, die nicht so gelungen sind, wie in z. B. Technobabylon. Einerseits muss man viel Backtracking machen, dann rauscht man wieder durch viele Szenarien durch, die man nur einmal sieht. Man kann durchaus so einiges an diesem Spiel kritisieren, aber die Figuren und die Atmosphäre haben es mir letztlich dennoch angetan und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bisher liegt es damit bei mir knapp vor Technobabylon, auch wenn jenes ein objektiv besseres Spiel ist. Trotzdem hat mir Shardlight viel Spaß gemacht.

***Diese Nachricht wurde von a gentle breeze am 31.03.2017 22:06 bearbeitet.***
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