Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 18.05.2016 02:04 Uhr
Thema: Re:wo ist denn das Problem? Antwort auf: Re:wo ist denn das Problem? von Macher
>>Dass ich mir gutgemeinte Geschichte 7. Klasse-Gestaltungsversuche in Puzzle-Platformer-Form zu dem Thema nicht reinziehen mag; mitsamt didaktisch maximalwirksamer, voraussehbarer Geschichte und allen billigen Tricks emotionaler Manipulation bis hin zu Cartoon-Hunden, ist genauso mein Recht als Konsumentenrindviech wie von ostentativer Extreme-Sportsisierung des 1. Weltkriegs angekotzt zu sein. Da haben wir die ganze Prozessorpower, und es fällt einem trotzdem nix besseres ein.
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>Ich stimme dir zu 90% zu und mag es auch zum 7. Mal lesen, wie du über Battlefield-Käufer in immer wieder origineller Art lästerst aber hier solltest du mal einen Gang zurückschalten. Dixip will schon alle Kriegsspiele in eine Schublade stecken und du ziehst in deinen Call of Battlefield Rundumschlag noch Valiant Hearts mit rein?
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>Call of Battlefields erklärtes Ziel ist, maximales Ekel als Bonbons zu verpacken und für 100€ pro Stück an Kinder zu verkaufen. Valiant Hearts erzählt eine Geschichte aus dem Weltkrieg, in der man niemanden tötet und dessen größtes Verbrechen es ist, simpel und vielleicht noch durchschaubar zu sein. Verdient es deswegen so viel Verachtung, dass du dich beleidigt fühlst, dass jemand dachte, dich könnte sowas ansprechen?


Ja, da bin ich über das Ziel hinaus geschossen. Ich weiß nicht, ob ich es in diesem oder einem anderen Post relativiert oder abgemildert habe, ich wollte hier nochmal zum Ausdruck bringen, dass es mir spezifisch nicht gefällt - die Verbindung hatte ich da schon hergestellt, und das war widersinnig wie widersprüchlich. Ich stelle sie einerseits als zwei extreme enden eines spektrums dar und haue sie am ende aber in dieselbe pfanne von "magichnich, brauchichnich, willichnich". Suboptimal. Und spiegelt vor allem nicht meine Emotionen wider, die bei Battlefield 1 wirklich nach fünf Sekunden des Trailers "AUSMACHEN!" war, und bei Valiant Hearts im Grunde nur milde Langeweile und schnell erschlaffendes Interesse, aber jetzt keinen Hass oder so. Ich bin temperamentvoll!

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>Nicht jeder hat so wie du alle Filme der Welt gesehen und wertet 90% der versuchten Manipulation (die in fast jedem Film existiert) als billig. Und es ist auch OK so. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte weniger Filme gesehen, dann würden mich auch mehr Filme berühren. Zum Beispiel Toy Story: der Rotz, den nur Leute gut finden können, die noch nie einen Disney Film gesehen haben. Und es gibt Leute auf der anderen Seite des Grabens, bei denen noch nicht angekommen ist, dass Schwulsein keine Dritten schadet und dass Krieg (drumroll) schlecht ist! Mit Subtilität kommt man bei solchen Leuten nicht an. Und wenn es vielleicht drei Leute auf der Welt gibt, die sich wegen des Spiels etwas mehr Gedanken über das Thema gemacht haben, ist es denn so schlecht, dass das Spiel existiert?


Point taken.

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>>Ich will Spaß haben. Ich will nix lernen, ich will nicht in eine Welt eintauchen wollen in die kein normaler Mensch mit drei Gehirnzellen eintauchen
>>...
>>Es gibt halt Momente, und die kommen ausschließlich aus dem Indie-Bereich, weil Leute da halt dazu angehalten sind frei und kreativ zu denken, die sind wirklich transzendent. Sowas wie "Papers, Please", wo der Titel schon ein Scherz ist, über den der, der ihn erzählt, seit langem nicht mehr lachen kann. Da hast du dann die Verheißung einer unspielbaren Kuriosität mit den Mitteln eines Terry-Gilliam-Gags, die plötzlich unvermittelt anfängt, hardcore realistisch zu sein und einem lachhafte Steine in den Weg wirft indem es den selben emotionalen Hebel bedient wie Dark Souls, aber mit einer noch viel triftigeren inhaltlichen Begründung.
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>>Sowas ist smart, clever und erlaubt mir neben der Tatsache, Dinge zu sehen die ich vorher nicht kannte, auch sowas wie "echte" Erkenntnis.
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>Ich verstehe jetzt nicht, ob du sowas wie Papers Please willst oder nicht. Ernsthafte Frage.


Mehr. Ich mag den Ansatz. Im Grunde ist das kein "Serious Game", aber auch nichts, dass du als Competition spielst, sondern eine sehr simple, effektive Form von Rollenspiel durch Simulation. Es hat inhaltliche Tiefe (nicht unbedingt spielerische) weit über das Szenario hinaus, weil es einfache manuelle Arbeit "simuliert" und vereinfacht, in der man sich nicht nur mit Zollbeamten verbunden fühlt, sondern mit Beamten allgemein. Ich hatte eine interessante Erfahrung in erster Linie in Bezug auf Bürokratie und an zweiter Stelle erst Faschismus. Ich finde es extrem interessant, wenn Spiele es schaffen, dass ich eine Position gegenüber Bürokratie einnehme. Zusätzlich zu den ganzen bunten blinkenden Bildern.

Andererseits ekele ich mich ein wenig vor mir selber, sowas zu schreiben, oder schäme mich dafür, weil ich natürlich auch nicht ein Art-Game nach dem anderen zocke und Spiele wie "That Dragon, Cancer" einfach nicht spielen möchte, weil... Thematik und so weiter. Ich bin sogar latent angeödet von so Hipsterkacke, die immer auf der Suche ist nach dem neuesten Buzzword oder Mikro-Trend. Ich fühle mich nicht mehr dazu verplflichtet, ständig irgendwelche Spiele in den Vordergrund zu rücken, die man "ernst nehmen" oder für wichtig halten soll, weil ich keinen Bock mehr habe, positive Propaganda und Überzeugungsarbeit für das Medium zu machen - sei es als Predigt vor Bekehrten und/oder Gelangweilten, oder vor meinen Eltern, Ex-Dozenten oder dem Busfahrer. Es kommen nicht jedes Jahr Meilensteine heraus. Allgemein gesprochen. Mario 64 oder Half Life 2 oder wasweißich. Das meiste Gebrumme ist wohl ohnehin nur die dröhnende Leere in meinem Kopf. Aber diese Broification von realem Krieg nervt mich wirklich sehr.
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