Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 11.05.2016 19:07 Uhr
Thema: Re:wo ist denn das Problem? Antwort auf: Re:wo ist denn das Problem? von dixip
>>Dem nach Anerkennung und "Wichtigkeit", oder der Urreizbefriedigung seiner komplett asozialen Stammkundschaft.
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>Von dem Punkt "wir wollen Geld verdienen" kommst Du aber bei den AAA-Produktionen nicht weg.


Ha. Geld wollen wir alle verdienen, dieses Begehr hegen die ganz großen Publisher-Dickschiffe genauso wie du und ich.

>Das geht auch nicht, das versteh ich sogar. Die Titel kosten 20 Mio. aufwärts plus Marketing, da arbeiten 50 Leute+ 2 Jahre und mehr, da muss der Publisher auf Nummer sicher spielen. Und da sind wir wieder bei der Hauptkäufergruppe. Deshalb haben selbst storygetriebene und etwas ambitioniertere Sachen wie Bioshock Infinite, The Last of Us, Quantum Break u.ä. einen klaren Fokus beim Ballern.

Sicher. Wir müssen nicht über die metaphysische wie gegenständliche Eleganz und Praktikabilität des Kapottschieß-Konzepts als "Gameplay-Sprache" reden. Alles führt zurück zur Zielgruppe, die fordert und erwartet. Und dann kommen wir wieder zu der ätzenden Endlosdiskussion um "DEN KUNSTBEGRIFF". Aber wenn man es so runterbricht wie du, dann ist es nur folgerichtig, dass Spiele keine Kunst sind, weil sie halt eben Konsumartikel sind. Eine Klorolle ist keine Skulptur.

Ich bin selber hin- und hergerissen, weil ich dieses Gerede von "Games als Kunst" mittlerweile megaanstrengend und müßig finde. Wir sind uns ja eigentlich einig: Es gibt die XXL-Tampon-Packungen und die Milchtüten des Gamings. Unser jährlich Kot gib uns heute, FIFABFCODwhatevs.

Aber in jedem Call of Duty steckt unbestreitbar mehr gestalterische Kraft, und damit Impetus, und damit Ausdruck, als in allen Klorollen die je gemacht wurden. Die wenigsten Klorollen werden verkauft mit schmissigen Action-Comics über Nazi-Zombie-Armeen. Wenn das der Fall wäre, müssten (bzw. dürften) wir aber auch über Klorollen inhaltliche Debatten führen.

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>>Es wäre ja schon ein Schritt nach vorne, wenn man ehrlich das ganze als nahezu MP-Only-Geschichte verkaufen könnte,
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>Da sind sie ja grad alle von weg.


Äh, nein?! Battleborn kommt heute raus. Overwatch in ein, zwei Wochen. MP-only ist jüngere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Hier ein Artikel:

[http://www.theverge.com/2016/5/10/11639246/uncharted-4-cinematic-game-review-ps4-playstation]

>Einige Titel sparen sich Multiplayer komplett (AssCreed Syndicate? Rise of the Tomb Raider? Quantum Break?), die es vorher mal hatten,

AC Syndicate hatte afair Multiplayer, Tomb Raider & Quantum Break war MP ziemlich sicher nie vorgesehen bzw. würde mich jetzt interessieren, woher du diese Info hast.

>andere wie Battlefield seit 3 oder Titanfall 2 verzichten eben nicht mehr drauf.

Titanfall 1 hatte auch keinen Singleplayer. Genausowenig wie ein kleines feines Spiel namens "CounterStrike".

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>>Dass ich mir gutgemeinte Geschichte 7. Klasse-Gestaltungsversuche in Puzzle-Platformer-Form zu dem Thema nicht reinziehen mag; mitsamt didaktisch maximalwirksamer, voraussehbarer Geschichte und allen billigen Tricks emotionaler Manipulation bis hin zu Cartoon-Hunden, ist genauso mein Recht als Konsumentenrindviech wie von ostentativer Extreme-Sportsisierung des 1. Weltkriegs angekotzt zu sein.
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>Hast Du Valiant Hearts schon gespielt?


Ja. Öde. Puzzle Platformer finde ich megascheiße, die Indie-Comic-Ästhetik krampfig und um lockere Verspieltheit wie Gegenwartsbezug bemüht und irgendwie nach "25jährige Illustratorin in ihrer 30qm²-Wohnung am Kollwitzplatz mit dickem Schal und starkem Ingwertee" muffend. Dieses ganze Gedöns mit heartstrings, die sehr transparent gepullt werden, süße Hunde und möglichst süß schmeckender Didaktik, dafür habe ich mich mindestens 20 Jahre zu alt gefühlt.

Neunjährige sind definitiv ein perfektes Publikum für das Spiel. Die lernen was dabei, haben evtl. Spaß und sind nicht so verwöhnt bez. Storytelling, dass irgendwas sie daran hindern würde eine emotionale Verbindung zu der Narration aufzubauen.

>Ich nicht, fands halt spannend, weil anderer Ansatz, und hab es dank GwG nun auf der ONE-Festplatte.

Ich glaube die meisten haben das Spiel irgendwann mal über irgendein Benefit-Programm hinterhergeworfen bekommen und nie angerührt. Hm, warum das wohl so sein mag.

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>>um extravaganten Shit zu sehen, den ich noch nie gesehen habe. Ich hab keinen Bock auf den jährlichen Neuanstrich der Skybox mitsamt ekelerregendem Marketing für Bumsmongos.
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>Hört sich gut an, müsste es doch eigentlich auch noch geben, oder?


Bumsmongos? Definitiv, meistens in Discos die nahe an Autobahnzubringern liegen oder bei AfD-Kreisverbandssitzungen.

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>>"Games" sind das schon. Das Publikum wird halt oft genug dabei verloren, verständlicherweise, weil kein Mensch sowas wie "This War Of Mine" gerne spielen würde.
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>ah, hatte das heute nachmittag mobil überflogen und als Kritik an "This War Of Mine" verstanden, weil Kontext nicht kapiert. Das hab ich auch auf dem Zettel.
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Nee, DAS hab ich nie gespielt - ich will das auch nicht spielen. Das ist keine Erfahrung, die ich in form interaktiver Unterhaltung machen möchte. Ich bin ja kein Independent-Schwein, dass es möglichst kompliziert und schwierig und anspruchsvoll und "deep" haben will, im Gegenteil. Gib mir fucking Autoball oder eine ultragute Adaption von "Skate or Die" und ich bin zufrieden, in einer Art Equlibrium gar. Gebt mir mehr Spiele wie Amplitude. Ich liebe sowas. Lumines! Super. Es gibt so viele schöne Sachen, auch im von mir oft gescholtenen AAA-Gaming. MGSV war fucking grandios. Das ist auch Gunporn für Idioten, aber ein supergeiles Spiel mit sehr befriedigenden Gameplay-Loops irgendwo zwischen Pacman und Tiny Tower, dass sich die Mühe macht, den ganzen vermaledeiten CoD-Schlauch wegzuwischen und die Allmachtsphantasien mit tatsächlicher, fühlbarer Allmacht zu würzen. Ich hatte bei MGSV nie das Gefühl, eine Story eingetrichtert zu bekommen; im Gegenteil: Das Spiel hat seinen Plot wirklich ostentativ optional gemacht, was wunderbar funktionierte (weitestgehend jedenfalls, abhängig davon wie empfindlich man ggü. Misogynie und bescheuerten Handlungsumschwüngen ist) und endlich ein fühlbar überwiegender Teil der Arbeit da reingeflossen ist, wo man dem Spieler ein wirklich gutes Spiel machen wollte, und kein anstrengendes, endloses Anime-Durama.

Aber auf pädagogisch wertvollen Misery Porn habe ich, mit verlaub, keinen Bock. Und ich kann jeden nachvollziehen, dem es da auch so geht.

Ich will mir ein Kabel in meinen Schädel rammen, aus dem Endorphine rauskommen.

Irre eigentlich, dass ich dem ganzen mit genügend Geld sogar ziemlich nahe kommen kann heutzutage.

Aber das ist eine Diskussion, die fernab von CoDs und Battlefields geführt wird.

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>>Ich will nicht, dass alle Spiele so sind. Aber die Möglichkeiten existieren, streng genommen auch jenseits von technischen Quantensprüngen. Diese Gezwungenheit zum Lärm, zum Stopfen der Mäuler, das kocht regelmäßig sich gegenseitig ungut befruchtendes Verhalten und Erwartungen hoch, die nichts anderes sind als das sinn- und geistlose Verbrennen von Energie auf beiden Seiten.
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>Hast Du aber im Filmbusiness so, im Profisport, eigentlich überall, das ist Kapitalismus in der negativen Form des gehetzten Mehr-mehr-mehr.
>Lösung nicht in Sicht, außer man ist bereit, auf tolle Optik und Bombast-Inszenierung zu verzichten.


Nee, man könnte einfach aufhören, diesen Markt zu bedienen. Man sagt einfach "Ich hab keinen Bock, für noch so viel Geld irgendwelche dumme Scheiße zu machen. Ich bin Softwareentwickler, ich hab eh weder Frau noch Kinder und um das ganze Geld zu verjucken, dass man mir in den Arsch bläst, habe ich eh keine Freizeit."

Einfach aufhören. Nicht auf Konzernebene, sondern auf individueller. Sich ausklinken aus dem Schweinezyklus. Das kommt so oder so irgendwann mal. Irgendwann haben sich selbst die Geldgeilsten dumm und dusselig genug verdient. Und machen dann entweder gar nix mehr (Will Wright) oder eventuell was geiles (David Braben). So wie mit der Musikindustrie. Für die, die danach kommen, ist es ohnehin irrelevant, aus welchen Gründen sich die dann in der Form nicht mehr existierende Branche zu tode gesiegt hat.

Oder halt auch nicht. Wer weiß.

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>>Und ist das einzige Spiel, das ALLE gutfinden müssen, sonst wird man erschossen. Tja.
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>Achja, anderes Thema. Ich bin der Serie bisher auch nicht verfallen, aber hab auch erst 3 Versuche Demons Souls (in der Summe unter 5 Std.) und 1 sehr kurzen Einstieg in Dark Souls hinter mir.


Bloodborne ist ganz gut, aber nicht gut genug, als dass ich es jetzt einfach aus persönlicher Antipathie gegen dessen "Attitüde" weiterspielen wollen würde. Das würde Bloodborne so passen, aber: "I'd rather not."
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