Fuse  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 06.03.2016 13:55 Uhr
Thema: Vergissmeinnicht


#tl;dr
Will remember Nilin's dazzling behind, the visual design, aesthetics and some of the worldbuilding.

Will try to forget the shallow writing and characters, the uninspired, clunky combat and utterly pointless pseudoplattforming.

6/10.

Would style over substance again.

Maybe.

#walloftext

DONTNOD's (Tenagelife Is Strange) Erstwerk ist ein lineares, storygetriebenes Actionadventure mit hohem Brawleranteil. Als unverbrauchtes Setting hat man sich ein Neo Paris in den 2080er Jahren ausgedacht. Die französische Herkunft merkt man dem Titel stilistisch an. Designtechnisch sieht alles sehr schick und elegant aus. (Was für mich auch der Kaufgrund war.) Visuell ist das Szenario frisch und streckenweise derart detailverliebt in Szene gesetzt, dass der Anblick einfach nur zum niederknien ist. Auch der orchestral-elektronische OST ist alles andere als Stangenware und passt sich gut ins Konzept ein. Audiovisuell ist der Titel m.E. 'ne überaus stattliche Ansage.

Das Universum selbst ist gar nicht schlecht ausgearbeitet und wenn man sehr großzügig ist, kann man darin sogar philosophische Fragen aufgeworfen sehen (Die Bedeutung von Erinnerungen, die hier veränderbar sind, für das Selbst.). Leider macht DONTNOD daraus zu wenig und erzählt seine Geschichte nicht so packend, wie ich mir das bei einem derart linearen Spiel wünschen würde. Zum Ende hin hatte ich häufiger den Gedanken, wie toll ein gutes RPG in dem Universum wäre.

Und dann ist da immer noch der Teil, den man ja spielt. Und trotz einer handvoll halbwegs frischer Ideen ist das Gameplaygerüst in der Summe ziemlich uninspiriert und streckenweise öde. Oder eher ermütend.
Das Kampfsystem ist effektiv ein Brawler im Batman-Stil mit etwas mehr Freiheiten. Die Art der Kombos darf man sich selber bauen. Angriffe in der Combo verursachen entweder ordentlich Schaden, heilen den schönsten Arsch der Videospielwelt, oder reduzieren die Zeit bis bestimmte Spezialangriffe wieder zur Verfügung stehen. Ohne das endlos auszuführen: es funktioniert, fühlt sich aber nicht wirklich rund an. Es ist auch nicht zuträglich, wenn man für einige Gegner Spezialangriffe mehr oder weniger *benötigt*. Das hat die alberne Folge, dass man mitunter länger mal im Kreis läuft, zwischendurch nur 1-2 Cooldown-Moves setzen kann und ansonsten mit ausweichen beschäftigt ist. Bis man nach einer halben Minute dann doch mal wieder das nötige Special zur Verfügung hat. Rinse and Repeat. Nicht schwer, nur müßig. Das nimmt dem Ganzen eine Menge Dynamik und ersetzt es mit langer Weile. (Diverse Kämpfe haben quasi ein "in sich" beschissenes Pacing.)

Überhaupt ist der ganze Ablauf sehr formelhaft. Man turnt durch enge Gassen, springt zwischen Mauern und Reklameschildern hin und her läuft durch eine enge Passage und... landet irgendwann in einem ungefähr quadratischem Bereich der nur deshalb überhaupt so gestaltet ist, damit man Platz zum Kämpfen hat. Vielleicht klingt das kleinkariert, aber ich find's dämlich 90% der Kämpfe wortwörtlich aus 100m Entfernung kommen zu sehen.

Die Klettergeschichten sind wie so häufig heutzutage reine Makulatur. Grundsätzlich gilt: Es wird jede kleine Kante markiert, an die man springen kann. Zu springen hat. Kante #2 wäre zwar faktisch genausogut erreichbar - springt man dahin, stürzt man aber natürlich in den Tod. Weil sich Nilin leider nur an der roten, der makierten, festhalten kann. Nicht an der blauen daneben. Wobei es nicht so ist, dass dies für das Vorankommen hinderlich wäre. Rücksetzpunkte gibt es alle 2 Meter.

Naja, jetzt habe ich mal wieder sehr viel lamentiert und gemeckert. Effektiv ist nichts davon gamebreaking und die Kämpfe haben mir hier und da sogar Spaß gemacht. Wenn die Zusammensetzung der Gegnertypen einen... ich nenne es mal "gut bespielbaren Flow" erzeugt haben. Manchmal reicht das eben. Stil und die noch eben passable Geschichte haben mich bis zum Ende noch erfolgreich bei der Stange gehalten.

Wenn man sich vom Design angesprochen fühlt, mit durchschnittlichem Gameplay und starker Linearität leben kann, kann man dem Titel zumindest im Sale durchaus mal 'ne Chance geben.

#fanservice summary:
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***Diese Nachricht wurde von Fuse am 07.03.2016 10:34 bearbeitet.***
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