Bullitt  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 15.02.2015 12:20 Uhr
Thema: Dem Licht geht's schlecht - Dying Light
Harran, Türkei: Ein Virus hat sich in der Stadt ausgebreitet, daher wurde Harran abgeriegelt. Für noch nicht infizierte Menschen werden regelmäßig Hilfspakete abgeworfen, um welche natürlich auch entsprechend gekämpft wird. Es gibt diverse Safe Zones, in welchen sich die Überlebenden sammeln - manchmal friedlich und mit der Absicht, sich gegenseitig zu helfen, und manchmal von eher finsteren Gesellen dominiert. Abseits der abgeworfenen Pakete halten sich die Bemühungen der Behörden offensichtlich eher in Grenzen.
Der Spieler ist Mitglied einer Hilfsorganisation und wird per Fallschirm nach Harran geschickt. Hauptziel seines Auftrags ist es, wichtige Dokumente zu sichern...

Wie der kurze Abriss der Story schon andeutet, werden von Techland mal wieder die üblichen Zombie-Outbreak-Klischees bemüht. Finde ich nicht grundsätzlich schlimm (bemüht auf "glaubhaft" getrimmte Zombie-Storys wie The Walking Dead geben mir nix), aber dann doch eher einfallslos. Wie bei Dead Island kann man sich nicht so recht entscheiden, ob man auf die Tränendrüse drücken möchte, oder  platte Witzchen reißen will.

Das Setting ist auf dem Papier sehr interessant: Wie schon gesagt geht es in die Türkei, was ein spannendes und in Spielen bisher extrem vernachlässigtes Land ist. Leider ist das erste Gebiet (in welchem man viele Stunden verbringen wird) genau das Gegenteil von interessant: Man tingelt irgendwo zwischen Plattenbau und Slums umher, alles grau und dreckig. Mag zum Zombie-Setting passen, ist aber trotzdem arg beliebig und das könnten praktisch die Außenbezirke von jeder 2nd World-Stadt sein. Bezeichnend, dass man in Reviews auch mal was von Südamerika oder Südost-Asien lesen konnte...
Später geht es in andere Gebiete, die ich bisher (rund 12 Stunden) aber nur aus einem Trailer kenne. Das sah dafür aber _deutlich_ interessanter aus als das erste Gebiet. Hier bin ich also guter Dinge, dass die Maps stark besser werden mit der Zeit.

Das "Drumherum" fand ich also in den ersten paar Stunden erstmal schwach im Vergleich zu Dead Island - vor allem weil Map und generelles Setting auf dem ersten Blick schrecklich unkreativ sind. Das zähe Tutorial tut sein Übriges dazu.

Mit der Zeit wird es jedoch deutlich besser... genau dann, wenn man die Fortschritte im Gameplay bemerkt. Das geht zwar auch nicht sofort - auf dem ersten Blick habe ich v.a. die analoge Schlagsteuerung vermisst (wahrscheinlich war ich der einzige Dead Island-Spieler, dem das Spaß machte) - aber die deutlich größere Agilität des Spielers tut dem Spiel richtig gut. Vorbei die Zeiten, in denen ein 20cm "hohes" Mäuerchen ein unüberwindbares Hindernis darstellt.
Dabei ist das jedoch nie ein Mirrors Edge, denn so einen Quark wie Wallruns etc. gibt es in Dying Light nicht. Auch ist meist nicht allzu viel Präzision nötig. Was definitiv gut ist, da präzises Springen aus der Ego-Perspektive krampfig ist. Trotzdem ist das "vertikale Gameplay" definitiv anspruchsvoller als bei Assasins Creed oder Uncharted - imho ein äußerst gelungener Kompromiss. Dabei hatte ich erst wegen der ständigen Mirrors Edge-Vergleiche Angst, dass gerade dieser Punkt nerven würde. Völlig unbegründet.

Schön finde ich, dass sich Dying Light in der Nacht komplett anders spielt als am Tag. Nachts bin ich auch nach 12 Stunden noch komplettes Freiwild, aber man kann ja auch den Schwanz einziehen und in einer Safe Zone bis in den nächsten Tag rein schlafen. Ist man trotzdem nachts unterwegs, wird man in der Zeit mit doppeltem XP belohnt... zumal auch diverse Missionen nachts durchgeführt werden sollen.

Das Kampf-Gameplay stammt praktisch direkt aus Dead Island. Die allermeisten Zombies wird man im Nahkampf zu Brei verarbeiten. Schusswaffen gibt es zwar wieder (sind auch stark), aber Munition ist knapp und jeder Schuss (oder Granate) zieht starke Infected an.
Das System für Upgrades und Reparatur der Waffen wurde im Detail verändert. Es gibt immer noch Blueprints um zum Beispiel den Baseballschläger mit Nägeln zu verzieren, jedoch sind weitere Upgrades nicht mehr mit Geld zu kaufen, sondern indem man spezielle Items verbraucht, und die Anzahl an Reparaturen ist endlich.  Letztendlich nutze ich die Waffen trotzdem ähnlich lang wie bei Dead Island, denn mit der Zeit nimmt man eh andere Waffen weil man ein höeres Level hat. Wie sich die begrenzte Anzahl an Reparaturen im Endgame auswirkt, weiß ich freilich noch nicht, denn ich bin noch lange nicht am Levelcap angelangt. Werkbänke gibt es nicht mehr, das geht nun alles direkt aus dem Inventar.

Das Levelsystem wurde insofern geändert, dass es für die 3 Skilltrees (Survival, Kampf, Agilität) auch 3 verschiedene Levels gibt. Wer also mehr klettert, wird den Agilitätslevel früher steigern können als den Kampflevel, usw... Das Survivallevel ist eher allgemein und hier bekommt man XP, wenn man Missionen abschließt, Hilfpakete einsammelt und so weiter. Gefällt mir gut.

Zu Optik und Sound sei gesagt, dass Dying Light fantastisch klingt und die Optik auch sehr gut ist, was durch das Setting leider nicht immer zur Geltung kommt. Die Lichteffekte sind definitiv toll und in der Nacht sieht es auch super aus.
Auf PC ist das Spiel aber noch nicht gut optimiert. Auch wenn ich meist an die 60 FPS rankomme, bricht es in den standardeinstellungen manchmal sehr stark ein - häufig auch an Stellen, die nicht sonderlich spektakulär aussehen. Auf jeden Fall sollte man die Sichtweite runterstellen (hat optisch kaum Auswirkungen, ist aber extrem hilfreich für die Performance).

Jo, mittlerweile bin ich doch durchaus angetan von Dying Light. An das anfangs unkreative Setting gewöhnt man sich, und mit höheren Levels hat man auch mehr gute, neue Möglichkeiten im Gameplay.
Freunde von Dead Island schlagen zu. Wer mit dem Dead Island-Setting Probleme hatte, kann auch mal einen Blick riskieren.

Christian
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