dixip  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 07.01.2012 15:07 Uhr
Thema: Castlevania - Lords of Shadow Antwort auf: "durchgezockt!" Geschichten aus dem Laufwerk - 2011-2015 von dixip
Danke danke fürs überzeugen zum dranbleiben, das Spiel wird so ab Kapitel 6 doch spürbar besser als am Anfang. Einige meiner Kritikpunkte werden wie gewünscht behandelt, z.B. werden die Reitviecher dezent eingesetzt oder die Kamera erlernt das Zoomen, um einen epischen Anblick zu liefern, und das ganz ohne Zwischensequenz, ein Wunder, oder es gibt auf einmal so etwas wie einen roten Faden, der die Kapitel sinnvoll verbindet. Und es gibt, wie ich finde, wirklich gute Rätsel in den späteren Kapiteln.

Es folgt das Aber.
Insgesamt beharre ich trotzdem bei meiner 7 von 10.

Wirklich herausragend gut macht das Spiel immer noch nichts. Es wirkt auf mich wie eine Schulklausur, bei der man (=der Entwickler) die ganze Zeit nur schreibt, was der Lehrer (=der Markt,die Spieler) hören will, ohne eigene Überzeugung und Herzblut einfließen zu lassen. LoS ist ein Potpourri an guten Elementen, das für mich einfach kein harmonisches Miteinander findet.

Da dass eine rein subjektive Sache ist, fällt es mir schwer, dass rüberzubringen, warum ich keine Liebe zu diesem Spiel empfinde. Es sind halt viele Kleinigkeiten, z.B. kleine Ungenauigkeiten in der Steuerung, wenn Gabriel in einem Bosskampf, bei ständigem Wechseln zwischen Rollen und Schlagen, mal auf den Boden schlägt, statt wegzurollen, weil die Tasten fast identisch sind. Die ganze Buttonverteilung mit Magie zum aktivieren, laufen per 2x Stick in die Richtung drücken, das funktioniert alles ähnlich zuverlässig wie die Schwertführung in Skyward Sword, also zu 94% (auf easy natürlich egal, auf ultrahard ist jeder Treffer der Gegner verheerend).

Beim Springen über Kanten werde ich von einer unsichtbaren Wand zurückgehalten, aber nur wenn ein Sprung undenkbar ist. Später versaut einem der kaum bzw. nicht steuerbare Doppelsprung normale Sprünge (Music Box und meine tausend Tode auf dem Weg zu der Trial). Absurd werden die Balanceakte, wenn ich 2 Pixel vor der sicheren Plattform noch mal ins Wanken gerate: "ohhhhhh, hilfe ich schwanke bedrohlich und werde, wenn ich nicht ganz feste RT festhalte, in den Tod stürzen, statt die 0,5 cm noch nach vorne zu gehen"....

Der später bessere rote Faden lässt den Anfang (und ich hab die ersten 6 Kapitel alle noch mal auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gespielt) nicht besser aussehen. Was ich auch merkwürdig finde, dass es am Anfang ja durchaus mal ne Zwischensequenz gibt, wo Gabriel so mit Karte im Background gezeigt wird, was so ein bißchen die große Quest, die vor ihm liegt, unterstreicht. Kommt später nie wieder. Und anfangs gibt es aufwändiger vorgerenderte Zwischensequenzen, später viel in Spielgrafik, aber trotzdem als Film (=abbrechbar; und Füllmaterial, um 2 DVDs voll zu bekommen...), dann sogar Zwischensequenzen, die anscheinend nicht als Film vorliegen und nicht abbrechbar sind.

Achja, die Kamera...
die wird ja später besser, was die Unterstützung der Atmosphäre angeht, aber fürs Gameplay taugt das störrische Biest gar nichts. Insbesondere auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad, wo einzelne Treffer von Feinden mal eben 2/3 der Energieleiste verpuffen lassen, sind Gegner im - nicht sichtbaren - Vordergrund eine Wonne. Unabhängig davon darf man sich von Präzision der Steuerung und Hilfestellung einer gelungenen Kameraführung gerne in Kapitel 7-2, mit der Trial auseinandersetzen, die verdeutlicht diverse Probleme.

Die Trials sind auch so eine Geschichte. Bei einigen muss man bestimmte Steuerungsfinessen kennen (ok, aber andererseits unsinnig, wenn man die Trials doch oft viel später angehen wird, wenn u.U. das Erlernen schon 20 Std.+ her ist und man es nie benutzt hat), bei anderen länger gegen Bosse kämpfen (ok) oder aber den Level nach Dauerspawnstellen der Gegner absuchen. Völlig bescheuert ist die Trial in Kap. 2-2: 10 Gegner killen, während man vom Spinnengift befallen ist. Es gibt eine Stelle im Level, wo es geht, und dort kommen nur 6 Gegner. Der Guide sagt: 6 killen, Spinne leben lassen, zum nächsten Checkpoint, im Menü Neustart beim letzten Checkpoint wählen, zurück zur Stelle, Gegner und Spinne kommen wieder und es geht. Dass man nebenbei immer vor der Spinne rumtänzeln muss, um endlich mal gebissen UND vergiftet zu werden... Spieldesign als Hochkultur. Und dann gibt es noch die Trials mit Zeitlimit, z.B. beim Eistitan in Kap. 1. Nur machbar mit nem Dark Crystal. Der ist aber weg, wenn man scheitert. Schade, also andere Kapitel nach den Kristallsplittern abgrasen, dann den 2.,3.,4,... Versuch starten, dass superknappe Zeitlimit doch zu schaffen.

Die Entwickler haben es geschafft, einen sehr guten God of War-Klon zu programmieren, der in Sachen Settings sehr viel Abwechslung mitbringt, spielerisch meistens gut funktioniert, die übliche Mischung aus prügeln, klettern, rätseln am Start hat und technisch auf der Höhe ist. Das Spiel ist in jedem dieser wichtigen Punkte besser als Enslaved, ohne jedes wenn und aber.

Aber es ist in seiner Feingeschliffenheit und Anpassung an den Massenmarkt auch dermaßen belanglos und sticht einfach nicht heraus. Dazu die kleinen Ungereimtheiten bzw. nervigen Sachen, wenn man mal hinter die Fassade guckt, sprich mal nicht exakt das macht, was der Entwickler vorgesehen hat (wenn das überhaupt geht, was ja meistens nicht der Fall ist). Enslaved kriegt von mir seine 8 auch nur aufgrund der Charaktere und deren Zusammenspiel, da ist es herausragend. Wer das bessere Spiel sucht und mehr God-of-War-artiges Futter braucht, sollte aber Castlevania ins Auge fassen.

Zu Beginn der NewGame+-Ära, also mit fetten Combos, die Kap. 1-~3 zocken, doch mehr Spaß, ähnlich wie in Resi 5 vergisst man overpowert spielerische Schwächen. Die ersten Kap. sind ohne diese Zusatzpower aber völlig ungenießbar, kein Wunder, dass diejenigen, die lange durch sind, die Qualen längst vergessen haben. Da war ich sogar drauf und dran, mir diesen Titel für die Sammlung doch zuzulegen (hab es derzeit nur ausgeliehen). Günstig gibt es das Spiel anscheinend nicht, 20-30 € wollen die Händler.
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