michelangelo99  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 19.10.2020 09:15 Uhr
Thema: Stephen King - The Stand - Audible-Hörbuch Antwort auf: Lesen und Spaß dabei. von Michael K.
54 Stunden King. 54 Stunden David Nathan. 54 Stunden tolle Unterhaltung. Alles vorbei.

Nach so langer Zeit kann man schon mal in ein kleines Loch fallen, wenn man die Welt wieder verlassen muss, die sich über solch einen langen Zeitraum vor dem geistigen Auge entfaltet hat. Ich versuche, das gerade mit "Die Leiche", auch von King, zu kompensieren, gelingt mir nur nicht so wie erhofft.

Mit The Stand habe ich Anfang März begonnen, da ging es mit Corona hierzulande gerade richtig los. Schulschließungen, Hamsterkäufe, Lockdown.
Da passte die Pandemie-Thematik um den Super-Virus natürlich astrein, wenn auch unbeabsichtigt, um noch mehr Stimmung aufzubauen und Parallelen zum realen Geschehen zu ziehen.

Zwischenzeitlich erschien etwas später auch noch The Last of Us 2, weshalb ich eigentlich zur Jahresmitte nur noch im Apokalyptic-Mode war.

The Stand ist neben der Turm-Reihe wohl der einzige King, den ich vorher nicht gelesen hatte. Irgendwann in den 90ern habe ich mal die afair grottige Verfilmung auf VHS gesehen, aber davon alles vergessen. In Kürze startet ja eine neue Mini-Serie dazu, die hat zumindest im Trailer schon mehr hergemacht. Mal sehen.

King hat es einfach drauf, Charaktere zu zeichnen. Natürlich nimmt er sich dafür auch mal ein bisschen länger Zeit und beschreibt vermeintliche Banalitäten zuweilen sehr, sagen wir mal, ausschmückend. Am Ende trägt das aber erheblich dazu bei, dass einem die Figuren ans Herz wachsen. Alle Figuren bekommen enorm Gewicht.

Ich will auch gar nicht großartig auf die Geschichte an sich eingehen. Die sollte jeder für sich selbst erleben, da will ich auch nix spoilern.

Es gibt irgendwann ein Minikapitel, in der King viele kleine, anonyme Tragödien beschreibt, die so eine Apokalypse mit sich bringen kann.
Da sterben Leute aufgrund vermeintlich kleiner Banalitäten, weil einfach niemand da ist, der die Probleme noch lösen könnte. Da kann jeder Splitter im Finger kriegsentscheidend sein, wenn sich dieser entzünden sollte und man dann jämmerlich an einer Blutvergiftung stirbt. Jedes Umknicken mit dem Fuß kann in einen Knochenbruch münden, der fatale Folgen mit sich bringt. Hier was Falsches gegessen, Pech gehabt, Lebensmittelvergiftung, tot.

Ich habe ja schon viel über David Nathan geschrieben, eigentlich wäre auch jetzt jede Zeile überflüssig, weil man einfach weiß, dass er immer abliefert.
Besser als in The Stand kann man es aber einfach nicht mehr machen. Da gibt es so viele vielschichtige Figuren, alt, jung, freundlich, diabolisch, scharfzüngig, geistig minderbemittelt. Nathan schafft es jederzeit, diesen Figuren Leben einzuhauchen und bringt eine unfassbare Range an Emotionen und Stimmlagen mit, das ist einfach verblüffend. Zusammen mit „Es“ seine mit Abstand beste Leistung.

War eine schöne Zeit, tolles Buch. Absolute Empfehlung.
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