membran  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 16.05.2020 14:43 Uhr
Thema: Battlestar Galactica (2004) Antwort auf: Stream, Kino, BR, DVD, TV - Ihr seht, was so kommt! von Don Cosmo
Ich gucke - nein, suchte - gerade mal wieder das Remake von Battlestar Galactica und es ist einfach immer noch so *verdammt* gut, ey. Die Prämisse kurz und knapp: Die Zylonen sind nach vierzig Jahren zurück und sehen nun aus wie Menschen. In einem Überraschungschlag vernichten sie 99,9% der Menschheit der "zwölf Kolonien". Nur einer handvoll ziviler Schiffe mit ein paar zehntausend Menschen an Bord gelingt die Flucht. Beschützt durch den letzten verbliebenen "Battlestar", einer Art Raumschiff-Flugzeugträger, der so uralt ist, dass er zum Zeitpunkt des Angriffs gerade als Kriegsmuseum eingeweiht werden sollte, ist die Flotte auf der Spur der sagenumwobenen dreizehnten Kolonie, die vor Jahrtausenden auf einem Planeten namens Erde gesiedelt haben soll.

Düster-realistisch, beschäftigt sich mit ethischen und politischen Problemen, die auftreten, wenn es nur noch ~40.000 Menschen auf der Flucht vor unsterblichen Terminatoren gibt. Übernimmt das Militär die Herrschaft oder bleiben die alten politischen Strukturen erhalten, auch wenn das heißt, dass die Familienministerin und Nummer 15 in der Abfolge Präsidentin wird? Wenn das Wasser knapp wird und die Beschaffung von Nachschub nur unter härtesten und gefährlichen Arbeitsbedingungen möglich ist, kann man die Insassen des einen Gefangenentransportschiffs wie Sklaven dazu zwingen, diese Arbeit zu verrichten? Wenn durch Zufall ein erdähnlicher Planet gefunden wird, soll einem Teil der Menschen erlaubt werden, dort permanent zu siedeln, auch wenn das die Flotte auseinanderzubrechen droht? Es gibt religiöse Elemente, manche glauben, in dem Exodus der Menschheit eine uralte Prophezeiung wiederzuerkennen. Und und und. Generell macht die Serie wenige Gefangene. Später gibt es fragile Allianzen zwischen Menschen und Cylons sowie wechselnde Loyalitäten innerhalb der Fraktionen. Menschen, die mit Cylons sympathisieren - und umgekehrt. Was mir an dem Look der Serie gefällt, ist dem Umstand geschuldet, dass das einzige verbliebende Kampfraumschiff (Battlestar) der Menschheit, eben die Galactica, nur deswegen existiert, weil es hoffnungslos veraltet ist - alle moderneren Schiffe wurden vom Gegner via Virus lahmgelegt und zerstört. Also gibt es keine vernetzten Computer, viele manuelle Hebel und Schalter; wenn eine schiffsweite Ansage gemacht werden soll, wird zum Hörer gegriffen. Es wirkt an Bord mehr wie eine Mischung aus Flugzeugträger und Unterseeboot, und irgendwie gefällt mir das total. Auch die Beleuchung ist düster, aber nicht so stylish-düster wie die neuen Star Trek Sachen, sondern dreckig-düster. Dazu kommt ein sehr, sehr guter Cast. Manche Leute, die die alte Serie geguckt haben, reiben sich vielleicht daran, dass Starbuck nun weiblich ist; ich finde den Griff super, einfach, weil es viel interessantere Stories in Tandem mit Apollo erlaubt; deren Beziehung untereinander und die Beziehung von beiden zum harten Hund Commander Adama selber (Apollo ist sein Sohn, Starbuck ist quasi wie eine Schwiegertochter). Überhaupt, Narbengesicht Adama ist perfekt für die Rolle. Zuerst als typischer Militärfutzi eingeführt (weil nun mal Krieg ist und er sinnlose Rache sucht) wird nach wenigen Folgen klar - der steht in Sachen Köpfchen einem Captain Picard in nichts nach. Vor allem die Story zwischen ihm und der neuen Präsidentin, wie die beiden über den Verlauf der ersten Staffel lernen, sich erst gegenseitig zu respektieren und schließlich zu mögen, ist toll gemacht.



Und dann sind da noch die Weltallschlachten, die zwar nur alle paar Folgen mal passieren, aber wenn, immer noch ein Hingucker sind (gut, bis auf die Explosionen, leider), auch wenn sie nun 15 Jahre auf dem Buckel haben und mit einem TV-Budget arbeiten mussten. Der für die Serie typische bei solchen Kämpfen zum Einsatz kommende Trommel-Soundtrack passt wie die Faust auf's Auge, ebenso dieses Suchen der Kamera nach Fokus von Objekten im Raum; ich mag mich täuschen, aber ich glaube, die waren damals die ersten, die das so inszeniert haben, und es ist geil. Ich mag auch, wie sie die Schiffsdesigns der alten Serie genommen und leicht geupdatet haben. Cylon Basestars, der Battlestar, die Cylon Raiders und die Vipers sehen top aus und ich fand's immer cool (weiß nicht, ob man das in dem Clip hier sieht), wie sie die Lage der kleineren Viper-Kampfschiffe mit Druckschüben aus Luftdüsen justieren, pffft-pffft-pffft!





Leider ist es etwas nervig, die "korrekte" Guckreihenfolge einzuhalten. Es ist keine Serie, wo man einfach die Staffeln durchgucken kann. Zuerst gab es eine dreistündige Miniserie (2x 90 Min), die man zuerst gucken sollte. Dann gibt es vier normale Staffeln. Und dann gibt es etwa vier oder fünf Specials in Filmlänge, die zwischen den Staffeln erschienen sind und man nachschlagen muss, wann man die genau einstreuen sollte.

Damals dachte ich, als die Serie raus kam, dass das nur so ein überflüssiger Remake-Abklatsch der Serie (1978) sein würde, die ja wiederum nur ein schneller TV-Abklatsch von Star Wars (1977) war. Aber als ich dann ein wenig später doch mal rein geguckt habe, war schon mit der ersten Folge klar, dass ich mich getäuscht hatte. In der Folge ("33"), versucht die Flotte, die Cylons abzuhängen, in dem sie mit Überlichtgeschwindigkeit ("FTL Drive" nennen sie es, hehe) wegspringen, aber die
Gegenseite brauchen immer 33 Minuten, um sie zu finden und tauchen aus dem Nichts auf. Dann müssen Galacticas Piloten mit ihren Vipers raus und Verteidigung spielen, bis die Flotte sprungbereit ist, eine Kampflandung im Hangar machen und wegspringen. Als die Folge einsetzt, geht das nun schon seit 140 Stunden so. Die müssen alle halbe Stunde raus und hauen sich Drogen rein, um das durchzuhalten. Als ich das damals geguckt hatte, war klar - ich hatte mich getäuscht. Das ist kein Abklatsch. Das ist verdammt gut.

***Diese Nachricht wurde von membran am 16.05.2020 15:36 bearbeitet.***
< Auf diese Nachricht antworten >