membran  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 08.05.2019 12:42 Uhr
Thema: Re:MK11 Werbung Antwort auf: Re:MK11 Werbung von a gentle breeze
>>MK11 ist USK 18 und darf damit normal beworben werden.
>>
>>Das Werbe- und Ausstellugsverbot gilt nur für indizierte Ware.
>>[http://www.usk.de/service/faqs/]
>
>Dann sind diese Spiele zumindest nicht mehr indiziert wie es mal Praxis war. Interessant. Danke.


Achso, ja. Das war eine Gesetzesänderung nach dem Erfurt Amoklauf um 2003 herum. Da wurden die USK Einstufungen verbindlich (ich mag mich irren, aber ich glaube fast, vor 2003 hätten Kinder grundsätzlich Shooter & co kaufen können - sofern diese nicht indiziert waren - der USK Sticker war nur ein freundlicher Elternhinweis und es lag an der Hauspolitik des verkaufenden Geschäfts, ob sie sowas an Kinder verkaufen oder nicht) und im Gegenzug wurden mit der Änderung alle Spiele mit USK Sticker immun gegen Indizierung, auch und vor allen die mit roter USK 18 Einstufung (offizieller Name nicht USK 18, sondern "keine Jugendfreigabe", aber USK18 ist griffiger, darum nennen wir es mal so). Seit 2003 gilt: Verweigert die USK dagegen einem Spiel seitdem eine Einstufung und der Publisher bringt es dennoch auf den Markt (oder eben nicht in Deutschland, aber im Ausland), so ist es schlicht zur baldigen Indizierung oder gar Beschlagnahmung freigegeben (iirc bis eine Behörde oder vielleicht sogar besorgter Bürger den Antrag dafür stellte), aber *bis* diese offiziell erfolgte, anfangs teils erst Wochen oder Monate später, kann das Spiel in Deutschland so verkauft werden, als wäre es ein USK18 Titel, also nur an Volljährige, aber normal ausstellbar in den für Jugendliche zugänglichen Verkaufsräumen. Ich nehme mal an, heute mahlen die Mühlen schneller und die Indizierung erfolgt aber auf dem Fuße, aber es wird aber auch eh kaum noch zensiert. So gut wie alle "Killerspiele" werden doch seit Jahren uncut durchgewunken, siehe eben MK11. Selbst Hakenkreuzspiele können seit der Gesetzesänderung 2018 grundsätzlich einen USK Sticker bekommen! Wobei die kommenden Wolfensteins glaube dennoch nicht durchkommen. Aber die Widerstands-Sim Through The Darkest Of Times eben als erstes Spiel schon letztes Jahr: [https://www.sueddeutsche.de/digital/computerspiele-erlaubnis-zum-hakenkreuz-1.4093574], aber nicht ohne selber Gegenwind zu bekommen: [https://www.golem.de/news/through-the-darkest-of-times-rundenbasierter-widerstand-gegen-das-dritte-reich-1808-136168.html] - "Der Botschafter von Israel in Deutschland hat gegen die Hakenkreuze in Through the Darkest of Times auf Twitter protestiert. Kurz äußerte sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) im Gespräch mit der Berliner Morgenpost: "Mit Hakenkreuzen spielt man nicht." Auch Vertreter von DGB und CDU haben das Spiel und die Verwendung von Symbolen aus der Zeit des Nationalsozialismus kritisiert".

Hinsichtlich Importen ohne USK Sticker gilt iirc Inhaltsgleichheit hinsichtlich Indizierbarkeit, aber dennoch sind die alle ab 18, weil eben ohne Sticker. Aber wenn deren deutsche, inhaltsgleiche Version einen USK Sticker hat, kann die ausländische Version nicht indiziert werden, aber nur an Volljährige verkauft, selbst wenn es die UK Version von Super Mario Galaxy ist. Anders ist es natürlich, wenn die ausländische Fassung früher die Hakenkreuze drin hatte, das wurde dann gesondert von indiziert / beschlagnahmt und die deutsche hakenkreuzfreie Version blieb davon unberührt. Wie das alles in Zeiten der digitalen Lizenzen, Downloads über Ländershopgrenzen hinweg und mit Kiddies mit Zugriff auf Papas Paypalkonto läuft, hat glaube ich noch niemand so richtig zu hinterfragen gewagt. Im PSN Store nerven sie ja einen regelmäßig damit, seine Personalausweisnummern einzugeben, aber anderswo gehen sie wohl davon aus, dass Personen mit Paypal oder Kreditkarte volljährig sein müssen (Steam/PSN/Xbox Live Guthabenkarten im Supermarkt sind übrigens ALLE ab 18 in Deutschland), der Rest wird ggf über Geo-Sperren geregelt und die Existenz von VPN ignoriert.

Übrigens war das damals ganz schön unerwartet, zumindest für mich. Der Amoklauf war im April 2002, es folgte eine wochenlange Bild-Kampagne gegen "Killerspiele" im Allgemeinen und eben Counter-Strike im Speziellen (wenig überraschend hatte der Knecht CS gespielt) - und im Mai 2002 verkündete die damalige BPjS wider Erwarten und sehr zum Unmut von Kanzler Schröder, dass sie Counter-Strike nicht indizieren werden. Und 2003 kam dann gar die oben dargelegte Novelle des Jugendschutzgesetzes mit USK als rechtlich bindende Einstufung mit Strafe bei Verkauf an Minderjährige und Indizierungschutz für mit USK 18 eingestufte Spiele.

[https://www.heise.de/newsticker/meldung/Counter-Strike-nicht-indiziert-Update-59897.html]

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) hat sich entgegen allen Erwartungen gegen einen Antrag auf Indizierung der Half-Life-Modifikation Counter-Strike entschieden. "In dem Spiel werden in erheblichem Umfang strategische Vorgehensweisen angeboten, als auch die Möglichkeit in den Spielergemeinschaften zu kommunizieren", heißt es in der Begründung.  

(...)

Angesichts der Nichtindizierung des Actionspiels will das ARD-Magazin Monitor den ursprünglich für die heutige Sendung geplanten Beitrag "Scheinheiligkeit der Videospiel-Produzenten" nicht ausstrahlen. Man wolle das Thema neu aufbereiten, teilte Monitor auf Anfrage mit.

(...)

Dennoch weist die BPjS darauf hin, dass das Spiel nicht in die Hände von Kindern oder Jugendlichen gehört, "die auf der Suche nach einem differenzierten Norm- und Wertesystem sind", denn durch die kampforientierte Spielhandlung könnten sie negativ beeinflusst werden. Zudem dringt die Behörde auf eine rasche Novellierung des Jugendschutzgesetzes.

Andererseits "sollte bei älteren Jugendlichen angenommen werden, dass sie bereits über ein gefestigteres Normen- und Wertesystem verfügen, und sehr wohl zwischen Realität und Spiel differenzieren können", heißt es in der Begründung weiter. Die BPjS konnte sich nicht für eine Indizierung entscheiden, da "das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften gravierende Rechtsfolgen nach sich zieht, die in diesem Fall zu weitreichend wären".


[https://www.heise.de/newsticker/meldung/Schroeder-kritisiert-Nicht-Indizierung-des-Computerspiels-Counter-Strike-60041.html]

Bundeskanzler Gerhard Schröder hält die Nicht-Indizierung des Computerspiels "Counter-Strike" für ein "absolut verkehrtes Signal". Das sagte er während eines zweiten Vorgesprächs zum so genannten "Runden Tisch" am Donnerstagabend im Kanzleramt. Kurz zuvor hatte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) das Computerspiel "Counter-Strike" als nicht jugendgefährdend eingestuft.

Weiterhin habe der ebenfalls gestern dem Bundestag vorgelegte Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Jugendschutzes auf dem Treffen Zustimmung erhalten. Allerdings sprach die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der heutigen ersten Lesung davon, dass der Entwurf ihr nicht weit genug gehe. Die Fraktion vermisse demnach ein "striktes Verbot" stark jugendgefährdender Videofilme und Computerspiele.

(...)

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Christine Bergmann dafür aus, den Antrag auf Indizierung des Computerspiels "Counter-Strike" nach Inkrafttreten des neuen Jugendschutzgesetzes noch einmal zu stellen.


Hehe, und das wurde dann auch getan. 2003 bekam die ungeschnittene Version den roten USK Sticker und die geschnittene Version (kein Blut und iirc entschärfte Todesanimationen, irgendwie setzten sich die Erschossenen auf den Arsch und lösten sich auf, anstatt umzufallen) gar den gelben USK 16 Sticker. Beide Versionen waren damit unwiderruflich gegen Indizierung geschützt. Und das alles in den Monaten und Jahr nach Erfurt, das war schon bemerkenswert.

Diese von der Ministerin geforderte "Neuprüfung" gibt es nämlich auch nicht mehr, zumindest nicht im Ermessen von USK oder Ministerien; nur der Spielehersteller/Rechteinhaber selber kann eine Neuprüfung beantragen - siehe Doom 1+2, die beide 2011 nach Wiedervorlage durch Bethesda von der Liste gestrichen wurden: [https://www.schnittberichte.com/news.php?ID=2918], und als ob das nicht reichte: Die BPjM erkennt nun auch den historischen Wert des Spieles an. Doom gelte als Wegbereiter eines ganzen Genres und auch als Meilenstein im Bereich der Computerspiele.)

Das ist alles schon ok so, wie's derzeit mit den Einstufungen läuft.

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***Diese Nachricht wurde von membran am 08.05.2019 13:27 bearbeitet.***
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