Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 09.07.2018 18:26 Uhr
Thema: Re:özilgate Antwort auf: özilgate von Escobar
>Ich bin ja nie Kermits größter Fan gewesen, aber was sich der DFB da gerade erlaubt, ist an Schäbigkeit wirklich nicht zu toppen und wird dafür sorgen, dass ich mich auch Zukunft wirklich darüber freue, wenn dem Scheißladen alles mögliche mißlingt.

Ich hab nie einen Hehl darum gemacht, dass ich Özil als Fußballer sehr schätze und sein uneigennütziger Spielstil wohl immer von den Casuals als "Unbeteiligt" abgekanzelt wird, egal.

Hier haben wir es mit einem klassischen Fall von Ignoranz zu tun. Özil hat nie einen Hehl aus seiner Herkunft gemacht. Özil wünscht über Twitter einen frohen Ramadan-Beginn und alles Gute zu Eid Mubarak. Wenn man sich selbst auf die oberflächlichste Weise mit ihm als Menschen beschäftigt (Und es gibt relativ wenig Interviews oder so, der Typ ist halt nicht Lothar Matthäus, also ist die Anzahl an Kanälen und dadurch auch Mißverständnissen sehr eingeschränkt) sollte man wissen, dass es da eine gewisse grundsätzliche Verbundenheit zum Heimatland seiner Eltern gibt. Das ist nicht wertend gemeint, weder in die eine noch in die andere Richtung, es ist halt Teil seiner Persönlichkeit.

Es spricht aber Bände, wenn jemand wie Bierhoff im Stile eines "Mein Hund hat meine Hausaufgaben gefressen"-Pennälers bei den zwei Ollis im Studio steht und verlegen einräumt, dass nicht nur er selbst das WELT-Interview gegengelesen hat, sondern vier (In Zahlen: 4!) seiner Mitarbeiter. Der DFB stellt die Leute entweder danach ein, ob sie vorher bei der Sport BILD gearbeitet haben, seit 20 Jahren für die CDU im Sportausschuß des Bundestages saßen oder in einen Slim-Fit-Dreiteiler passen und "Powerpoint können", ansonsten scheinen Hardskills völlig sekundär zu sein. Von Softskills ganz zu schweigen; Reinhard Grindel ist der wohl nutzloseste DFB-Chef zumindest in meiner Lebenszeit. Dessen Verbindung zum Sport ist so stark, dass man darauf beruhend auch das Argument ins Feld führen könnte, dass ICH DFB-Präsident werden sollte. Immerhin habe ich seit Anfang der 90er mehrere (!) Spiele der Herren-A-Auswahl im TV verfolgt.

Es spricht aber Bände über das gesellschaftliche Klima im Land und das Binnenklima beim DFB. Letztgenannte wissen, das Özil quasi seit 2008 unter Casualguckern als "Schönwetterspieler" verrufen ist und er das in seiner Karriere auch nicht mehr ändern würde, also ein sehr naheliegender "fall guy" für jegliche Art von Fail. Bei jemandem wie kein Plan Mario Gomez, der imho mit zwei oder drei vergebenen 100%-Chancen imho erheblich gravierender verkackt hat, fällt es halt schwer, irgendwelche Besorgte-Bürger-Quatschnarrative von einer vermeintlichen Liebe zum "Irren vom Bosporus" zu konstruieren und entsprechend sofort als offener Rassismus lesbar.

Interessant ist zum Beispiel, dass es Jerome Boateng gelungen ist, die Kritiker zum Schweigen zu bringen. Ich hab bei dieser WM niemanden vernommen, der sich an ihm abarbeitete. Und das zeigt auch, wie stupide zur Zeit alles mögliche vom völlig verblödeten politischen Tagesgeschehen getrieben wird. Hätte er sich im Vorfeld mit Nana Akufo-Addo fotografieren lassen, hätte jeder Deutsche (Mich inbegriffen) googlen müssen, ob man diesen Staatslenker hassen soll, weil er gegen unsere abendländischen Werte verstößt. "Erdogan" ist aber mittlerweile selbst schon so omnipräsent, dass er zur selben dogwhistle wie "Putin" oder "Trump" verkommen ist, und in den medienverstrahlten Spatzenhirnen einer Nation, die den täglichen Konsum der tagesschau für ausreichend hält, um auf dem neuesten Stand zu sein und voll die Checkung zu haben, ist es halt ein leichtes, das eine Buzzword mit dem anderen zu verbinden. "So einfach ist das!" etc. pp., eine Nation voller Schobers, die sich aus einem Eimer gefüllt mit Hörensagen ihre hahnebüchenen Weltbilder per Pastiché zusammenkleben.
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