Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 31.01.2018 06:35 Uhr
Thema: Re:Pro Bowl 2018 Antwort auf: Re:Pro Bowl 2018 von Sascha
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>> Naja, es mussten relativ viele Spieler zum Concussion-Protocol, teilweise mit
>> Nachdruck. Einige (die meisten?) durften danach auch nicht mehr aufs Feld, was
>> ja bedeutet, dass Anzeichen einer Gehirnerschütterung da waren. Einige Helmet-
>> to-Helmet-Hits sahen auch sehr heftig aus.
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>Das Geräusch dazu ist auch immer übel. Plock.


Weswegen Football auch den Weg von Stierkampf und Bareknuckle Boxing gehen wird. Über kurz oder lang.

Irgendwann hat niemand mehr Bock darauf, für ein paar hunderttausend Euro mit Ende 30 als Körperfreak zu enden oder wegen (mushy) brain demons seine ganze Familie abzuknallen. Das ist so eine typisch anglo-christliche sportart, wo das Leiden und das Abfucken der Protagonisten fürs Publikum dazugehört (Einer der frühesten Simpsons-Gags, die bei mir hängen blieben, war der mit den NFL-Videos mit den besten Sportverletzungen, und das war kein Plan 1992 oder so...) und einerseits eine öffentliche Demonstration von Tugend ist, bei der man auch ein paar Heldengeschichten erlebt, aber auch zeigt, wie sehr man für eine Ideologie zu leiden bereit ist, und die ist in dem Fall völlig unverklausuliert und erheblich offener als bei jedem anderen Ereignis ausser vielleicht den Oscars die Überlegenheit der "Idee" bzw. Ideologie "Amerika". So wie wir unsere Fußballer und Tschetschenien seine UFC-Kämpfer hat, hat Amerika seine Handeier. Bei denen donnern nur in einer Sportart F-22-Jets übers Feld, und das ist nicht Eishockey. Man stelle sich vor, beim DFB-Pokalfinale würde ein Geschwaderzug von nem Leopard-Panzerbattaillon übers Feld tuckern. Es geht um völlig andere Dinge, als das irgendwelche jungen Fleischberge da unten sich ihr Hirn zu Entengrütze klotzen lassen. Leider.

Die Sportart, die die NFL anbietet, wird unattraktiv. Das Zepter wird, wie beim Pro-Wrestling in den 90ern, an eine Organisation weitergereicht, die ein konkurrenzfähigeres Produkt bereitzustellen in der Lage ist. Und da bedeutet Konkurrenzfähigkeit eben, dass die Leute sich bitteschön wieder so männlich zu zerhacken haben wie Anfang der 90er, wo jeder und seine Mutter auf den krassesten Rhoids unterwegs waren und sich ihrer Anabolikatitten bei irgendwelchen italienischen Hinterhofchirurgen entledigten.

Ich weiß noch, wie die Sportart ihren ersten Popularitätsschub im Zuge von Al Bundy hatte. Da war ich auch bei einigen Live-Spielen als kleiner Knöpsel dabei, acht Jahre dürfte ich da gewesen sein und ich hatte da voll Bock drauf, aber die Sportart galt damals noch als überhart und US-Kuriosität, wo das halt kulturelle Gründe hat irgendwas abzufeiern wo sich 130-Kilo-Pakete gegenseitig versuchen, die Wirbelsäule zu verbiegen und irgendwo zwischendrin noch so ein Ei-Ball unterwegs ist. Dann war diese Denkensart so absurd, wie bei McDonalds Teller und Besteck zu verlangen, und jetzt setzt sich das alte Wissen dann doch durch, dass regelmäßige Schläge gegen den Schädel nicht das Denkvermögen erhöhen, sondern eventuell eher so Schüttel-Shake-esque wirken. Da durfte ich bis ich 12 (oder 14?) war nur Flag Football spielen. Sechs Jahre nur nachlaufen mit anfassen? Laaaaame! Ich wollte natürlich sofort mit voller Kampfkoloss-Uniform andere dicke Bengels wegpfeffern, aber nichts dergleichen. Fast so, als wäre das, was im Mutterland des Handeis zelebriert wird, nicht nur mit gewisser pädagogischer Obacht zu betrachten, sondern auch gleich aus PR-Gründen strenger zu handhaben als im Mekka selbst. Und dabei hatte mir die Popkultur gezeigt, dass selbst Bill Cosbys fünfjährige Serientochter sich in voller Montur in den Blood Bowl stürzen darf! Also machte ich in Ermangelung rheinländischer Eishallen Feldhockey, weil ich dachte, DAS wäre cool (Geht so).

Aber allein das beweist für mich, dass dieses Risiko des ungebremsten Vollkontakts bereits damals virulent genug war, sich in Deutschland überhart (nach damaligen Maßstäben) in der Jugendarbeit niederzuschlagen, allein als Vertrauensmaßnahme. Aber dieses "Spartaaaaa"-Männlichkeitsding hab ich dann später noch in den bewundernden Blicken oldschooligster Turnvater-Jahn-Sportlehrer funkeln sehen, als einer aus meiner Schule, der echt ein absolter Schrank und rechteckiger Masse-Freak war, bei nem Hamburger Footballteam als Linebacker anheuerte, während er Abitur machte. Es ruht eine gewisse roh-emotionale Faszination darin, zwanzig extrem massive Körper aufeinander krachen zu lassen und einfach zu gucken, wer stehen bleibt. Es ist eine Wall of Death mit Schiedsrichtern. Punkt.
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