Seriös  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 21.01.2018 16:56 Uhr
Thema: Re:"Was sind Future Simpsons?" Antwort auf: Re:"Was sind Future Simpsons?" von Felix Deutschland
>>Nicht ohne die Bedeutung des Wortes komplett zu überschreiben.
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>Die Behauptung ist mehr als ein bißchen wieselig, wenn man gleichzeitig offen lässt, wie eng man den Begriff (Ich gehe mal davon aus, dass "Rassismus" gemeint ist) definiert.


Ich bin überzeugt dass es unmöglich ist ein nicht verrücktes Argument dafür vorzulegen dass Apu rassisitsch ist.


>>Treibt dir ein deutscher Akzent die Zornesröte ins Gesicht?  
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>Nee, aber ich finde die Art, wie Amis immer sehr leicht alle möglichen Arten von Akzent für jede einzelne Nationalität als SUPERLUSTIGE Imitation parat haben, aber in der Regel keine andere Sprache beherrschen als Englisch


Bayern, Sachsen, etc. Imitationen sind nicht lustiger, haben hier aber auch niemals jemand gestört, scheint nicht an den Amis zu liegen.


>>Ich hab einen ziemlich deutlichen Akzent auf Englisch, viele Inder auch.  Das alleine ist kein Problem.
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>Nö, siehe zB Kumail Nanjani. Es ist ja sein eigener Akzent. Who cares. Hank Azaria hingegen ist Ami. Unterschied.


Wenn er den Akzent gut nachahmt sollte es für die Bewertung des Charakters nicht von Gewicht sein aus welcher Kehle er kommt.  Wenn die Rolle rassistisch ist wäre sie das auch wenn sie von einem Inder gespielt werden würde.


>Sicher, aber es dürfte klar sein, dass die Schnittmenge "Simpsons-Autoren" und "Weiße männliche heterosexuelle Ivy-League Smartasses" gewaltig größer ist als die zwischen "Amerikaner indischer Abstammung" und "Millennial Partycrowd, die von den Eltern alles in den Arsch geschoben bekommen". Und von dieser großen Schnittmenge einer kleinen Gruppe aus geht halt das Machtgefälle, die Deutungshoheit deiner Ethnie, hinab zu eigentlich dieser gesamten, jetzt nicht derart winzigen Gruppe Menschen.

Und die meisten dieser weißen Bosse und Kreativen sind Juden in Hollywood.  Manche Ethnien sind eben ungleich auf Professionen verteilt ohne dabei sozioökonomisch benachteiligt zu sein.  Die Inder sind währenddessen CEOs von Fortune 500 Firmen, Anwälte, Ärzte... manche  sind jetzt auch erfolgreiche Comedians und TV Personen.  Es liegt aber auf der Hand dass eine Minderheit die jetzt 1% der Bevölkerung ausmacht nicht mehr als eine Handvoll Stars in einer Branche aufweisen SOLLTE in der wirklich alle Ethnien im Einklang mit dem Census repräsentiert sind (warum auch immer das wünschenswert sein sollte).  Auf jede Mindy Kaeling sollten statistisch gesprochen 99 Comedians kommen die keine Inder sind.

>>Eben, Apu wurde vor 30 Jahren gemacht, soweit ich weiß gabs nichts vergleichbares zu der Zeit.
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>Doch klar, nur eben nicht im Bereich Animation. Es gab ganze Sitcoms über den Culture Clash "Primitivling aus dem Ausland kollidiert mit dem geschäftigen Leben in den großartigsten USA aller Zeiten" wie "Ein Grieche erobert Chicago", es gab Latka in "Taxi", Fes in "That Seventies Show", du hast überall deine "wacky fuhrenners". Stark variierend, was den Erfolg ihres gestalterischen Ziels anbelangt und allesamt mehr als ein bißchen aus der Zeit gefallen.


Eben?  Apu war ein ziemlich straighter Charakter und eben nicht der Wacky Foreigner, zumindest nicht gemessen an Simpsons Standards.


>>Es ist die Logik der Identity Politics.  
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>Fair enough. Ich halte Identity Politics nicht für "gefährlich" und die Wirkmacht ihrer Fürsprecher für sehr arg eingeschränkt, rein aus realpolitischen Erwägungen. Ich kann jeden verstehen, der davon abgenervt ist (Ich bin es nicht).


Ich bin davon genervt und halte es auch strategisch gesehen für extrem kontraproduktiv, ich würds gern wieder ignorieren, aber wenn es die Ideen bis in die NYT schaffen geht das nichtmehr wirklich.


>Bleibt ihm imo auch unbenommen. Ich finde es durchaus relevant, zu beachten, dass solche Figuren eine sehr sehr sehr lange Zeit lang gar nicht von Indern geschrieben werden konnten. Und das ist ein nicht irrelevanter Mißstand und auch eben Kontext, der es wert ist, festgehalten zu werden.

Sieh dir die Zensus Zahlen aus dem Jahr 1960, 1970, 1980, etc. an.
"Prior to 1965, Indian immigration to the U.S. was small and isolated, with fewer than fifty thousand Indian immigrants in the country." [https://en.wikipedia.org/wiki/Indian_Americans], 1980 hattest du ungefähr 350,000, 1990 ungefähr 800,000, so gut wie kein Erwachsener in 1990 war ein Second Gen. US Inder, ich schätze mal dass es auch in den USA Leute wie Rushdie gab, nur schreibt ein 1st Gen Intellektueller keine 80er Sitcoms.


>>Und dabei wird auf eine Figur geschissen die im damaligen Kontext halbwegs realistisch (für Simpsons Verhältnisse) und in keiner Weise schlechter als andere Figuren der Serie behandelt wurde.  
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>Natürlich wurde sie "schlechter" behandelt als andere Figuren, weil Apu eine sehr kleine Nebenfigur war


Was aber nichts mit seiner Hautfarbe oder Herkunft zu tun hatte.

>>Darüberhinaus ist Problem with Apu eben kein Einzelfall, gelingt es einem Pakistani eine kompetente Romantic Comedy auf die Beine zu stellen brauchste nur bis drei zählen bis sich jemand darüber beschwert: [https://www.nytimes.com/2017/07/23/movies/the-big-sick-south-asian-identity-and-marriage.html]
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>Ah ja. Hatte ich mitbekommen. Ich finde, gerade der Film ist so stark, dass er den Dissens aushält, aber selbst wenn er schlechter wäre - man mag mit diesen Stimmen nicht übereinstimmen, aber ich tu mich schwer, sie gleich als lächerlich abzutun.


Ich finds nicht lächerlich, ich finde es borderline krankhaft die Welt unter diesem Blickwinkel zu betrachten und sehe weder für die Umwelt wie auch das Individum Vorteile darin, außer man schreibt Thinkpieces oder ist ein linker Uni Professor und hat darauf seine Karriere aufgebaut.  Nanjiani hätte sich 1999 auch die Situation ansehen können, sich sagen können "Die USA sind rassistisch und werden mir nie ne Chance geben" um sich dann für Colonialstudies an der Columbia einzuschreiben.  Hat er nicht gemacht und jetzt hat er ne Stimme im Show Business.

Natürlich kann man darauf mit "Horatio Alger!" kontern, aber die Realität ist zwischen Horatio Algerismus und den Kept Down by the System Geschichten der akademischen Linken.  Und als Strategie scheint der Horatio Alger Ansatz der einzige zu sein der verlässlich Ethnien aus dem Ghetto und in die Führungsetagen holt, insbesondere wenn Primärmerkmale wie Hautfarbe und Geschlecht (oder früher Religion) entwertet werden und nicht als Quelle der eigenen Identität herhalten.

Wer dauernd darüber schreibt was es bedeutet ein uvw of xyz zu sein stärkt dagegen die vermeintliche Wichtigkeit dieser Primärmerkmale und alle Gruppen werden sich zunehmend fragen was es bedeutet ein abc of dfe zu sein.  Und keine dieser Gruppen wird mehrheitlich akzeptieren sich als den großen Buhmann zu definieren.  Man sollte als gut überlegen ob diese Strategie zum Ziel führen kann.
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