Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 21.01.2018 13:26 Uhr
Thema: Re:"Was sind Future Simpsons?" Antwort auf: Re:"Was sind Future Simpsons?" von Seriös
>>>Nö, rassistisch ist an Apu gar nichts (zumindest Classic Simpsons), das zu behaupten _ist_ illegitim, dementsprechend wird meistens eher das nichtssagende "problematic" benutzt.
>>
>>Ich mein, man kann das sehen wie man will, solange man es für Aussenstehende plausibel begründet.
>
>Nicht ohne die Bedeutung des Wortes komplett zu überschreiben.


Die Behauptung ist mehr als ein bißchen wieselig, wenn man gleichzeitig offen lässt, wie eng man den Begriff (Ich gehe mal davon aus, dass "Rassismus" gemeint ist) definiert.

>>Ja sicher, aber auf eine Art und Weise, wie sie nur weiße Richkids von Harvard schildern würden. Und der Synchronjob von Hank Azaria... man muss das schon bewusst ignorieren, wenn man sich ungläubig fragt
>
>Treibt dir ein deutscher Akzent die Zornesröte ins Gesicht?  


Nee, aber ich finde die Art, wie Amis immer sehr leicht alle möglichen Arten von Akzent für jede einzelne Nationalität als SUPERLUSTIGE Imitation parat haben, aber in der Regel keine andere Sprache beherrschen als Englisch, damit sogar kokettieren und sie ihrerseits davon ausgehen, dass man sie trotzdem überall liebt. Das steckt bei sowas immer mit drin. Es macht mich nicht wütend, ich finde es ermüdend und mittlerweile oft genug als Beleg für deren nicht selten sehr aggressiv zelebriertes Nixblickertum.

>Ich hab einen ziemlich deutlichen Akzent auf Englisch, viele Inder auch.  Das alleine ist kein Problem.

Nö, siehe zB Kumail Nanjani. Es ist ja sein eigener Akzent. Who cares. Hank Azaria hingegen ist Ami. Unterschied.

Auch 1990 oder so hätte man echte Inder mit echtem Akzent casten können. Am Geld dürfte es nicht gelegen haben.

>>, warum um alles in der Welt sich Amerikaner indischer Abstammung da bei aller Vielschichtigkeit der Figur durchaus trotzdem verhohnepiepelt vorkommen könnten.
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>Du meinst Rich Kids die auf der LSE waren und mit dem Silberlöffel im Mund in NYC aufgewachsen sind. ;)  Das Spiel können auch zwei spielen.


Sicher, aber es dürfte klar sein, dass die Schnittmenge "Simpsons-Autoren" und "Weiße männliche heterosexuelle Ivy-League Smartasses" gewaltig größer ist als die zwischen "Amerikaner indischer Abstammung" und "Millennial Partycrowd, die von den Eltern alles in den Arsch geschoben bekommen". Und von dieser großen Schnittmenge einer kleinen Gruppe aus geht halt das Machtgefälle, die Deutungshoheit deiner Ethnie, hinab zu eigentlich dieser gesamten, jetzt nicht derart winzigen Gruppe Menschen.

>>Parks & Rec hatten mit Tom Halverford eine vom ersten Moment an viel spannendere Figur, aber natürlich auch mit dem Vorteil, zwanzig Jahre später entstanden zu sein.
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>Eben, Apu wurde vor 30 Jahren gemacht, soweit ich weiß gabs nichts vergleichbares zu der Zeit.


Doch klar, nur eben nicht im Bereich Animation. Es gab ganze Sitcoms über den Culture Clash "Primitivling aus dem Ausland kollidiert mit dem geschäftigen Leben in den großartigsten USA aller Zeiten" wie "Ein Grieche erobert Chicago", es gab Latka in "Taxi", Fes in "That Seventies Show", du hast überall deine "wacky fuhrenners". Stark variierend, was den Erfolg ihres gestalterischen Ziels anbelangt und allesamt mehr als ein bißchen aus der Zeit gefallen.

>>Sorry, aber allein diese an sich schon reduktive Hintergrundgeschichte ist ein totales Klischee, ein abgegriffener Trope. So wie Taxifahrer immer Türken sein müssen, die in ihrer Heimat Physikprofessoren waren, weil sweet sweet dramatic irony usw. usf.
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>Kontext.  Apu wurde zu einem Zeitpunkt geschrieben als du einen Mords Influx aus den GUS Staaten etc. hattest und diese Form der Wirtschaftsmigration eben nicht nur ein Klischee war, wobei es gut möglich ist dass bei Apu der H-1B Visa Mann mit dem mittelqualifizierten Pakistani Shopowner amalgiert wurde.  Wobei der Dad vom Problem with Apu Typen zB. so ein Mittelding zu sein scheint (Doktor der unter seinen Qualifikationen in nem Labor arbeitet). [https://en.wikipedia.org/wiki/Hari_Kondabolu]
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>>Aber da das eh alles Sekundärtext und Analyse ist, deren Impact auf die eigentlichen Werke weißgott gering ist (In der Regel ist die Arbeit am analysierten Text längst beendet), steht immer noch die Frage im Raum, wieso einen etwas so aufregt?
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>Es ist die Logik der Identity Politics.  


Fair enough. Ich halte Identity Politics nicht für "gefährlich" und die Wirkmacht ihrer Fürsprecher für sehr arg eingeschränkt, rein aus realpolitischen Erwägungen. Ich kann jeden verstehen, der davon abgenervt ist (Ich bin es nicht).

>Der Anspruch vom Problem with Apu Typen ist mindestens indirekt dass Inder nie von Weißen geschrieben werden sollten.  Aber selbst das reicht noch nicht, auch die bereits existierenden Kreationen müssen retroaktiv mindestens "problematic" sein.

Bleibt ihm imo auch unbenommen. Ich finde es durchaus relevant, zu beachten, dass solche Figuren eine sehr sehr sehr lange Zeit lang gar nicht von Indern geschrieben werden konnten. Und das ist ein nicht irrelevanter Mißstand und auch eben Kontext, der es wert ist, festgehalten zu werden.

>Und dabei wird auf eine Figur geschissen die im damaligen Kontext halbwegs realistisch (für Simpsons Verhältnisse) und in keiner Weise schlechter als andere Figuren der Serie behandelt wurde.  

Natürlich wurde sie "schlechter" behandelt als andere Figuren, weil Apu eine sehr kleine Nebenfigur war, die erst später mehr Raum bekam (Wie alle Nebenfiguren), weil den Autoren vergleichsweise schnell die Figuren ausgingen. Ich teile jetzt auch nicht die Wertung innerhalb der ganz natürlichen Figurenhierarchie, aber man muss diese natürlich auch mitdenken.

Und selbstverständlich waren damals Serien über indisch-amerikanische Protagonisten, besonders animierte, undenkbar. "Sanjai & Snake" bekam und bekommt btw. immer noch hate von den ganzen MAGA-Chuds und Anime Nazis deswegen, weil viele aus diesen Gruppen damit aufgewachsen sind. Es hat ja eine Entwicklung stattgefunden, aber die wird dann wieder als Beleg für die Salamisierung des Abendlandes und die inakzeptable rassische Durchmischung der eurozentrischen amerikanischen Kultur herangezogen. Natürlich sind stur akademische, trocken theoretische Identity Politics nicht das wirksamste Mittel gegen eine generell rassistische Kultur, aber sie sind weder komplett unnütz noch eine Sache, die das Leben aller irgendwie verschlechtern würde. Es sei denn, man will sein Zen davon verschlechtern lassen.

>Darüberhinaus ist Problem with Apu eben kein Einzelfall, gelingt es einem Pakistani eine kompetente Romantic Comedy auf die Beine zu stellen brauchste nur bis drei zählen bis sich jemand darüber beschwert: [https://www.nytimes.com/2017/07/23/movies/the-big-sick-south-asian-identity-and-marriage.html]

Ah ja. Hatte ich mitbekommen. Ich finde, gerade der Film ist so stark, dass er den Dissens aushält, aber selbst wenn er schlechter wäre - man mag mit diesen Stimmen nicht übereinstimmen, aber ich tu mich schwer, sie gleich als lächerlich abzutun. Afair hat Nanjani diese Kritik auch irgendwann mal aufgegriffen und kommentiert, auf diese "Ich höre euch, aber ich seh's halt anders, weil der Film in erster Linie über diese konkrete Romanze mit meiner jetzigen Frau geht und weniger um Rasse, wobei Rasse natürlich auch eine Rolle spielt, aber eben halt nicht jeden einzelnen Aspekt dieses Films prägt"-Art. Was okay ist! Ich finds gut, wenn es zu einer gewissen Dialogizität kommt, und ich denke, wir können da alle nur von profitieren, wenn diese Kommunikation in gegenseitigem Respekt abläuft. Ich finde die meisten dieser Identity-Politics-Thinkpieces nämlich sehr unhysterisch und unaggressiv, das sind in der Regel keine Kampfschriften mit Schaum vor dem Mund, sondern (sicherlich angepisste) durchformulierte Texte, bei denen man merkt, dass da jemand ein persönliches Anliegen leidenschaftlich, aber kohärent vortragen will. Was okay ist! Ein Publikum, das höhere Ansprüche stellt, kann so für besseres Fernsehen sorgen.

Natürlich gibt es auch hochtoxische Varianten von derlei ideologisiertem "Fan-Feedback", die kommen aber in der Regel vom anderen Ende des politischen Spektrums.

>>Ich hab den Artikel gar nicht gelesen, weil was soll der Quatsch. Die Überschrift allein! Trotzdem finde ich es dann doch etwas lächerlich, wie in dem Tweet, über den ich auf den Artikel aufmerksam wurde, in den Drunterkommis sich über den Autor des Texts lustig gemacht wird:
>
>Ich denke du benutzt Twitter falsch, der Service ist halbwegs nützlich um Links und Retweets zu Links zu interessanten Sachen zu bekommen, aber als Spiegel der Gesellschaft oder Diskussionsplattform ist er (für mich) komplett unbrauchbar.


It can be different things for different people.
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