Bullitt  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 10.12.2017 18:14 Uhr
Thema: Es kann nur besser werden Antwort auf: WTCC tot, DTM bei Sat1 von dixip
>Und die WTCC ist tot, wird aber quasi wiedergeboren als WTCR. Nicht mehr offiziell als FIA Weltmeisterschaft, ohne Werksteams (!) und mit Autos nach dem TCR-Reglement.

Einerseits schade, weil die aktuellen Tourenwagen vom Konzept her spektakuläre Fahrzeuge waren, und trotzdem stabil genug, um damit Tourenwagensport zu betreiben, wie es sein soll: Als Kontaktsport.

Auf der anderen Seite hatte die WTCC ziemlich grobe Schnitzer in der Organisation, und der Boom in den Nuller-Jahren kam eher zufällig, weil zufällig Alfa, BMW und Seat anfangs relativ gleich stark waren. Das änderte sich aber schon bald, als Seat irgendwann mit dem Diesel um die Ecke kam, und das Reglement es nicht schaffte, hier Chancengleichheit zu schaffen. Das Dieselverbot kam dann zu spät (bzw. man hätte den nie erlauben dürfen), und als VW keinen Bock mehr hatte, gab es eigentlich seit dem immer nur noch einen Hersteller, der Titelfähig war... weil kein anderer Hersteller mehr riskieren wollte, in dieser schon absteigenden Meisterschaft nur zweiter zu sein, und damit nie wirklich viel investiert hat. Chevy füllte eher zufällig die Lücke, welche Seat hinterlassen hat. Citroen hat dann wieder mit viel Aufwand und Geld den Sport betrieben, und prompt alles platt gemacht - wahrscheinlich auch schon die ersten Sargnägel der WTCC eingeschlagen. Auch nicht gut für die Serie. Das aktuelle Honda-Engagement war von Anfang an eher von Honda toleriert als wirklich gefördert und daher mit begrenzter Durchschlagskraft. Es spricht Bände, dass sie trotz guter Fahrer (also Tarquini und Michelisz - von Monteiro habe ich noch nie viel gehalten) das Vakuum nicht nutzen konnten, welches Citroen hinterlassen hat. Volvo hat den Titel dieses Jahr dann folgerichtig auch eher im Vorbeigehen mitgenommen.

Es kann nur besser werden. Auch die TCR haben mit rund 350 PS Leistung, die durchaus ausreichend sein sollte. Da sie ansonsten eher billig gemacht sind ohne große aerodynamische Spielchen, sollten es auch gute "Banger" sein. Alles keine schlechten Voraussetzungen, wenn man Tourenwagensport betreiben will.

Dass es keine Werksteams mehr geben wird, mag aus der Not geboren sein, ist aber nichts desto trotz imho absolut richtig und wichtig. Es wird immer Teams geben, die mehr Erfolg haben und damit auch Zugang zu den Hintertüren der Werke haben werden, aber auch diese werden nie so dominieren können wie die Diesel-Seats oder die Citroens in diversen WTCC-Jahren. Vor allem kann sich theoretisch jedes Team diesen Status erarbeiten, während in anderen Serien die offiziellen Werksteams immer unantastbar bleiben werden, selbst wenn sie nur mäßige Arbei leisten.
Dass Motorsport ohne Werksteams funktioniert, zeigt die GT3-Szene, welche damit eine lebensfähige Nische besetzt, und GT3 Autos sind weltweit im Einsatz. Wenn man etwas weiter guckt, dann kann man bei der Nascar sehen, wie auch Mainsteam-Motorsport ohne Werksteams funktioniert. Die Nascar verliert zwar auch Zuschauer (so wie nahezu jeder Live-Sport in Zeiten von Internet auf der einen, und nicht mehr so locker sitzendes Geld auf der anderen Seite), aber es ist ein Musterbeispiel dafür, dass sowohl Hersteller als auch Teams sich in Szene setzen können - ohne alles dominierende Werksteams.

Die WTCR wird übrigens auch FIA-Segen haben, aber halt auf dem "privat" entstandenen TCR-Reglement basieren. Mag daran liegen, dass die FIA keinen Bock mehr hat, eigene Regeln zu machen, ist aber auch positiv. So können Leute das Reglement festlegen, die ein echtes Interesse daran haben, dass es auch funktioniert.

Das klingt jetzt alles so schrecklich positiv. Es kann immer noch schiefgehen, man weiß es heute einfach nicht. Viel wird vom Rennkalender abhängen - Tourenwagen auf modernen Grand Prix Strecken sind öde hoch drei - das wird sich im Jahr 2018 keiner mehr antun.
Tourenwagen brauchen enge Stadtstrecken wie Macau oder Pau. Tourenwagen brauchen anspruchsvolle Strecken wie die Nordschleife oder Sonoma. Tourenwagen brauchen traditionsreiche Kurse wie Brands Hatch. Und Tourenwagen würden auch wie die Faust aufs Auge nach Bathurst passen.
Mal sehen, wie viele von denen es wirklich in den Kalender schaffen. Ich befürchte, nicht viele.

Ansonsten wird halt vieles von den Fahrern abhängen. Letztendlich muss die Serie genug Anziehungskraft entwickeln, um alte Hasen wie Priaulx oder Farfus wieder zu locken. Sehe ich eher nicht eintreffen, denn die verdienen jetzt woanders besser.
Wenn sie aber wirklich dauerhaft 26 Autos an den Start bringen können, werden sich neue Stars ergeben können.

Bin gespannt.

Christian
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