Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 03.08.2017 15:32 Uhr
Thema: Re:holy shit Antwort auf: holy shit von membran
>>Es spricht Bände, dass niemand da wirklich was genaues sagen kann und so ein mittlerweile wirklich _riesiger_ Markt komplett unreguliert im vermeintlichen Regulierungsmonster EU vor sich hinbrummt.
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>>Fucking Ball.
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>Kollege, danke für den langen und geilen Text. Man sehe mir nach, dass ich darauf nicht weiter eingehen kann. Kudos, mann. Kudos.


Kein Ding, diese Dinge sind immer interessant, nicht nur im Fußball. Richtig, richtig wild wird es, wenn du in eine junge, aufstrebende und richtig schön unregulierte Sportart wie MMA reingehst, da finde ich die "inner workings" tausend mal interessanter als die Primitivlingsbespaßung im Ring.

[https://deadspin.com/the-dictator-of-chechnya-made-his-preteen-sons-take-par-1787470042]

[http://deadspin.com/why-are-so-many-mma-fighters-truthers-conspiracists-a-1782042590]

Letztenendes führt einen das auf eine sehr, sehr seltsame Detour wieder zurück zu den nicht unbedingt ansehnlichen Motivationen, die im Sport eben auch ganz natürlich drinstecken: Dem Streben nach Ruhm, Ehre und natürlich Cash, Money & Hoes. Nur haben die ganzen Nerds, die im Sportunterricht immer als letzte gewählt wurden, oder die dicken Kinder vom örtlichen Autohändlermagnaten, die immer nur am Büffet die ersten waren, mittlerweile auch ausbaldowert, wie sie mitverdienen können. Das, was dem Sport an der Oberfläche an Charakteren und echten Abgründen fehlt, findest du sofort, wenn du dich auf die The-Wire-mäßig metastasierende Welt in den Finanzbüchern dahinter einlässt, da hast du noch richtige Halbwelt und Prolls, Trottel und Halsabschneider die du auf dem Platz nirgendwo mehr findest, alles verstrahlte, entwicklungsverzögerte Plastikmenschen von irgendwelchen auf corporate identitiy a la Nordkorea geprügelten Jugendinternaten, meh.

Da ist es schon interessanter, in welchem russischen Badekurort Schalke sein Sommertrainingslager veranstaltet, und welche Brands auf der Werbewand zu sehen sind, vor der sich BVB-Spieler in Japan rumlümmeln (Rakuten steigt ab dieser Saison groß als Trikotsponsor ein, der größte Internetkonzern, von dem die wenigsten von uns schonmal gehört haben). Welche neuen, weirden UEFA-Jugendturniere "einfach mal so" im nahen Osten eingeplant werden, oder das bald (oder gar jetzt schon?) eine chinesische Auswahlmannschaft als 19. Team ausserhalb der Wertung in der deutschen dritten Liga mitspielen darf (Immerhin noch "professioneller Fußball"). Wie viele Wettanbieter mit Geschäftssitz auf Malta (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/malta-files-wie-die-steueroase-die-mafia-anlockt-a-1148446.html) jetzt in der zweiten Liga auffällig oft auf Stadionbanden zu sehen sind.

Da sind gleich mehrere Formen von offenem Finanzbetrug zu beobachten, die teilweise aus sehr interessanten (und nicht zuletzt auch erschreckend schlüssigen) Gründen einfach laufen gelassen werden, teilweise, weil es buchstäblich keinerlei Gesetze dagegen gibt und ich auch nirgendwo die Bereitschaft sehe, dass irgendwer das vielleicht mal angehen würde (Das würde allerdings auch internationale Kooperation erfordern, die nichtmal in den schwersten Zeiten der diversen Weltfinanzkrisen möglich war). Während einem irgendwelche unterbelichteten Athleten (oder zu Funktionären digitierte Ex-Athleten) zum drölften mal runterleiern, dass Sport und Politik zwei verschiedene Sachen sind und man sich lediglich in der Sahara befindet, um dort in Ruhe gegen andere Hohlroller Ski zu fahren oder 200m-Turmspringen auf dem Mars, ganz normaler Leistungsvergleich, ich find da nix besonderes bei und habe auf dem ganzen Saturnmond Titan keinen einzigen Sklaven gesehen.

Ich finde es als Spiegel für den Zustand unserer Welt mittlerweile sogar erhellender als Film und Fernsehen. Zumal der Bereich vergleichsweise ungeschützt ist im Vergleich mit bspw. dem Finanzwesen; bis vor zehn Jahren hat man es nicht für nötig gehalten, sein Treiben mit staatlichen Geheimdiensten zu schützen (Ausser halt im Dopingwesen der Blockstaaten vor dem Fall des eisernen Vorhangs, aber... bei dem Thema kommt man nirgendwo an; selbst wenn man sagen würde "Sport war fucked ab dem Jahr 1887" gabs da immer noch bareknuckle boxing mit unregulierten Geldwetten mitten in England und sonstige abstruse Scheiße die näher am alten Rom dran ist als an den hundert Jahre später stattfindenden olympischen Sommerspielen in Atlanta.

In Ländern, in denen MMA Erfolge feiert, wird die gesundheitliche Unbedenklichkeit von American Football zyklisch hinterfragt und die Ergebnisse immer wieder verlacht. Eigentlich müsste man das verbieten, weil wer hätte gedacht dass man Hirnschäden davontragen würde, wenn man ständig schwere Schläge gegen den Kopf kassiert? Aber nein. Die Gesundheit ist egal, das Geld ist egal, der Ruhm ist egal und die Ehre ist egal, eine Lektion, die jeder Sportler, auf die eine oder andere Weise, wenn er wirklich high stakes mitspielen will, irgendwann mal mitbekommt, oder einfach darauf verzichtet, es mitzubekommen. Exemplarisch für die moderne Arbeitswelt sehen alle, dass es fucked ist, aber können sich nicht zusammenschließen, um aus dem Hamsterrad auszubrechen, dass irgendwelche Achtzigjährigen in den Alpen für sie ausbaldowern, und das, wo der olympische Gedanke eigentlich der war, dass man sich fernab von nationalen und auch wirtschaftlichen Zwängen (Als wären diese auf dem Niveau wirklich noch voneinander zu trennen...) in Leistung misst. Im Grunde sind die ruhmreichsten Heldentaten, auf die wir uns wöchentlich einen wichsen, auch nur ein Hustle wie jeder andere gottverdammte Scheißdreck auf dieser Welt.
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