a gentle breeze  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 25.04.2017 15:51 Uhr
Thema: Jordskott - Im Wald da sind die Schweden (Spoiler) Antwort auf: Noch schärfere Filme: Uber-HD Empfehlungen für Fans von Sascha
Erst vor ein paar Jahren für uns entdeckt, erwiesen sich die schwedischen ("Die Brücke", "Das letzte Gewitter" u.a.), ja eigentlich die ganzen skandinavischen Produktionen (z.B. "O'Horten") bisher als so unterkühlt wie unterhaltsam und so freuten wir uns auch sehr auf "Jordskott - Der Wald vergisst niemals" (kein deutscher Titel ohne beknackten UT).

Es geht um die junge Mutter und Polizistin Eva Thörnblad, die vor Jahren ihr Kind bei einem Ausflug im Wald verlor und die Hoffnung es wiederzufinden immer noch nicht aufgegeben hat. Als plötzlich weitere Kinder verschwinden, weckt dies ihr besonderes Interesse und langsam erkennt sie das Ausmaß einer großen (Umwelt)Tragödie, in die nicht nur die Elite des kleinen Dorfs Silverhöjd verwickelt ist (wo sich offenbar alle mit Vornamen ansprechen), sondern auch deren Randgestalten und möglicherweise die Bewohner des Waldes selbst...

Erstmal war's schön die eigenen Sehgewohnheiten, die so auf die amerikanische Erzählweise geeicht sind, ein wenig ins Leere laufen zu lassen. Körperliche Auseinandersetzungen werden so nicht zwischen Machohelden mit großen Muckies ausgetragen, sondern von schmerbäuchigen Kommissaren und fiesen Schnurrbartträgern (ohne dass es lächerlich wirkt). Die Schauspieler spielen ganz manierlich und man nimmt der Heldin ihre Motivation - die Sorge um die Tochter - ab, die nun im Rahmen dieser leicht zu erratenden Metapher des Waldes für die Sünden der Elterngeneration büßt. So weit so gut.

Insgesamt fand ich das Ganze aber zuuuuu lang gezogen - das hätte für weniger Geduldige auch auf die Hälfte zusammengeschnitten werden können, ohne dass Wichtiges verloren gegangen wäre. Die Serie verspricht zudem eine Menge, hält sich jedoch bei der Aufdeckung der vielen kleinen Geheimnisse stark zurück. Wenigstens die Filmlogik hätte ich gern erklärt gehabt (wozu genau ist der Trank da, nach dem alle Infizierten gieren?), aber das muss man sich selbst zusammenklauben.

Die Effekte werden hauptsächlich dafür eingesetzt Dinge nicht zu zeigen. Wenn's um die Anwendung psychischer Mächte geht, sind die (Stroboskop)Effekte dafür nicht sonderlich gelungen. Überhaupt werden die mystischen Elemente fast schamhaft versteckt, was vielleicht gar keine so schlechte Idee ist, denn wenn am Schluss Mystery und Krimi-Optik zusammentreffen, ist das meiner Meinung nach tonal keine so gelungene Mischung. Einige Überraschungen lassen sich auch nur schwer nachvollziehen (warum schießt gerade diese Figur die Polizistin an?).

Alles in allem war's nicht richtig schlecht, die 7,2 bei IMDB kann ich aber nicht nachvollziehen. Als eine vorsichtige Erweiterung des Konzepts "düsterer Krimi" halte ich es ebenfalls für nicht so gelungen: Die Mystery kommt irgendwie zu kurz, bzw. fügt sich nicht allzu gut in die sachliche Erzählung mit deutscher-TV-Produktion-Optik ein, dafür gibt man aber die Qualitäten eines guten Krimis auf, wie den interessanten Antagonisten oder das befriedigende Ende. Kein Fehlgriff, empfehlen kann ich's aber nicht.
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