Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 13.06.2016 18:16 Uhr
Thema: Re:Taub, blind ... und wie heißen die anderen 3? Antwort auf: Re:Taub, blind ... und wie heißen die anderen 3? von ACG
>>>>Wie ist das Equivalent von satt bei Durst? Erfrischt?
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>>>Sitt. Wurde afaik irgendwann "erfunden", weil es tatsächlich kein Wort dafür gab/gibt.
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>>Ja, daran kann ich mich auch erinnern.
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>>Tux
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>Ist zwar richtig aber afaik auch nicht. Siw ist das nur halb offiziell.


Es gab halt einen Wettbewerb von Langenscheidt oder dem PONS-Verlag, halt eine Werbeaktion für die eigenen Wörterbücher. Diese Dinger aus Papier, wo man vor tausend Jahren noch Sachen nachgeguckt hat wie ein verdammter Landwirt.

Es ist nicht mehr oder wengier legitim als andere Wörter. Irgendwer muss sie ja mal erfunden haben, und oft genug sind das entweder Phantasiewörter (Besonders bei den in der jüngeren, hochdeutschfaschistoiden Vergangenheit stark marginalisierten deutschen Dialekten) oder schnodderig entlehnte Begriffe aus anderen Sprachen.

Man muss von der Vorstellung abkommen, dass der Duden das offizielle Regelwerk der deutschen Sprache ist - das gibt es nicht. Die Aufregung um die Rechtsschreibreform, allein das Ansinnen einer Rechtschreibreform, ist so typisch für die uns von Kindesbeinen eingeimpfte Autoritätshörigkeit. Sprache wird jeden Tag neu gemacht, verhandelt, erfunden, und Grammar-Nazitum das schlimmste auf der Welt. Das, was heute grundfalsch ist, kann in 20 Jahren völlig korrekt sein. Wörterbücher können Veränderung lediglich dokumentieren, und sind dabei selbst von arrogantem Gatekeeper-tum nicht befreit.

Kurioserweise werden aber Leute, die sehr innovativ und eigensinnig mit Sprache umgehen, wie Heinz Erhardt, Erika Fuchs und Loriot, sogar das Frühwerk von Dieter Hallervorden, hoch geschätzt. Da ist dann die rechte Gehirnhälfte, die für die Null Fehler im Diktat nächtelang hart geschuftet hat, mit der linken Gehirnhälfte, die 1337speak geil finden und Money Boy auf Twitter abonniert in ewigem Konflikt.

Das Pech von Sitt ist halt, dass es nicht organisch entstanden ist und durch die allgemein bekannte Entstehungsgeschichte einen sehr fremdartigen "Dieses Wort wurde sich von offizieller stelle her ausgedacht"-Charakter hat. Da geht jede Nutzung quasi mit einer gedachten und meist sogar mit angemerkten Fußnote einher und der Begriff wird dadurch für Alltagssprache (in der das Wort ja _dringendst_ gebraucht wurde!!!) ungewöhlich lächerlich. Sprachgestaltung als Marketinggag funktioniert also genausowenig wie papierne Wörterbücher.
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