Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 23.03.2016 15:22 Uhr
Thema: Re:Der neue MacGyver ist da Antwort auf: Re:Der neue MacGyver ist da von membran
>>Beispiel A-Team: Dass die auf der Flucht vor der Regierung sind, spielt fast nie eine Rolle, erst gegen Ende der Serie wird das schlimmer. Und das A-Team hatte da noch am meisten zu bieten.
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>Das A-Team folgte, abseits der wenigen von dir angesprochenen "Ach ja, wir fliehen ja eigentlich vor den Feldjägern" Folgen, so strikt den immergleichen Abläufen, dass es eigentlich nicht mehr feierlich war. Du weißt das doch bestimmt, gab es damals schon die "Procederals" Bezeichnung für sowas?


"Procedural". Nein, nicht dass ich wüsste. Fernsehen war noch bis in die neunziger hinein noch nicht sonderlich "theoriedurchwirkt"; narrative Komplexität existierte so gut wie nicht. Da gab es die strikte Trennung zwischen zirkulären Dramaturgien (Also so wie in Ein Colt für Alle Fälle, Simon & Simon usw., wo man am Ende der Folge quasi an deren Anfangspunkt wieder angelant - Sitcoms wären das klassische Beispiel für ein Format, dass auf diese Art der Erzählung quasi elementar angewiesen ist - man stelle sich vor, die Simpsons hätten ernstzunehmende Continuity jenseits von character deaths) und horizontalen "Zopfdramaturgien" (Ich habe den Begriff wirklich ausserhalb eines konkreten Seminars NIRGENDWO gehört, finde ihn aber ganz vergnüglich, weil ich mir dann die Handlungsfäden wie so einen Teigstrang aus einem Hefezopf vorstelle) waren Soaps (...die im normalen Tages- oder Vormittagsprogramm täglich laufen, wie Reich und Schön) oder Primetime Soaps (Die einmal wöchentlich zur Hauptsendezeit laufen, also sowas wie Dallas oder heutzutage "Scandal").

Serien waren ja bis Ende der 90er quasi das unspektakuläre Brot und Butter fürs Fernsehen; einfach wegkonsumierbare Sachen und Lala fürs Gehirn. HBO hat das aufgeweicht.

Abenteuer-Settings bspw. waren wegen ihrer kostspieligen Produktionsart am Ende bloß nur Mehrteiler ("Shogun" bspw.), und exotische oder abseitige Settings verpönt - alles musste sehr holzschnittartig eine Zielgruppe abholen; dem Gedanken verhaftet, dass es spezielles Fernsehen für Frauen und spezielles Fernsehen für Männer gibt.

Twin Peaks hat da große Pionierarbeit geleistet, weil in Twin Peaks einfach vier, fünf verschiedene Seriengenres gleichzeitig abliefen, zusammen mit der David Lynch Special Sauce zwei (bzw. 1,8) Staffeln lang richtig geil ablieferte und Leute merkten "Hey, weirder shit ist doch eigentlich ganz geil?!"

Die Mytharc, so scheiße sie auch war, von Akte X hat dann aber auch die letzten überzeugt.

Natürlich gibt es von diesen Beobachtungen Ausnahmen; vor allem im britischen und auch im deutschen Fernsehmarkt. Aber als HBO anfing, richtig harten Shit wie einen Hochsicherheitsknast im Seriensetting zu verarbeiten ("Oz"), waren auch andere Millieus erschlossen (Mafiafamilien bspw.). Zudem hat die Ausstrahlung auf HBO ermöglicht, dass Serien sich aus dem "für die ganze Familie!"-Dogma rauslösten und Partikularinteressen und ein rein erwachsenes Publikum ansprechen konnten, entsprechend auch erwachsenere Geschichten erzählt werden konnten als in "Knight Rider".

Das waren Jahre kleiner Innovationen und marginaler Tabubrüche, die über eine Dekade hinweg die Sehgewohnheiten zumindest in Amerika so formten, dass du sowas wie 24 hast, wo Continuity sehr wichtig ist, oder halt LOST, wo immer klar ist, dass EINE große Geschichte erzählt wird und die ihre Dringlichkeit auch regelmäßig durchblicken lässt.

>Ich beschreibe mal die typische A-Team Folge:
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>Ein alleinstehendes Mädel oder ein Schwächling haben es mit einer lokalen Ganovenbande zu tun, die deren Geschäft um Geld erpressen. Die donutfressenden Country Cops stehen natürlich bei den Ganoven auf der Gehaltsliste. Man hat sich zwar schon an das A-Team gewandt (weil, jeder kennt das A-Team und weiß, wie man mit denen Kontakt aufnimmt), aber zurückgekommen ist noch nichts. Just, als die Hoffnung aufgegeben werden soll, nimmt sich ein alter Opa, Bartender oder Kassierer den falschen Bart ab und gibt sich als Hannibal vom A-Team zu erkennen. "Wir kümmern uns um das Problem".


LOL, ja.

>Manchmal folgt an dieser Stelle eine Passage, in der Murdoc von Sweettalker Face aus der Klapse befreit werden muss, oder wie sie B.A. ausknocken müssen, weil ein Flug ansteht.

Ich frag mich grad, ob sie Murdoc eigentlich nach jeder Folge wieder zurück in die Klapse gebracht haben. WTF?! Wer tut sowas?! Warum?!?

>Manchmal machen sie beides. Jedenfalls lauert das A-Team dann - schwarzer Van mit roten Streifen und so, B.A.s vollster Stolz und wer in der Karre krümelt, bekommt aufs Maul - beim nächsten Erpressungstermin den Gaunern auf und zeigt denen erstmal, wo der Frosch die Locken hat. Die Freude währt aber nur kurz, weil die Ganoven tags drauf überraschend zurückschlagen. Es folgt eine Verfolgungsjagd mit gelegentlicher Radkamera-Einstellung, sich dank Sprungschanzen überschlagenden Jeeps und mehreren hundert leergeschossenen MG-Magazinen, ohne dass irgendjemand jemals getroffen wird. Das A-Team wird dabei gefangen genommen und natürlich nicht erschossen, sondern in die nächste Garage oder Lagerhalle gesperrt. Dort findet sich nicht nur ein altes Gammelfahrzeug, sondern auch alles mögliche an coolem Bau-Shit, Stangen, Schweißgeräte und so, woraus sie dann zum tönenden A-Team-Theme innerhalb weniger Minuten einen impromptu-Panzer zusammenzimmern. Däää dä dettä, dedäää tä tä! Damit durchbrechen sie dann die Wand und machen die Bösen platt. "Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert", Zigarre, Abspann.

Pretty much. Was mir beim wiederholten gucken von A-Team auffiel ist, wie unglaublich aggressiv und unsymphatisch die Helden sind. Die Gewaltorgien, die sie den Verbrechern angedeihen lassen, sind teilweise absurd disproportional; teilweise werden ganze Dutzendschaften von Schutzgelderpressern schwer verletzt oder kaum motiviert zusammengeschlagen. Ich fand das so krass, die Folge war grad noch im ersten Akt, Face und Hannibal sehen zwei Bad Guys die die Strandpromenade langspazieren: Erstmal kapottLabskausen, die Schweine!
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