Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 19.03.2016 19:23 Uhr
Thema: "Rage" du Cáge (Auf Netflix unter dem Titel "Tokarev") Antwort auf: Noch schärfere Filme: Uber-HD Empfehlungen für Fans von Sascha
Wie unsere französischen Filmfreunde sagen würden.

Ich war ziemlich erschrocken, in welchen schäbigen Machwerken Nicholas "The Original Castle Freak" Cage mittlerweile mitspielen muss. Ghost Rider: Spirit of Vengeance war schon sehr karg und erkennbar in Osteuropa gedreht, hatte aber hinter der Kamera zumindest noch die Leute, die Crank gemacht haben (Und... "Gamer"...). Diesmal muss Cage mit noch weniger Namen hinter und vor der Kamera arbeiten.

Der Drehort allein schon. "Das sieht ja schlimmer aus als in der dritten Welt!" war mein erster laut geäußerter Gedanke. "Aber der ist doch in Amerika gedreht?" "Wahrscheinlich in 'Amerika, Kanada'. Nein, der ist schon in Amerika gedreht, aber in irgendeinem dieser egalen Bundesstaaten, wo Mensch und Tierwelt sich weitestgehend selbst überlassen werden." Und ich sollte Recht behalten; diese herzerfrischende Mischung aus Kinshasa und Dortmund entpuppte sich als Mobile, Alabama, dessen zwei größte Schauwerte, ein 80er-Jahre-Glasscheiben-und-Beton-Klotz der so aussieht wie das Jobcenter Neukölln und ein leerstehendes Parkhaus, sehr prominent im Film vorkommen.

Die zwei Häuser wirken extrem wie Filmkulissen; die untapezierten Spanholzplatten sind einfach einfarbig bemalt. Der Szenografie-Ansatz erinnerte mich erschreckend an meinen eigenen Kurzfilm, den ich so ausstattete, dass ich möglichst wenig arbeiten musste, also die Situation so präsentierte als befänden sich die Protagonisten in der Durchführung eines Umzugs. So braucht man wenig Möbel und kann den Rest einfach mit Pappkartons voll mit random Plastikfolie füllen.

Exakt so haben die das in dem Film gemacht.

Jeder Ziegler-Film-Ruth-Maria-Kubitschek-Schmonz wirkt gegen "Rage" wie ein opulentes Kostümfest von Ang Lee. Und der schäbbige Look macht auch vor Cage nicht halt, der ständig aus extrem ungünstigen Kamerawinkeln und völlig dämlicher Beleuchtung (Er steht in einem Parkhaus mit dem Rücken zur Sonne und dem Gesicht zum Innenraum des Pakrhauses und wird von vorne knallend hell beleuchtet... wat) gefilmt wird, die abwechselnd sein Pfannekuchen-Makeup, seine stark hängenden Fleischlappen im Gesicht oder seine schlimme Hundehaar-und-Schuhwichse-Perücke maximal unvorteilhaft betonen. Immer, wenn Cage in einer Schlägere die Haare durcheinanderwirbeln, sieht es so aus, als hätte jemand aus einem weichen Kuchenteig ein Stück abgebrochen, und nicht wie natürlich gewachsenes, menschliches Haar. Teilweise wird seine Tonsur schräg seitlich von unten gefilmt, wodurch es durch seinen strangen Haaransatz manchmal so aussieht, als hätte er seitlich eine Hälfte des Kopfes "volles" Haar und auf der anderen Hälfte komplett Glatze.

Eine Einstellung ist so deppert gefilmt, dass es kurz so aussieht, als würde der im Rollstuhl sitzende Peter Stormare plötzlich so Stummelfüße wie Tim Conway in den "Dorf on Golf"-Filmen haben und vor Nic Cage herlaufen, aber es sind Cages Beine, die einfach so frontal gefilmt sind als würden Stormares Beine in diese übergehen, wtf. Im Podcast "The Flop House" wird auch korrekterweise angemerkt, dass niemand in Mobile, Alabama Tapeten besitzt; alle Wände sind entweder diese bemalten Spanholzplatten oder nackter Beton oder gleich Ruine, wie die zwei Crackhäuser, die Cage aufmischt.

Der Plot des Films ist es nicht wert, nacherzählt zu werden. Nic Cage war früher mal ein schlimmer Verbreschoa, aber jetzt ist er brav und verdient sein Geld als Bodyguard vom Bürgermeister von Mobile (Wtf...). Eines Abends wird seine Tochter entführt und später tot aufgefunden (Die Szene im Leichenhaus ist irrwitzigerweise Shot für Shot aus der Szene in Twin Peaks geklaut, in der Agent Cooper Laura Palmer obduziert... wtf...). In Flashbacks wird dem Zuschauer peu a peu in Informationshäppchenform an erzählerisch passenden Momenten mitgeteilt, dass Cage und seine alten Gaunerkumpanen mal einen von der Russenmafia gequält und getötet haben wegen hab ich vergessen warum. Danach entspann sich ein Mafiakrieg zwischen Peter Stormare, auf desse nSeite Cage und seine zwei Buddies standen, und der Russenmafia. Nun vermutet Cage, das die Russenmafia seine Tochter getötet hat, und tötet ganz viele von der Russenmafia, und dann sterben ganz viele Leute (Naja, fast alle von den ca. sechs Figuren, die im Film eine Sprechrolle haben) weil die Russenmafia sich ihrerseits rächt, und am Ende stellt sich raus, dass Cages Tochter von ihrem Boyfriend aus versehen erschossen wurde, als sie mit der Waffe ihres Vaters rumspielten, und der das dann vertuschte. Das ist dann der große Twist am Ende. Ehrlich, ich kann mich gar nicht über dieses Fast-Nichts an Erzählung und Film aufregen, vielmehr haben mich das umfassende filmische Unvermögen zutiefst erschüttert. Da lacht man gerne über den deutschen Film, aber sowas schlechtes und unprofessionelles sieht man ausserhalb von Studentenfilmen (Und die dürfen das! Die sollen das!) eigentlich nur in so Kinder-Videos auf Youtube. Und selbst die sind am Ende besser geschnitten und bieten natürlicheres Haar. Es gibt mehrere Verfolgungsjagden, die derart konfus montiert sind, dass man einfach lachen muss. Cage fährt von rechts nach links, Umschnitt: Cage fäht von links nach rechts. In einer Verfolgungsjadg! Cage rennt eine dustere Treppe mit Pumpgun im Anschlag hoch, Cut, Cage schleicht superlangsam im Obergeschoss einen knallrot beleuchteten Flur entlang. Hä?!

Szene auf dem Dach, Cage verfolgt einen Bad Guy. Das Dach ist komplett mit Wasser bedeckt, obwohl alles draußen, als er das Haus betrat, trocken war. Kamera auf Cage, wie er aus der Tür aufs Dach kommt und auf den Bad Guy zugeht, Schnitt, totale auf den Bad Guy, Schnitt zurück auf Cage, es regnet (Das Wetter hat sich in den zwei Augenblicken, in denen Cage aus der Tür trat und bis er den halben weg zum Bad Guy lief geändert), Schnitt: Overshoulderperspektive hinter Cage, wie er dem Bad Guy eine reinhaut, dieser fällt zu Boden. schnitt auf den am boden liegenden Bad Guy der im Wasser liegt, es fällt kein regen. Schnitt auf Cage, wie er wieder zum Schlag ansetzt, Schnitt auf den Bad Guy wie er kassiert, während um ihn herum die Wasseroberfläche von Regentropfen in bewegung gesetzt wird. Selbes Spiel nochmal, Gegenschuss Cage, Schuss auf den Bad Guy, diesmal ohne Regen, usw.

HD ist wirklich nicht freundlich zu C-Filmen.

Wie man einen Film drehen kann mit Peter fucking Stormare UND Nicolas "HOW'D GET BURRRRRRRRRRNED?!" Cage drehen kann, in dem beide sich einfach standhaft weigern, overacting zu machen (Die Szene auf dem Dach ist da die beste, kurz zwei, drei Rage-Screams von Cage, aber das sind echt mal diminishing returns für die 90 Minuten Zeitinvestment), ich fass es nicht. Stormare hat wohl seine Gage gesehen und gedacht "Nö." Kann ich ihm auch nicht verübeln, aber er lümmelt echt extrem lustlos und sichtbar nicht gehbehindert in seinem faltbaren Rollstuhl umher, der so wirkt wie frisch ausm Krankenhaus gezockt, so wie 90% der Props in diesem Film. Der hat einfach sowas von gar keine Böcke, da mehr zu machen als kurz für einen Drehtag seine Fresse in die Kamera zu halten und sich dann wieder in die Zivilisation zurückzuverpissen. Und wir reden hier von jemandem, der selbst durch performance capture hindruch bedrohlich und äußerst unterhaltsam derangiert wirken kann. Cage sowieso.

Das ist ungefähr das Niveau von Death Wish 3, aber NOCH lustloser und "Ich bin zu alt für diese Scheiße"iger. Nichtmal originelle Gewalt wollte sich jemand einfallen lassen, stattdessen bekommen wir eine Szene, wie ein Gangster einer Frau, die ihren Heroinrausch ausschläft, einen Strick um den Hals bindet, das andere Ende an einen Betonklotz und diesen dann aus dem Fenster wirft, und nachher negativ davon überrascht ist, dass sie lediglich am Fensterrahmen hängen bleibt und fast zu tode gewürgt wird, anstatt komplett aus dem Fenster zu fliegen. Was für ein Charmebolzen.

Dazu noch seltsam viel unnötiger Rassismus im Dialog. Wieder so ein Film, wo sich einige Leute echt was schämen sollten, allein für die Art, professionellen Schauspielern zuzumuten, so einen Müll spielen zu müssen. Wirklichen Müll.
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