Don Cosmo  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 04.03.2016 19:59 Uhr
Thema: Re:Ich halte "Wurst" für ein eigenständiges Wissensgebiet Antwort auf: Re:Ich halte "Wurst" für ein eigenständiges Wissensgebiet von Felix Deutschland
>Innereien waschen und ineinanderstopfen, bis man Wurst hat. Bei dem Foto sieht man von aussen schon ganz gut, wie's vorher gelaufen sein dürfte:

Nein, nicht wie der Metzgerbursch die Wurst zammknetet, sondern wie der Endverbraucher die nachher frisst. Am Stück oder in Scheiben, heiß, kalt oder einfach nur dem nächsten Frosch über den Kopf gezogen, damit die Froschschenkel besser munden?

>Also, meine Portion kannste gern haben.

Ich probiere das auf jeden Fall, wenn sich die Chance ergibt. Neue Erfahrungen machen mich immer froh!

>Nä. "Berliner Topfwurst" wurde das mal in der Uni-Mensa genannt. Einfach so ein Kleks Blutwurstbrei-Schlabber mit Salzkartoffeln und Sauerkraut. Hat geschmeckt nach zweitem Weltkrieg und Entbehrung. Den Usern aus den neuen Bundesländern dürfte das Gericht auch als "Tote Oma" bekannt sein.

Das ist schon was, das ich dem Norden "neide", diese Kreativität bei der Namensgebung! In Bayern herrscht da Tristesse!

>Sülze ist Sülze, also im weitesten (und auch im engeren) Sinne eine Terrine. Also ein zu stürzendes, kalt gereichts Gericht als Nebengang oder Vorspeise, für Canapees und sowas. In Scheiben geschnitten. Sehr jahrhundertwendemäßiges Gericht, nicht sehr trendy.

Wegen Trendytum fresse ich das auch nicht, sondern weil es schmeckt. Mir ist nichts zuwider als jeden Tag das gleiche futtern bzw. immer wieder das selbe. Halt auch mal Leber und Milz und Niere ... früher gab es auch mal Hirn oder Kutteln. Aber man kriegt es kaum noch in Restaurants, selber machen ist mir auch zu viel Hassle.

>Die 50er haben's übertrieben, als plötzlich Hausfrauen eingeredet wurde, sie müssten jeden Scheiß in Gelantine packen, bspw. auch Salate und dergleichen. Ich will gar nicht wissen, wie viele Leute sich von sowas ne Lebensmittelvergiftung geholt haben. Ein sehr unbeliebtes Gericht in der heutigen Zeit. Aber das passt zu dir, dieses kalte, gallerthafte!

Das freut mich. Auch mal einfach so auf Brot, oder mit Zwiebeln und Essig. Rockt!

>Ich hab gestern gelesen, was Thomas Bernhard zu Beouf Tartare (schön mit Ei, Zwiebelchen und Kapern) geschrieben hatte, das war schon krass. Ein brachiales, schleimiges, in jeglicher Hinsicht rohes Gericht voller Geburts- und Urschleimsymbolik. Bernhard war ja eh ein rechter Sunnyboy, aber das Hack hat ihn natürlich besonders an den Tod erinnert und an totale Vernichtung. Totale Vernichtung von Muskelfleisch, und das dann so mitm Löffel sich reinschieben (Bernhardt mochte das Gericht).

Kann ich mir vorstellen, Kapern machen alles besser!
Muss man Thomas Bernhardt kennen?

>Halt eventuell unter anderem französische Varianten von Blutwurst. Hauen da halt Chili rein oder so, what do I know. Kreolische Küche finde ich extrem widerlich. Aber es existiert. In Amerika wirst du sie jedenfalls nur im äußersten Süden/Südosten finden.

Ja ich dachte halt, Du kennst Dich da aus. Bei Kreolischer Küche denke ich immer an Krebse, Red Snapper und so, liege ich da falsch?

>Whatever flows your boat. Ich finde die Mischung aus Süß, sauer, Salzig, fettig zusammen mit den Kartoffeln, idealerweise zerstampft und mit dem Apfelmuß und dem Brät der Bratwurst vermengt, äußerst exzellent und ein typisches Beispiel für deutsche Landküche mit aromatischer Komplexität.

Wahrscheinlich nur so ein Zufallsprodukt, wo einer nur noch Reste gehabt hatte!

>So ähnlich wie man in der Pfalz zu Kartoffelsuppe immer Zwetschgenkuchen isst sieht man da ganz gut, wie Leute, die echt nur sehr limitiert Ahnung von Kochen hatten (Ma ehrlich) pragmatisch von selber Abwechslung in die Küche brachten und nicht immer nur Matsche mit Zeugs mampften. Nicht, dass ich jemals in meinem Leben Bock darauf haben werde, Zwetschgenkuchen zu Kartoffelsuppe zu essen, ich hasse Zwetschgenkuchen. Aber, grundsätzlich, smart thinking.

Okay, klingt nun wirklich nicht nach der offensichtlichsten Kombi, aber wenn ich da in dem Bereich wäre, würde ich das in einem ländlichem Restaurant sofort bestellen.
Ist das ein Blech- oder ein Springform-Zwetschgenkuchen?
"Alter, geh mir net auf die Nüsse!"
Man wird ja noch mal fragen dürfen. Ich mag aber beide!

>Ah naa. Kasseler gern, blaue Zipfel gern, aber gekochte Blutwurst... naja, in Bayern würd ichs machen. Die stehen bei mir nicht in Verdacht, total abartige Sachen mit Essen anzustellen.

Blaue Zipfel will ich auch noch mal essen ... ich besuch mal Tux, wenn er in Nermbersch heimisch ist und dann darf er mir seinen blauen Zipfel präsentieren!

>Oh, random factoid: Die sogenannte "Rumfordsuppe", ein Gemisch aus Graupen, zermahlenen gelben Erbsen und nachher, um Geld zu sparen, Kartoffeln war eine in München erfundene Armenspeise, die sich von dort aus über ganz Europa ausbreitete als Lösung für die großstädtische Elendsproblematik. Das muss eine widerliche schlotze sein, was ich aber faszinierend fand war, dass ihr Erfinder, ein gewisser Dingsbums Thompson (Er hieß wirklich "Dingsbums", kein Scheiß!), zuerst das Mißtrauen auch der bayrischen Landbevölkerung gegenüber der Kartoffel abbauen musste.

Hab noch gute Erinnerung an Graupen aus der Kindheit, die haben ne interessante Konsistenz ... aber seitdem haben wir das nur einmal wieder zusammen mit Hühnerherzen gemacht. War da nicht soooo der Burner, hmmtjanun.
Ob man heutzutage seinen Sohn noch Dingsbumms nennen darf?

>Klar, Kartoffeln sind eine Kulturpflanze aus der "neuen Welt", aber zu der Zeit schon seit mindestens zwei, drei Jahrhunderten in Europa angebaut. Da allerdings Friedrich der Große mit der Kartoffel verbunden wurde, so meine Herleitung, war das einfach ganz profaner Preißnhass, mit dem die Bayern hier zu kämpfen hatten. Es ist wirklich, wirklich lustig und so ein typisches Beispiel für Bayern in meinen Augen. Fucking Kartoffeln, the dreaded devil weed!

Ja, aber mal ehrlich, das sind auch triftige Gründe! Wir waren mit Topinambur zufrieden ... aber es ist gut, daß es nun die Kartoffel gibt.

>"Mei, wo'mers hoit probiert hoam, hoats hoit g'schmeckt, wos wuist moch'n!"

So isses, Du Zipfikloatscha!

>Ad-libbing. Es ist ja nicht so, als wäre den Amis das Konzept von Blutwurst nicht geläufig, sie essen sie nur halt nicht. Wir kennen ja auch hundertjährige Eier, aber bei EDEKA kriegt man sie schwer. Oder auch sonstwo.

Annie sagt dann "I like blood sausage!"

>Auch im West-Ost-Gefälle. Aber in Schleswig-Holstein gabs tatsächlich keine vernünftige Blutwurst. Dafür komische Pampegerichte mit Preiselbeeren, brrrak. Skandinavische Küche ist auch echt das letzte. Fuck that.

Ist man da nicht nur den ekelhaften Dosenfischen und dem noch ekelhafterem Ikea-Futter falsch geprägt? Kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß irgendeine Nation nur ekelhaften Fraß in sich rein schaufelt, macht doch auf Dauer keinen Spaß. Gut, die Eskimos mit Tiefkühlfisch zum Nuckeln und fettem Robbenspeck ... aber die hamm halt nix anderes.

cheers
DON
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