Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 05.02.2016 15:57 Uhr
Thema: Bernie Antwort auf: Scharfe Filme: HD-Empfehlungen für Genre-Fans! von Don Cosmo
Wow. Just wow.

Ich gehe ja die meisten Filme die ich gucke mit einer gewissen... Ambivalenz an. Vor, während und nach dem Gucken. Ich bin mir beim Einstieg klar, dass ich jetzt keine hochklassige Unterhaltung erwarte, ich bin mir währenddessen gewahr, dass es keine hochklassige Unterhaltung ist und am Ende sehe ich mich in meinem Mutmaßungen und Beobachtungen bestätigt. So weit, so langweilig.

Bei "Bernie" wusste ich nur, dass der Film auf einem realen Mordfall basiert und wohl so eine Art untergegangenes Kleinod ist, was cool ist, denn ich mag Untergänge und ich mag Kleinode.

Der Film fängt schonmal klasse an: Mit einem Einbalsamierungskurs auf einer Schule für Bestatter, mit Bernie (Gespielt von Jack Black in, ich gehe soweit mich da festzulegen, der Rolle seines Lebens) als Dozent. Bernie ist ein dicklicher, sehr feminin rüberkommender untersetzter Herr mit schmierigem Beinahe-John-Waters-Schnurrbart, der in säuseligem Ton über der Leiche eines greisen Mannes lehnt und verschiedene Handgriffe und Instruktionen zur standesgemäßen Herrichtung eines zur Präsentation vorzubereitenden Toten demonstriert, vom Schneiden der Ohrhaare bis zum Zukleben der Augenlider mit Sekundenkleber.

Du merkst, dass du einen tollen Film von einem fantastischen Regisseur vor dir hast, wenn er so super beginnt. Der Film heißt "Bernie", also geht es um Bernie. Wir steigen voll in medias res mit der Figur in deren Welt ein, und diese Welt ist irgendwie eklig, unheimlich, aber trotzdem mit einer stoischen, pragmatischen Würde durchsetzt. Keine andere Szene im gesamten Film ist wie diese Szene, derart bildstark, ruhig und mit so vielen Closeups. Aber du willst sofort wissen, was zur Hölle mit diesem Kerl los ist. So ziemlich ALLES an dem Kerl irritiert: Die Korpulenz, der Job, das ausgesprochen tuntige Gebaren, die Beherrschtheit und sehr unglaubwürdig in ihrer Übersptztheit klingende Höflichkeit, man hat sich als Zuschauer schon nach drei Minuten festgelegt, dass dieser Typ ein todunglücklicher, seelisch kaputter Freak ist, der in seinem Keller Knaben foltert.

Nunja.

Das absolut Geniale an Richard Linklaters Film ist, dass er den Zuschauer nicht zum Narren hält. Es gibt keine erzählerischen Finten, keine überraschenden Wendungen, kein Deus Ex Machina und keine billigen Mätzchen. In einem Film, der seinen texanischen Handlungsort mit viel Lokalkolorit stolz auf der Brust trägt, ist tatsächlich alles so, wie es auf den ersten Blick scheint. Und doch ist alles ganz anders als man erwartet.

Den Taxanern wird nicht nur ein gewisser Hang zum Größenwahn ("He's got an ego as big as Texas!") nachgesagt wird, sondern auch eine Form von Ehrlichkeit. "What you see is what you get", man macht dem anderen nichts vor, sondern spielt höchstens sich selbst. Der Mann mit dem gigantischen Hut und dem Auto so groß wie ein Boot ist kein völlig aus dem Ruder gelaufener Wahnsinniger, sondern ein Dude der große Hüte und gigantische Autos mag. Punkt.

Diese "Matter-of-factness" wird in dem Film durch einen grandiosen Kunstgriff noch verstärkt: Linklater hat den Film wie eine Art Doku-Drama, oder vielmehr "Scripted Reality" gedreht. Sehr weite Teile des Films bestehen aus "talking heads", sehr schlicht gefilmten Shots von Leuten, die sitzend in Richtung Kamera sprechen. Deren Dialogzeilen sind zwar klar geschrieben und in einer Art Schauspiel (Nicht, um die Darbietung der Leute kleinzureden, nur um den Begriff möglichst offen zu halten in diesem Zusammenhang) vorgetragen, die Leute sind allerdings echte Einwohner des echten Städtchens Carthage im Nordosten von Texas, in dem sich der echte Fall Bernie abspielte. Sie erzählen quasi den Film, schildern uns die Figuren und den bekannten Ablauf der Ereignisse und betonen dabei immer wieder, was Bernie für ein großartiger und toller Mensch war.

Als Bestatter, der viele Aufgaben übernahm wie bspw. die Musikbegleitung oder das Verfassen von Trauerreden; als Trainer mehrerer Baseball-Kinderteams und Mitglied der örtlichen Theatergruppe; als buchstäblicher Witwentröster, der die Hinterbliebenen seiner Kunden nach der Beisetzung noch besucht, um ihnen auf eigene Kosten beschaffte Präsentkörbe als Aufmerksamkeit zu bringen etc. etc.

Als wäre diese Diskrepanz zwischen dem, was man über eine Figur denkt, und die Art, wie sie geschildert wird, nicht schon hirnverknotend genug, geht Linklater so weit, die Protagonisten der Talking-Head-Interviews auch noch in den "Spielszenen" mitwirken zu lassen. Nach zwanzig Minuten bemerkt man als Zuschauer plötzlich (oder auch nicht), dass selbst die Nicht-Interview-Szenen allesamt so gefilmt sind wie die Interviews: Alle Figuren in jeweils isolierten Einstellungen, sitzend, in Richtung Kamera sprechend. Es wird immer schnell gesagt, dass bestimmte Stellen eines Films "fließend ineinander übergehen", aber wer aufmerksam genau hinsieht stellt bei "Bernie" fest, dass der Film konzentriert und beharrlich daran arbeitet, für den Zuschauer Realität, dokumentarische Nacherzählung und "Re-Enactment" nichtmehr voneinander unterscheidbar zu machen, und das tatsächlich nicht bloß aus Selbstzweck, sondern kluger Absicht.

Als Bernie eines schönen Tages die von Shirley McLaine mit majestätischem Understatement und laserscharfer Zurückhaltung gespielten Marjorie Nugent bei der Beerdigung ihres Gatten kennenlernt (Wo sonst) nimmt sein Leben aber einen etwas anderen Verlauf.

Die Witwe Nugent ist nämlich nicht nur in Carthage äußerst unbeliebt, sondern sogar in ihrer eigenen Familie verhasst. Sie liegt im Rechtsstreit mit ihren Enkeln und ihre Kinder verweigern seit Jahrzehnten den Kontakt, weswegen sie nach dem Tod ihres Mannes nur noch von den stoischen Bediensteten besucht wird. Bis Bernie mit einem kleinen Körbchen freundlicher Aufmerksamkeiten vor ihrer Tür steht. Nachdem er sich das erste mal kalt abweisen lassen muss, versucht er es aber hartnäckig noch ein zweites mal, woraufhin Nugent nachgibt, ihn zu dessen Überraschung auf einen Tee hereinbittet und dessen Gesellschaft und umfassenden Beturtelungen... über sich ergehen lässt.

Shirley McLaines Figur wird von uns als aufmerksame Filmgucker-Spechtchen die wir sind gleich infrage gestellt: Das kann doch nicht sein, dass so ein putziges altes Mütterchen keine Freunde hat! Die Welt ist kaltherzig, so eine liebe Omi lässt man doch nicht allein! Sie soll sich mal lieber vor Jack Black vorsehen, der Dude wirkt ganz schön gruselig!

Diese Instinktreaktion nutzt der Film äußerst raffiniert zu seinem Vorteil. was folgt, ist eine weitestgehend in Vingnetten und Montagen erzählte Kurzfassung ihrer Beziehungsgeschichte: Bernie und Nugent verbringen immer mehr Zeit miteinander, fahren gemeinsam auf Luxusurlaube und bringen mit ihrer betriebswirtschaftlichen Expertise Nugents Finanzbuchhalter um den Verstand.
Shirley McLaine wahrt die ganze Zeit über mit wenigen Worten eine sehr betonte Distanz zwischen beiden in dem sie sich beispielsweise Bernies widerum sehr hartnäckig angebotenen Berührungen genauso hartnäckig entzieht. Bernie ist halt irgendwie sehr "touchy" (vgl. Schreinemakers, Margarethe) und will ihr ständig die Hand auf den Unterarm oder die Schulter legen, sie weicht aber ohne hinzugucken jedes mal aus wie eine Frau in einer überfüllten U-Bahn. Trotzdem weiß sie Bernies Gesellschaft irgendwann nicht nur zu schätzen, sie sieht sie recht schnell als so eine Art natürliches Recht. Bernies äußerst verzeihende, nachgiebige Art geliert auf äußerst ungute Weise mit der kaltherzigen Dominanz und der psychotischen emotionalen Übergriffigkeit der Witwe Nugent.

Als Bernie eines Tages zu ihrem riesigen Anwesen vorfährt und ihm bereits der Gärtner entgegenkommt, der soeben entlassen wurde weil Nugent ihm vorwarf, einen Rasenmäher den dieser reparieren wollte, gestohlen zu haben, ahnt ihm nichts gutes. Nugent hat offensichtlich ihr gesamtes Personal gefeuert und lässt ihre Scheißlaune in einer wütenden Tirade an Bernie aus, der sich mit den Worten "I don't like you today! You are not nice!" in sein Auto steigend verabschieden will. Daraufhin zieht McLaine wortlos eine Fernbedienung aus der Tasche, um die schloßhaften Tore in der Auffahrt ihres Anwesens zufallen zu lassen, bevor Bernie flüchten kann.

Es ist davon auszugehen, dass die meisten Zuschauer, auch wenn sie den konkret zu Grunde legenden Kriminalfall nicht kennen, schon früh eine Ahnung haben, dass Bernies Geschichte nicht gut enden wird. Wie ich eingangs erwähnte, dieser Film besticht nicht durch aberwitzige Handlungsumschwünge und unerwartete Triumphe.

Aber trotzdem hätte ich mit diesem Verlauf wohl als allerletztes gerechnet. Bernie, mittlerweile de facto von Nugent versklavt und von ihr im Gebrauch einer Schusswaffe unterwiesen (Eigentlich, damit Bernie die putzigen Gürteltiere abknallen kann, die bei Nugent den Garten zerbuddeln, wozu sich Bernie allerdings als hinreißend unfähig erweißt und den possierlichen Gesellen gottlob verfehlt), hält sein Leben im goldenen Käfig nicht mehr aus und erschießt nach der letzten von ungezählten, stichigen Demütigungen Nugent mit vier Schüssen in den Rücken. Nach einem psychischen Zusammenbruch stopft er ihre Überreste in die Gefriertruhe in der Garage und führt neun Monate einfach sein Leben weiter, während er, a la (Jetzt kommts) "Weekend at Bernies" so tut, als wäre McLaine noch am Leben. Er tätigt in ihrer Abwesenheit Finanzgeschäfte mit ihrem Geld, gibt ihr Vermögen führ mehrere Autos, einen Flughafen-Anbau und unter anderem ein Klettergerüst für Kinder aus. Hier kommt aber der überraschende Teil: Nicht für sich selber. Er investiert Geld in notleidende Unternehmen in Carthage, bspw. einen schlecht laufenden Trophäenladen dem er 1000 Trophäen abkauft. Er spendet eine neue Orgel für das Schulorchester, er spendet einen Flügel für seine Kirchengemeinde. Er schenkt Menschen Autos, die kein Geld haben um sich selbst eins zu kaufen, damit diese zur Arbeit fahren können. Er schenkt einem Kind dessen Eltern es nicht so dicke haben ein Kinderspielplatz-Level Klettergerüst. In neun Monaten schafft er es, über eine halbe Million Dollar auszugeben, und davon so gut wie nichts in die eigene Tasche zu wirtschaften. Sein Verteidiger legt vielmehr dar, dass er mit den Zahlungen für sein eigenes Auto, ein runtergekommenes, veraltetes Modell, sogar in Rückstand war, während er die Kohle der Witwe Nugent mit vollen Händen ausgab.

Der von einem fantastischen Matthew McConnaughey im Full-On McConnaissance-Mode gespielten Staatsanwalt steht, als Bernie dann schlußendlich auffliegt weil der Finanzbuchhalter skeptisch wurde und auf eigene Faust Nachforschungen anstellte, plötzlich vor einer juristisch in Amerika wohl nie dagewesenen Herausforderung: Als er merkt, dass Bernie in Carthage, von woher die Geschworenen in einem Strafprozess her berufen werden würden, diesen allesamt für Unschuldig erklären würden, obwohl Bernie selbst die Tat sogar gesteht, bemerkt, dass er ein gewaltiges Problem hat. Wie soll er jemanden verurteilen, der OFFENSICHTLICH jemanden ermordet hat, wenn eine Jury ihn definitiv freisprechen würde?

Der Prozess wird in eine Nachbargemeinde verlegt. Dieses Recht wird eigentlich in der Regel dem Angeklagten eingeräumt, um einen fairen Prozess zu bekommen, wenn davon auszugehen ist, dass alle als Geschworenen in Frage kommenden Personen ihn ohnehin für schuldig halten würden. Nun nimmt aber die Anklage dieses Recht für sich in Anspruch, damit überhaupt sichergestellt wird, dass der Angeklagte wirklich _verurteilt_ werden kann.

Aus dem Doku-Scripted-Reenactment-Comedy-Drama wird im dritten Akt dann auf einmal ein Justizdramolett mit erwartbarem Ausgang. In guter alter Sitte gelingt es McConnaugheys Staatsanwalt problemlos, Bernie vor einer Jury aus Leuten, die ihn nicht kennen, dastehen zu lassen wie einen kleinen dicken gierigen Nimmersatt, der sich das schöne Leben gegönnt hat auf Kosten eines armen, hilflosen und harmlosen Mütterchens. Es macht es nur noch schmerzhafter und ernüchternder, dass an dieser Verzerrung und Übertreibung doch ein kleiner Kern Wahrhaftigkeit drinsteckt. So, wie der Film nie verhehlt, dass Bernie ein Mörder ist oder die Gewichtigkeit seiner Tat schmälern möchte. Der Mord wird angemessen grausam und kaltblütig dargestellt, weniger wie ein Überschnappen denn wie ein in sich ruhendes ankommen an einem Punkt, zu dem man sich bewusst wie unbewusst ohnehin zubewegte.

Man kann "Bernie" auch ein wenig betrachten als das Werk eines Filmemachers, der sich selbst eine unlösbare Aufgabe stellt und so sehr im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten ruht, dass er das Selbstvertrauen besitzt, sich aus dieser selbstgebauten Zwickmühle einfach rauszuinszenieren. Der Stoff stellt jeden, der ihn umsetzen will, vor die Herausforderung, aus einem pummeligen, seltsam aussehenden Totengräber, der eine fast 90jährige Hutzeloma mit vier Schüssen in den Rücken ermordete, einen Sympathieträger zu machen, mit dem das Publikum mitgefühlt empfindet. Es stellt Jack Black vor die Herausforderung, diese Figur nicht in Karikatur abrutschen zu lassen und mit Schmierenkomödiantentum in ihrer Würde zu hintergehen. Es stellt Shirley McLaine vor die Herausforderung, ihre Figur nicht als zeichentrickhafte Harpye erscheinen zu lassen und der Figur ebenfalls Tiefe, Würde und Selbstbehauptung zu verleihen.

Und es ist so ungemein fantastisch, beiwohnen zu dürfen, wie alle genannten in ihren Herkulesaufgaben aufgehen und triumphieren. Jack Black zeichnet uns Bernie, den man auf den ersten Blick unter "Freak" abhaken würde, als einen wirklich wundervollen Menschen, dessen Freundlichkeit und Interesse aufrichtig ist und so ziemlich gar nichts fake. Er liebt Musiktheater, weil er Musik liebt und Gesang. Black selbst ist ein _fantastischer_ Sänger und legt in die vielen Solos, die die Figur bspw. in Form von Kirchenliedern hinlegen muss, wirklich alles hinein. Amüsanterweise ist die musikalische Performance nicht nur um Welten hochwertiger, sondern auch präsenter als in Jack Blacks eigenem Musical-Vehikel "Tenacious D in 'The Pick Of Destiny'", aber das nur am Rande.
Natürlich mag er auch schöne Dinge, wie das Sportfliegen, dass ihm von Nugent ermöglicht wird, aber Bernie ist nunmal auch ein ganz normaler Mensch. Niemals wird seine Teilhabe an Nugents Wohlstand als überzogen parasitär dargestellt, vielmehr bekommt man den eindruck, dass Nugent ihm diese vermeintlich lange Leine aus reinem Kalkül lässt, in dem Wissen dass Bernie emotional extrem leicht zu manipulieren ist, besonders wenn er das Gefühl hat, in jemandes Schuld zu stehen - wir reden hier von jemandem, der Witwen unaufgefordert aus der eigenen Tasche gelöhnte Präsentkörbe schenkt, einfach so. Es steckt kein sinistrer Plan hinter Bernies Verhalten, er ist einfach so. Und das hat, durch bedauerliche, aber zutiefst nachvollziehbare Umstände, dazu geführt, dass er einen Menschen ermordete.

"Bernie" wird zwar als "Comedy-Drama" etikettiert, ich halte derlei Einnordungen aber bekanntermaßen für Quatsch. Wer will, kann Bernie als "Farce" betrachten, dabei hat der Film nichts von einer Farce: Es passiert nichts unerhörtes. Gerechtigkeit, oder wie immer mit dem Zusatz "das, was wir dafür halten", wird ausgeübt. Bernie kommt für 50 Jahre hinter Gittern wegen 1st degree murder. Früheste Entlassungschance im Alter von 89 Jahren. (Wer mehr über die Geschichte wissen will und wie sie _wirklich_ endet, dem sei der englischsprachige Wikipediaartikel ans Herz gelegt, den ich mir erspare, an dieser Stelle wiederzukäuen)

"Bernie" ist ein Film darüber, wie kompliziert, unelegant, ja häßlich es manchmal ist, Mensch zu sein. Dass es unmöglich ist, es allen Recht zu machen, und dass ein "gutes" Leben viele Gesichter, Facetten und Formen hat. Es wirft auf sehr unterhaltsame Weise den Blick auf uns selber und wie wir über jemanden wie Bernie urteilen würden und wie vertrackt es ist, das einem zu jeder vermeintlichen Antwort widerum drei Fragen einfallen. Und das alles komplett ohne irgendwelchen Schmalz, ohne Kitsch, ohne unaufrichtige Sentimentalität, mit Figuren, die Kitsch, Schmalz und unaufrichtige Sentimentalität zu einer Art Religion erhoben haben. Wo "Southern Charme" und Texas Kettensägen-Massaker nur durch eine Landkreisgrenze getrennt sind. Und das, ohne auf Klamauk, Chargieren, billige Lacher und ironische Distanz zurückzufallen, den vielen Unsitten schlechter(er) Filme.

Das der trotz dutzender Laien exorbitant gut besetzte Film kein Kassenschlager war, sollte exakt niemanden überraschen. Ästhetisch sieht "Bernie" vielmehr nach Fernsehen, um genauer zu sein sogar recht schäbbigem Fernsehen (True-Crime-Dokus a la "Southern Fried Homicide") aus. Das ist natürlich eine bewusste inszenatorische Entscheidung, aber ich weiß noch wie alle stöhnten als bekannt wurde, dass David Lynch "INLAND EMPIRE" komplett auf Video gedreht hatte. Und "Bernie" ist bei Lichte betrachtet nur marginal massenkompatibler als "INLAND EMPIRE".

Aber das soll in der schönen neuen Netflix-Welt für niemanden mehr eine Entschuldigung sein, diesen grandiosen Film nicht selber zu sehen. Ich verspreche nichts weniger als einen Regiemeister in Topform, einen mit seiner Rolle verschmelzenden Jack Black und McConnaughey over 9000. Zudem ist der Film fast exakt 90 Minuten lang, keine Sekunde zu lang und keinen Moment langweilig. Ich bin wirklich sehr froh, bewusst auch mal was anderes als absolute Scheiße zu gucken. 89 von 5 Rollatoren!
< Auf diese Nachricht antworten >