Icheherntion  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 18.12.2015 23:48 Uhr
Thema: Fiiiiinish! Natürlich mit Spoilern Antwort auf: Re:Fargo von Felix Deutschland
>Was ist eigentlich mit Black Mirror?

Liegt noch auf Halde, ist aber nicht vergessen!

>Haha. Ich hab Burn Notice nie geguckt, mir war Jeffrey Donovan daher in erster Linie aus "Blair Witch Project 2: Book of Shadows" bekannt, welchen ich vor ca. 13 Jahren gesehen habe. Der spielt da mit, ist sogar die Hauptfigur. Was für ein Schmarrn. Naja, egal.

Burn Notice kann ich immer noch nicht richtig einordnen. Ich fand die eine Hälfte mit "Superagent hilft normalen Leuten gegen Kleinkriminelle" super, die andere Scheiße. Also die mit "Superagent löst auf, warum "Die" ihn gekickt haben" die ganz Prison Brerak-like immer abstrusere Wirrungen bekommen hat, die gegen später nur noch schlimmer wurden, nur, um die Serie völlig unnötig zu verlängern.

Wenn Du Jeffrey Donovan noch mal in gut sehen willst, schau mal, ob Du irgendwo Touching Evil (US-Version, gibt dazu auch noch eine UK-Vorlage, die ich noch nicht gesehen habe) auftreiben kannst. Das fand ich bislang das Highlight seiner Karriere.

>Da bin ich mir irgendwie nicht so sicher, was ich von ihr halten soll. Irgendwie hatte ich insgesamt das Gefühl, dass die Figur von Anfang an "verraten" wurde und die Macher sich gar nicht groß drum scherten, um ihre Abneigung ihr gegenüber als Figur groß einen Hehl zu machen. Kirsten Dunst spielt das ganz toll, aber im Endeffekt spielt sie eine Verrückte, deren Haupteigenschaft eben Verrücktheit ist. Bei Lester in S01 hattest du ja ein graduelles abrutschen von durchaus gehässiger unbedarftheit hin zu "pure evil" nach der Urkatastrophe. Auch da hat sich die Serie einen ganz großen Spaß draus gemacht, ihn mit viel Tamtam (wiederholt) ans Messer zu liefern. Aber sie haben ihn nie als sprichwörtlich "hohl" dargestellt; er hatte immer eine eigene, klare Motivation. Bei Kirsten Dunsts Figur hat man nie wirklich das Gefühl, sagen zu können, ob gerade die Figur eine Entscheidung trifft oder ihre klar manische Psyche. Das wirkt platt und oberflächlich und erstaunlich lahm als "Begründung" für das Verhalten einer derart zentralen Figur. Das wäre eigentlich mein größter Kritikpunkt an der Staffel insgesamt.

Die hätte meiner Meinung nach auch gut funktioniert, ohne crazy zu sein, hab das darum gar nicht so sehr in die Story eingeflochten. Den Teil von ihr hätte man eigentlich komplett rauslassen können. Hab da jetzt zwar nicht recherchiert, wie real das alles ist, aber da sie die Serie überlebt hat, kann es gut sein, dass die IRL noch lebt und halt wirklich so rüberkommt.

>Es ist immer noch toll, wie gelungen die Serie die Gegenwart doppelt; wie sie versucht, das Gefühl einer Generation einzufangen, die allerdings diesmal weder sexy, noch cool oder crazy ist sondern sinnlose Gewalt inmitten von Arglosigkeit und Schneematsch. Eine verunsicherte Gesellschaft, die einfache Antworten hören will, obwohl einfache Antworten das letzte sind, was die Menschen brauchen. Einfache Antworten erklären nichts. Idylle ist etwas, das sich jedes Individuum hart, und notfalls mit Gewalt, erkämpfen muss, weil die Obrigkeit hilflos ist und diese Hilflosigkeit durch transparente Machtinszenierungen zu kaschieren versucht, während überall, ohne dass es jemanden interessiert, unattraktive Büroimmobilien wie von Termiten vereinnahmt werden, welche geräuschlos und emsig den Mulch einspeicheln, auf dem in exakt diesen Momenten unsere Moderne gedeihen wird.

Ich hol jetzt mal den anderen Thread her.

>Ich fands gut! Nicht überragend, nicht orgasmisch, aber einfach gut und ich bin völlig okay damit, es so zu finden und nicht enttäuscht über einen Mangel an krassen Twists, Reveals oder worauf die Leute heute sonst noch so alles wütend insistieren.

Verstehe ich auch nicht. Fargo hat ja noch nie von irren Twists gelebt, sondern von seiner Absurdität. Dass das alles auf wahren Begebenheiten beruhen soll, macht mich immer noch fertig. Bei Gelegenheit muss ich da echt mal recherchieren, ob das tatsächlich so, oder so ähnlich, passiert ist. Vor allem die Verflechtungen zwischen den drei Geschichten.

>Ich nehme mal an, der ein oder andere hat zufälligerweise auch mal den Film gesehen, der der Serie als Vorlage dient (Nun, nicht alle, obviously: [http://www.maniac-forum.de/forum/pxmboard.php?mode=message&brdid=26&msgid=3479045], übrigens der beste Post in allen Internetforen aller Zeiten überhaupt). Dieser Film endete mit einem Happy End. Die erste Staffel endete mit einem Happy End. Die zweite Staffel endet mit einem Happy End. Und, ganz ehrlich? Ich find das schön. Es ist ein wunderschöner, harmonischer, gemütlicher Moment des kleinen Glücks nach einem Orkan aus Gewalt und Niedertracht, den die Personen, die ihn sich gegenseitig schenken, verdammt nochmal verdient haben.

Mich stört das auch nicht im geringsten. Und jetzt mal unabhängig davon, dass die Enden alle Happy sind, man merkt der Serie einfach an, dass die Storybögen jeweils fertig waren, als sie gedreht wurden. Kein Quatsch mit "Wir drehen jetzt mal los und überlegen uns dann, wo es hingeht", das hat mir viele Serien versaut, die ich eigentlich gut fand.

>Warum wird es nicht als toller Handlungsumschwung gewertet, dass Mama Solverson noch lebt? Das sie offensichtlich nicht mehr lange lebt, okay, aber lebt? Ihren Mann nochmal sehen, ein paar schöne Tage, Wochen, Monate mit ihm und Maggie verbringen kann und NICHT in einem aus melodramatischer Sicht sehr optimalen Moment verreckt, wie Leute mit Krebs das in Film und Fernsehen verdammt noch mal zu tun haben? Das emotionale Zentrum von "Fargo: Das Film" war äußerst explizit und "dinglich", das Ehebett von Marge Gunderson und ihrem langweiligen, aber grundguten Göttergatten, von den Cohens in Sepiaton, weichen warmen Farben und kerzenscheinähnliches Licht getaucht, eine kleine sichere Kuscheloase vor dem furchterregenden Chaos aus Schnee, Blut und Körperteilen der draußen vor dem Fenster tobt. Da gibt einem eine Fernsehserie einen Moment des Glücks und der Behaglichkeit, an dem sie sehr, sehr hart gearbeitet hat, um ihn sich zu verdienen - und die Prolls motzen, das zu wenig Muschis abgeknallt wurden oder was auch immer die Leute jetzt konkret underwhelmed hat. "Good night to you, Mrs. Solverson, and all the ships at sea." Ein schöner Schlussatz.

>Oh, noch was: Auch wieder unterwältigend für die Freunde von Explosionen und klar ausformulierten "Wahrheiten" die kollosale karmische Pointe für den Schwatten, am Ende als pencil pusher in einem Kabuff zu enden nachdem er eine der krassesten feindlichen Übernahmen in der Geschichte der organisierten Kriminalität mit viel Schwein und viel Skill abgezogen hat wie ein 1200-PS-LKW mit Truck Nuts so groß wie Bowlingbällen, und als Belohung gibts jeden Donnerstag Golf mit den Kollegen und ein Fenster mit Ausblick auf die Autobahn. Die 70er sind vorbei, Söhnchen.

Fand ich auch ein härteres Schiucksal, als einfach nur erschossen zu werden.
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