Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 16.12.2015 13:26 Uhr
Thema: Re:The Ridiculous Six Antwort auf: Re:The Ridiculous Six von Icheherntion
>Eigentlich muss das ja in den Beichtstuhl-Thread!
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>Aber ich habe ihn auch gesehen, kann dem so weit aber nichts nennenswertes hinzufügen. Ich habe aufgrund des Settings kurzfristig Vergleiche zu Der Schuh des Manitu gezogen, aber das hat Herbig dann doch nicht verdient.


Ich möchte nicht darüber diskutieren, was Herbig verdient und was nicht (Es würde den Rahmen sprengen). Aber der Schuh des Manitu, den ich tatsächlich mal im Rahmen meines Studiums einer tiefgehenderen Analyse unterziehen durfte, hat, und das lässt sich objektiv und empirisch belegen, Gags. Einen konstanten, von Anfang bis Ende nicht versiegenden Strom an Gags. Es ist in Bezug auf das worauf ich hinauswill unerheblich, ob man diese Gags lustig findet, aber es vergehen keine 90 Sekunden ohne irgendeine Form von Witz, ob jetzt visueller Natur oder rhetorischer oder situativer.

Das ist jetzt nicht einfach so dahergesagt, dass The Ridiculous Six teilweise über 30 Minuten hinweg dem Publikum keinen erkennbaren, wirklich so beabsichtigten Grund zum Lachen anbietet. Das habe ich so auch nur sehr selten erlebt, meistens in irgendwelchen furchtbaren Liebes"komödien" mit Jutta Speidel und dem Melitta-Mann wie sie ne Radwanderung im Tessin machen, so Zero-Chemistry-Zugunglücke wo niemand unter 80 realistisch erwartet, da irgendeine Form von Unterhaltungswert draus zu ziehen.

Adam Sandler hingegen war bis vor nicht allzu langer Zeit lupenreinstes box office gold. Aber jetzt? Um es mit Tony Soprano zu sagen: "I'm like King fucking Midas in reverse, everything I touch turns to shit!"

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>Der Film hat dafür eine Frage geklärt, die mich schon länger gequält hat: Sind deutsche Schauspieler wirklich so viel schlechter als englischsprachige oder fällt es mir bei denen nur eher auf, weil ich Muttersprachler bin und deswegen eher merke, wenn sie es nicht können? Die Antwort lautet: Wenn sich Amis Mühe geben, können sie genau so schlecht sein und es ist nicht auf ein Sprachdefizit meinerseits zurückzuführen.


Jo. Besonders Taylor Lautner fand ich geradezu erschreckend. Das Sandler keinen Bock hat, geschenkt. Das hat mittlerweile auch der letzte Trottel begriffen. Aber Taylor Lautner KANN es einfach nicht. Sicher, er hat quasi die lexikalische Definition einer undankbaren Rolle und bereits mit der Vertragsunterschrift alles falsch gemacht, was man in dem Geschäft falsch machen kann ("Simple Jack", anyone?), aber er agiert auch sehr erkennbar in den engen limitationen seiner stark begrenzten Fähigkeiten als Schauspieler. Ich hab den mal bei SNL hosten sehen, da hat man das auch gemerkt. SNL ist jetzt sicher nicht so ein tiefer Einblick in das Gewerk der Schauspielerei wie man ihn an einem Theater hat bspw., aber durch die kurze Vorbereitungszeit und die Tatsache, dass es eben _live_ ist hat man da oft die seltene Gelegenheit, das zu sehen, was durch Schauspielerei eigentlich genau verhindert werden soll: Die offenliegenden Drähte und sich drehenden Rädchen der Maschinerie, der vor einem als Publikum brachliegende "Prozess". Allein aus terminlichen Gründen nicht abgeschlossene Proben- und damit Figurenarbeit, Textarbeit, all sowas. Die ganzen uninteressanten und unsexy abläufe im Showgeschäft, in all das kann man unter diesem Brennglas in erhellenden (und in der regel sehr peinsamen) Momenten als Aussenstehender kurz hineinspinksen, wenn man ein wenig genauer hinguckt.

Und da gibt es in Amerika einfach mehr. Mehr Profis. Deutsche Schauspieler sind keineswegs schlechter, sie sind nur erheblich geringer in ihrer Anzahl. Zudem gibt es leider keine etablierte und eingelebte Tradition der Bühnenkomödie mehr in Deutschland (Thx, Hitler!). Das heißt, die einzigen Gelegenheiten wo Bühnenschauspieler hierzulande mal was "komisches" zu tun bekommen ist beim Kindertheater. Ach Gott, das Thema führt hier jetzt auch zu weit. Aber selbst wenn ich den Berufsstand für medial fahrlässig überhöht halte und die Leute die diesen Beruf ausüben ähnlich Berufsmusikern für intellektuell limitiert und libidinös hyperaktiv halte, redet mir hier mal keiner die Schauspieler schlecht. Der Job erfordert Mut, Einfühlungsvermögen, Menschenkenntnis und sehr, sehr viel Energie. Er ist ein äußerst schwerer Beruf, der in den allerallermeisten Fällen äußerst schlecht entlohnt wird.

Weswegen auch meine Freundin, die Fragezeichen über meinem Kopf erahnend, einen sehr wichtigen Punkt einbrachte: Die Leute in Ridiculous Six, und ich fügte hinzu wohl besonders die älteren, machen bei dem Film natürlich einerseits mit, weil sie dafür Geld kriegen. Ein entscheidender Faktor dürfte aber auch sein, dass die Jungens (Und bis auf ein gutes dutzend üppig dekolettierter Pornotanten sind es wirklich ausschließlich Jungens) einfach richtig Lust hatten, Cowboy zu spielen und bei schönem Wetter, netten Leuten und ner schönen Stange Geld bei AAA-Budget-Produktions-Catering sich als Cowboys zu verkleiden und mit Cowboypistolen "PENG PENG PENG!" zu machen. Jemand wie Harvey Keitel hat es sicher auch mal leid, ständig in irgendwelchen neuseeländischen Melodramen halbnackt über Holzdielen zu robben und in strömendem Regen den Tod seiner gelähmten Frau schreiend zu betrauern. Der will auch mal nen fiesen Cowboy mit Schnäuzer spielen. Ich hab dann gesagt, jemand wie Keitel guckt am Ende nichtmal mehr den Film, der fragt einfach seinen personal assistant wie der war, und wenn der oder die sagt "Ziemlich kacke" dann zuckt Keitel kurz mit den Schultern und dreht sich in seinem Bett rum zu ner zwanzigjährigen Schnecke, um ihr seinen weltberühmten Dong in den Hausflur zu schmeißen. So muss man das auch mal betrachten. Keine Sau wird sich nächste Woche dran erinnern, dass der in Ridiculous Six mitgespielt hat. Steve Buscemi hatte wahrscheinlich ne Spitzenzeit am Set und mit großer Begeisterung an seinen Niveacreme-Popofingern rumgeleckt, wahrscheinlich weil er das persönlich total lustig findet und gern mit Rob Schneider rumhängt. Man darf das nicht ausschließen. Niemand macht alles nur für Geld. Auch für Spaß. Die Rollen verlangen ja auch nichts von den Darstellern, sie sind meistens eh Einladungen dafür für die Leute, zu machen worauf sie Bock haben. Wenn das Ergebnis ein fast halbstündiges Interlude ist, wie John Torturro ein peinsam unlustiges Baseballspiel mit einem dutzend kleinwüchsiger Chinesen durchexerziert, dann ist Adam Sandler in seiner Funktion als Produzent wahrscheinlich der erste, dem das egal ist und stattdessen anbietet, seinen Assistenten Herrn Torturro doch noch bitte ein eisgekühltes Bierchen aus dem Erfrischungs-Wohnwagen zu holen, bißchen pronto wenn möglich.

Legitime Arbeitseinstellung, aber in den siebzigern kamen dabei teilweise noch ganz geile Filme bei rum. Zum Großteil wirklich schlimme scheiße, aber auch mal durch zufall was geiles.

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>Ich hab ja echt schon viel Trash gesehen, aber auch bei den billigsten Hinterhofproduktionen sind die Schauspieler in der Regel besser. Selbst Harvey Keitel hat sich anstecken lassen und war unglaublich flach.
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>Ich hab jetzt ja ein wenig Angst, mir den Netflix-Weihnachtsfilm mit Bill Murray anzuschauen.


Nuja. Halt sehr low key, in dem Fall aber eindeutig als so intendiert erkennbar.
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