Felix Deutschland  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 14.10.2015 16:17 Uhr
Thema: Star-Studded Double Feature: "Enough" & "Jazzclub" Antwort auf: Scharfe Filme: HD-Empfehlungen für Genre-Fans! von Don Cosmo
Das kommt davon, wenn man mal wieder durch Netwix browst und so gar nichts zu tun hat. Eigentlich wollte ich mir "Enough" mit Jennifer Lopéf nur vormerken für keine Ahnung wann, die Zeit nach dem Atomkrieg wahrscheinlich, aber dann ging der Film direkt los und ich so "Well, I don't mind!" und der Film so "Me neither!" und ab gings. Ich weiß nicht, ob ich es extra erwähnen muss, aber der Film ist nicht so toll.

J.Lo spielt eine Kellnerin in einer Frittenbude und wird eines schönen Tages überrascht von einem Gast (Noah Wylie, Dr. Carter aus Emergenzi Room) der sich PUA-mäßig an sie ranwanzt und dann galant von einem anderen Gast, gespiellt von Billy Campbell aka "Reichmund" aus der hochgelobten Kracherserie "The Killing", aus der Situation gerettet.

"Enough" ist das, was passiert, wenn man drei plus X Vollidioten, sicherlich alle mit Harvard-Abschluss, ein Drehbuch schreiben lässt. Der Film benutzt das topaktuelle (Auch 2002 war das schon cutting-edge filmmaking!) Stilmittel der Title Cards, um seine Geschichte zu strukturieren. Natürlich ohne Sinn und Verstand. Auch nehmen sich die Autoren das Prinzip des elliptischen Erzählens etwas allzu sehr zu Herzen, so dass der Film mit dem, ähem, "meet cute" einsteigt, dann cut zur Hochzeit, dann Cut zu wie sie mit 6jährigem Kind am Strand sitzen. Mein berechtigter (wenn auch dadurch nicht zwingend angebrachtere) Einwand "Mooooooment! Wann haut Billy Mitchell J.Lo endlich auf die Fresse?" fand allerdings auch alsbald Widerhall, als nach ca. 15 Minuten (und roundabout sieben geskippten Jahren erzählter Zeit) endlich der Watschenbaum umfällt, als J.Lo ihrem Hospes im Handy rumspinks0rt (Alles übrigens diese klobigen Klappdinger mit Sub-Game-Boy-Level LCD Display, 2002 halt) und entdeckt, dass sich der gar nicht mal so zärtliche Schlawiner eine Zweitfamilie hält. Ich hab schon zu Beginn des Films gesagt "Ich würde am liebsten direkt zum dritten Akt vorspulen, um die Ownage zu sehen". Das war ein berechtigter einwand. der Film dauert zwei Stunden, und nach der Exposition ist J.Lo mit ihrer Tochter (Die besser schauspielert als J.Lo) erstmal auf der Flucht und wird dann von so Goons gejagt, die von Reichmund bezahlt und gesteuert werden, als wäre Reichmund Tony Soprano. Kann sein, dass im Film erklärt wurde, warum er Goons hat, aber da hab ich wahrscheinlich drüber gelabert (Man sehe es mir bitte nach). 15 Minuten, Abspann miteingerechnet, vor Schluss isses dann endlich so weit: Ein magischer, wunderbarer Neger bringt J.Lo die Moves bei (Inklusive einem Move, der ständig wiederholt wird und von dem die Macher wahrscheinlich dachten "Hey, das ist eine sehr praktische Hilfestellung für Frauen in Gefahr! Lasst uns den mal extra oft und schön langsam vor der Kamera vormachen, dann können die Damen aus dem Film herausgehen und sagen, sie hätten was gelernt! Educational, Freunde der Sonne!!1") um Reichmund zu pwnen, aber auch das ist erwartbar lame. Sie bricht bei ihm zu hause ein, lernt seine Inneneinrichtung auswändig und versteckt seine versteckten Waffen woanders und haut ihm so fünf, sechs mal aufs Maul bevor sie ihn von einer Galerie aus in einen Glastisch schubst und er verreckt. Danach tut sie so als wäre es notwehr, trifft sich am Flughafen mit der Tochter und BAM Abspann. Ja das war mal gar nix. Nicht, dass es mich in irgendeiner Form hätte überraschen sollen. Trotzdem erstaunlich, wie... neutral der Film mit dem Thema "Gewalt gegen Frauen in einer Beziehung" angeht. Der Film ist schlicht zu dumm, um eindeutig Stellung zu beziehen und einigt sich dann auf die Lösung "Mord ist okay, wenn du von nem Typen verdroschen wurdest", was sicherlich nicht die hilfreichste Nachricht ist, die man mißhandelten Frauen schicken kann, aber vielleicht hat der Krav-Magar-Move ja irgendjemandem geholfen. Ein bekackter Film, der nichtmal die Eier in der Hose hat auf Full-blown geschmacklosigkeit zu setzen, sondern sich in abgeschmacktestem, konstruiertesten und behauptetstem Drama verliert und viiiiiel zu wenig Fratzengeballer-Action liefert. Das Lara-Croft-Kickbox-Outfit vom Filmplakat zieht J.Lo buchstäblich erst in den letzten zehn Minuten über, arrrrrrgh. Und Sean Connery wirkte bei seinen Bond-Fisticuffs ja noch graziler als Ms. Lopef, die übrigens fast den ganzen Film lang in ganz furchtbaren Oma-Klamotten rumläuft und nur einmal kurz ne Jogginghose anhat, in dem man für bruchteile von sekunden und dann noch in ner weitwinkelaufnahme wo sie nur im hintergrund rumgammelt ihren drallen Stutenarsch bewundern kann. Entsetzlich.

"Jazzclub" war dagegen, obwohl weitestgehend um unnötigen Ballast wie Handlung, Schauspiel usw. entschlackt, fast schon große Filmkunst. Wie jeder Schneider-Film enthält er zweieinhalb hervorragende Gags und den Rest nur rumgedaddel; im Falle von Jazzclub ist das Rumgedaddel aber erheblich palatierbarer als in anderen Schneider-Filmen weil sich der Jazz sehr gefällig anhören lässt. Die Szenen, wo Schneider in monsunartiger Witterung Zeitungen austrägt sind absolut grandios, Buster-Keaton-Würdig, dazu noch das völlig ungeschönte Elend der Ruhrgebiets-Perle Mühlheim, es ist Schneider in seiner Bizarro-Version von "Saturday Night Fever" hoch anzurechnen, aus diesen Bildern keinen durch keinerlei Ironie oder Humor bremsbaren Elendsporno gemacht hat sondern immer noch eine Komödie. Sowohl für sich stehend als auch als repräsentativer ästhetischer Mikrokosmos westdeutscher Städte nach dem zweiten Weltkrieg funktional wurden sich zuverlässig nur die schäbbigsten Ecken ausgesucht, um da zu drehen, was ich persönlich großartig finde. Jeder Waschbeton-Kübel für Müllcontainer wurde von mir innerlich gefeiert, wie gesagt auch weil Schneider sich standhaft weigert, diese postapokalyptische Bühne mit der Elendspornografie zu bespielen, wie sie sie vermeintlich herausfordert. Keine inzestuöse Mißbrauchsstory im Millieu einer Arbeiterfamilie, sondern Vignetten über weirde alte Dudes, die aus Geldmangel ihren Kontrabass an reiche alte Dudes verkaufen die den Kontrabass als Blumenkübel benutzen wollen oder wie Helge Schneider an der Fischtheke mit Essen spielt. Für diejenigen, die wissen, was sie erwartet, kann ich für den Film eine Empfehlung aussprechen, der Rest wird den Film eh nach fünf Minuten wütend abschalten.
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