dixip  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 09.07.2015 15:25 Uhr
Thema: Re:Nix zu den Griechen?? Antwort auf: Re:Nix zu den Griechen?? von Seriös
>>... man hat sich halt auf das europäische Spiel eingelassen.
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>Und Deutschland hat als Weltkriegsverlierer (2 mal) für die nächsten 100 Jahre Reparaturen zu zahlen.


Griechenland hat das vor ~15 Jahren selbst entschieden, dass sie in den Euro wollen. Und sie wollen ja immer noch im Euro bleiben. Dann sollte man auch die Spielregeln der Gemeinschaft akzeptieren, die auch eine Abgabe von Souveränität bedeutet. Ich bezog mich also auf Dein "der Staat ist seinen Bürgern verpflichtet". Wenn ein Staat das zu hoch hängt, heißt das Abschied aus der EU.


>>Und die Tatsache, dass heute primär die EZB/EU Gläubiger von Griechenland ist, gehörte ja schon zu den Hilfsmaßnahmen.
>
>Der ganze Diskurs ist zum Kotzen.  Es gibt hier keine "Hilfe", es gibt keine "Rettung", die Troika hat damals genau soviel getan wie sie musste damit ihnen die ganze Chose zum damaligen Zeitpunkt nicht um die Ohren flog.


Na gut, "Rettung" ist reine Rhetorik, um Hoffnung zu vermitteln, dass eine endgültige Lösung in greifbarer Nähe ist. "Hilfe" ist es aber schon. Von der Idee her waren die ganzen Maßnahmen ja schon nicht vorgesehen. Von daher sind das alles schon Kompromisse und man versucht es, irgendwie hinzukriegen. Dass das alles nichts hilft, sieht man jetzt.


>Griechenland wird im Diskurs nonstop infantilisiert als würde man in den 60ern über ein afrikanisches Land sprechen.

Der Ton ist auf beiden Seiten reichlich merkwürdig für eine eigentlich auf Konsens gepolte europäische Politik...


>Wenn man sich mal die debt-to-GDP ratios der ganzen EU Krisenländer ansieht ist es aber ziemlich schwer auch nur irgendeinen Erfolgsfall für die Austeritätspolitik zu finden.  

Kaputtsparen hilft nix, das stimmt. Aber irgendwelche Investitionsideen müssen auch erst mal zünden. Abwrackprämie in Deutschland hat super funktioniert. Aber genauso kann man daneben liegen, hat 10 Mrd. ausgegeben und es verpufft, weil Vertrauen oder wirtschaftliche Strukturen fehlen. Soll man in Griechenland jetzt Autobahnen bauen?

Reformen verbessern ja grds. das Verhältnis von Einnahmen/ausgaben, die Verwaltungseffizienz usw. Das wirkt ja alles langfristig und unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg eines Landes bringt es was. Dass das allein keine Lösung für Griechenland bedeuten kann, rein mathematisch, da sind wir uns ja einig.


>Vielleicht liegts nicht an Griechenland?
Sondern an Deutschland?


>Die Probleme der EU sind in der Tat systemisch im derzeitigen Design des Euro zu suchen.  

Im Design des Euro oder der EU!? Ich würde ja eher sagen, dass der Euro nicht auf die EU passt.


>Glaubst du im ernst die Länder finden es cool ihre Finanzsysteme, Wirschaftswachstum und Arbeitslosenquote an den Rand des Kollaps zu bringen nur um mal cool ein paar Euro von Deutschland abzustauben?

Das ist nicht das, was ich gesagt habe.
Die Wirtschaftskrise war wie ein Brandbeschleuniger und hat die Probleme massiv offengelegt, die Euro-Kritiker schon bei der Einführung skizziert haben. Die Finanzpolitik der Länder war traditionell halt sehr unterschiedlich, die Wirtschaftsstruktur auch. Und während Deutschland massiv vom Euro profitiert, haben andere Länder massive Probleme. Und existenziell wurde es halt durch die Bankenkrise. Da haben alle Staaten Milliarden reingepumpt und jetzt halt eine kritische Höhe in punkto Zinszahlungen.

Das ist die aktuelle Krise. Medizin ist halt Sparen+Reformen.

Funktioniert in Griechenland offensichtlich nicht. Vorschlag Griechenland: mehr Geld, Schuldenschnitt = Änderungen der Grundprinzipien der EU, weil direkte Finanzhilfe an einen Staat.

Wenn man daran denkt, wie sehr um den Länderfinanzausgleich in Deutschland gestritten wird, wo es um winzige Summen geht, wo fast alle Ländereinnahmen und viele -ausgaben durch den Bund definiert werden, kann man sich in etwa ausmalen, wohin ein Finanzausgleich innerhalb der EU führen kann, wo unabhängige Staaten mit völlig unterschiedlichen Kulturen, viel stärkeren Egoismen dann darüber streiten, wer von wem wieviel Geld will.

Und ja, knickt man bei Griechenland ein, wäre es nur folgerichtig, wenn Spanien und Portugal auch mal anklopfen, die leiden auch unter den Spar- und Reformvorgaben.



>Davon abgesehen, ich bin inzwischen überzeugt dass der Euro der gröste Fehler seit Jahrzehnten war.

Schwer zu sagen, es war eine Phase der Euphorie, Deutsche Einheit, Zusammenbruch des Ostblocks, Zusammenwachsen Europas, alles schien möglich... Mit dem Euro wollte man die Länder endgültig zusammenführen. Und der politische Aspekt spielte dann auch sicher eine Rolle, als man Deutschland die Verstöße gegen die Maastricht-Kriterien durchgehen ließ oder halt Griechenland in den Euro aufgenommen hat, obwohl auch da die Bedingungen nicht erfüllt waren.
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