Clubmaster  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 13.11.2013 14:07 Uhr
Thema: Mein erstes Jahr hinter der Knipse (lang) Antwort auf: Olympia von Escobar
[http://www.flickr.com/photos/108560762@N04/]

Es wird vielleicht dem einen oder anderen aufgefallen sein: Im letzten Jahr war bei mir nicht mehr viel mit Zocken (außer Diablo 3 natürlich, das läuft aber eher außer Konkurrenz) und auch der Launch der neuen Konsolen interessiert mich im Moment nicht wirklich.

Das liegt auch daran, dass ich mir dank der SCHEISSFOTOGRAFIE SOWIESO NICHTS ANDERES MEHR LEISTEN KANN, verdammich! Naja, selbst schuld: Fotogear ist wie Crack, gefühlt alle zwei Monate kommt ein Upgrade raus, oder eine neue Revolution der Fototechnik, die man unbedingt haben MUSS. Tatsächlich gekauft habe ich bis jetzt: Sony RX 100 (wieder verkauft), Nikon D5200 (und wieder verkauft),Fuji X-10 (verkauft), Fuji X-20 (verkauft), Fuji X100, Nikon D7000.  

Von den Objektiven für Nikon fange ich am besten gar nicht erst an, sonst denkt Ihr, ich wäre bescheuert. Achso ja, dabei wird es natürlich nicht bleiben: Ende des Jahres gibt's ne Fuji X-E2 plus zwei Linsen (das wars dann auch mit Launchkonsolen), ich versuche mich gerade zu überreden dafür zumindest den Nikon-Kram in Zahlung zu geben, der zwar geil ist, aber quasi nie aus der Schublade rauskommt (ca. 2000 Auslösungen, davon gefühlt 1000 Probeshots an Topfplanzen sprechen da Bände, denke ich). Was ich dabei gelernt habe, neben der Bestätigung, dass ich ein vertables Konsumprolem habe?

Kamerabodies sind oberhalb eines bestimmten Niveaus (Enthusiast-Compacts a la RX 100) nicht mehr wirklich entscheidend für die Bildqualität (wirklich wichtig ist hier eigentlich nur die Größe des Sensors). Das kann man glaube ich sehr schön am meinem Flickr-Stream sehen: der einzige wirklich sichtbare technische Unterschied besteht nur zwischen den USA-Bildern und dem Rest. Die USA-Bilder habe ich 2011 mit ner Fuji Taschenknipse für 80 EUR gemacht und das sieht man auch. Alle anderen Bilder sind mit allen genannten anderen Kameras gemacht. Technische Unterschiede zwischend den anderen Bildern sichtbar? Ich glaube eher nicht.  

Echte Mistscherben sind selten geworden und selbst Linsen für 200 Ocken können fantastische Bilder produzieren, Problem ist: Je billiger, desto mehr Mühe hat man dabei. Mit den vielen tausend EUR die man dafür ausgeben kann kauft man sich im Prinzip "nur" Funktionalität (Lichtstärke, Geschwindigkeit, Wetterresistenz usw.), das technische Prinzip ist seit langem ausgereift (ja, darauf hätte man auch früher kommen können) und ein Profi kann mit einer zehn Jahre alten DSLR, die heute gebraucht 30 EUR kostet, Bilder machen, die ich mit ner D4 oder Leica nicht hinbekommen würde.

Das ist genauso wie mit Musikinstrumenten. Wer eine Historic Gibson Les Paul für 5000 EUR kauft, kann deswegen noch lange nicht Gitarre spielen. Wenn man es allerdings kann, eröffnet einem ein Topinstrument vom Spielkomfort und von den Klangmöglichkeiten hier Welten, die ein Anfänger überhaupt noch nicht kennen kann. Ähnlich ist es bei Kameras. Wirklich "brauchen" tut (tut!) man eine M9 oder D4 erst, wenn man eh schon genau weiß, was man tut.

Ansonsten sieht man sehr schön denke ich die typischen Anfängerprobleme. Alles Kraut und Rüben, keine eigene Handschrift, viel Nachahmungen gesehener Bilder, viel Pseudo-Art. Was aber wichtig ist: es macht einen Sauspaß und tatsächlich ist der Zuwachs an Lebensqualität- und Intensität bei der Ausübung kreativer Tätigkeiten immens (hatte ich vergessen). Vielleicht auch ein Grund, warum ich nicht mehr so viel zocke. Während ich mich beim Zocken in den letzten Jahren zunehmend schlechter gefühlt habe (genervt, frustriert, nie zufrieden, zu schwer, zu leicht, zu blöde, gamer-rage usw.) gibt mir die Fotografie wahnsinnig Auftrieb, sowohl psychisch/emotional als auch intellektuell. Dabei spielt es keine Rolle, das dabei zu 99% crap bei rauskommt. Ich habe seit, ich ernsthaft begonnen habe mich damit zu befassen ca. 5000-6000 Bilder geschossen, davon sind die auf flickr übrig geblieben, die ich halbwegs zeigbar finde und wahrscheinlich müsste man von denen noch dreiviertel rausschmeissen.

Der Vorgang des Fotografierens an sich ist für mich entscheidend. Die Suche nach Motiven öffnet einem die Augen für Dinge, die man ansonsten einfach nicht bewusst wahrnimmt, das ist schon geil.
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