michelangelo99  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 11.11.2013 12:02 Uhr
Thema: Sony DSC-RX100 M2 - klein, stark, schwarz Antwort auf: Olympia von Escobar
Vorweg: Ich hatte von technischen Hintergründen und Aspekten der Fotografie bis vor ein paar Wochen absolut null Plan. Was ich einigermaßen drauf habe, sind kompositionelle Dinge, Motiv-, Szenenfindung und Timing. Blendeneinstellungen, Belichtungszeiten und Brennweiten allerdings waren für mich böhmische Dörfer. Dementsprechend reichte mir bis zu diesem Zeitpunkt auch meine gute alte Cybershot DSC-W150, die mir alle Einstellungen abgenommen hat und dabei im Rahmen meiner (damaligen) Ansprüche ganz brauchbare Ergebnisse ablieferte. Leider zickt die alte Dame mittlerweile bei der Wiedergabe etwas rum und schaltet auch mal das spontan das Display ab. Trauriger, aber zugleich motivierender Anlass, mich nach was Neuem umzuschauen und mir gleichzeitig eine ordentliche Grundausbildung in Sachen Fotografie anzueignen. Denn etwas mehr durfte das neue Gerät jetzt schon können.

Hüben wie  drüben bin ich ja im Vorfeld schon auf die Sony RX-100 aufmerksam geworden und hab die ganzen Bilder bestaunt,  die für eine Kamera aus der Kompaktklasse einfach fantastisch waren, sofern ich das beurteilen kann. Seit Sommer ist allerdings bereits der Nachfolger RX100 M2 auf dem Markt, u. a. gibts einen neuen Zubehörschuh für elektronischen Sucher, Blitz oder Mikrofon.

Ebenfalls neu sind ein neigbares Klappdisplay, Wlan- und NFC-Kommunikation und angeblich ein nochmals verbesserter Bildsensor. Ausschlaggebend für mich war vor allem die Wifi-Funktion, ich kann die Kamera drahtlos per App auf dem Handy bedienen (für Gruppenfotos oder versteckte Tieraufnahmen im Garten etc.) und die Bilder anschließend bequem von der Kamera auf den PC oder das Handy schicken. Klappt reibungslos und macht Spaß, weil einfach und unkompliziert.

Was allerdings überhaupt keinen Spaß macht, ist zunächst mal der Preis der Sony. Ich weiß, dass man für weniger Kohle schon brauchbare System- und DSLR-Geräte bekommt, aber mit solchen Kloppern bin ich in der Regel nicht unterwegs. Klein, kompakt und blitzschnell einsatzbereit, bei maximaler Qualität und Einstellungsmöglichkeiten, das war Bedingung. Schnell mal morgens auf dem Weg zur Arbeit ins Handschuhfach greifen und aus dem Seitenfenster den Sonnenaufgang im Nebel oder das Eichhörnchen am Straßenrand fotografieren. Überspitzt gesagt, natürlich. Das ist beileibe nicht der primäre Einsatzzweck, aber durch ihre Schnelligkeit sind solche Schüsse natürlich auch fix und in entsprechender Qualität im Kasten.

Die RX-100M2 liegt gut in der Hand und fühlt sich trotz der kompakten Abmessungen angenehm schwer, sehr metallisch und wertig an, ich hatte anfangs regelrecht Respekt vor der Kleinen, so gravierend ist der Umstieg von der Alten in Sachen Qualität und Verarbeitung.

Ich will gar nicht großartig auf jede einzelne Funktion eingehen, das würde hier angesichts der schieren Fülle an Möglichkeiten auch den Rahmen sprengen. Die Kamera bietet aber so ziemlich für alle Gegebenheiten und Einsatzzwecke die passenden Funktionen. Die Menüs sind klar strukturiert, übersichtlich und bieten darüber hinaus jede Menge Hilfefunktionen und sogar Fotografie-Basics und Tipps.

Manuelle Einstellungen lassen sich problemlos in den zahlreichen (Szenen-) Automatik-Einstellungen bis hin zu voller Kontrolle in den PASM-Modi realisieren, modifizieren und abspeichern. Ebenso lassen sich die meisten Tasten, sowie der praktische Einstellring am Objektiv als auch der Drehkranz relativ frei belegen. Belichtungszeiten, Blendeneinstellungen, Fokus-Modi etc., alles kein Problem.

In den meisten Fällen und solange man nicht in RAW fotografiert lassen sich verschiedene Kreativprogramme dazuschalten, bspw. HDR-, Schwarzweiß-, Lomo- und allerlei Farbfilter. Per MR-Taste lassen sich ganz bequem bis zu 3 Settings per Knopfdruck abspeichern. Gefällt mir bspw. der Kreativmodus Black & White High Contrast (was er übrigens wirklich tut, der Modus ist der Knaller) in Verbindung mit dem Filmmodus bei 1080p AVCHD@ 50p und Zoom auf 3,6-fach ganz toll, reichen wenige Klicks, und das Setting ist für künftigen Schnellzugriff sehr intuitiv und per dedizierter Funktion am Stellrad abrufbar.

Für die Panoramafreunde gibt es ebenfalls eine extra reservierte Funktion direkt am Stellrad. Funzt problemlos, liefert tolle Ergebnisse und kann in der Schwenkrichtung sowohl vertikal, als auch horizontal eingestellt werden. Panoramas werden allerdings, wie die anderen Kreativ-Sachen, nur in JPEG, nicht im RAW-Format gespeichert.

Apropos RAW, es ist schon verblüffend, wenn man vermeintlich belichtungstechnisch versemmelte und fade Aufnahmen in der Nachbearbeitung noch so aufpeppen und Farbinformationen und Zeichnung aus dem Bild ziehen kann, dass am Ende noch wirklich Brauchbares dabei rauskommt. Die Möglichkeit der RAW-Speicherung habe ich jedenfalls sehr zu schätzen gelernt und so schon viele Aufnahmen vor dem Ausschuss bewahrt. Allerdings leidet mein Rechner bei der RAW-Bearbeitung doch sehr, Lightroom benötigt da extrem viel Reserven.

Was die Kamera exzellent beherrscht und durch eine Fülle an Funktionen unterstützt, ist das Handling bei schlechten, sprich dunklen Lichtverhältnissen. Ich habe bis heute den Blitz (der übrigens bei Aktivierung etwas ungünstig bzw. ungewohnt oben links am Gehäuse aus der Kamera "springt") lediglich 1-2 Mal aktiviert, weil ich ihn schlicht nicht brauchte. Die Kamera ist extrem lichtstark und legt ein sehr überzeugendes Rauschverhalten an den Tag. Gerade bei Feierlichkeiten am Abend weiß man’s sehr schnell zu schätzen, wenn man die Leute nicht mehr mit grellem Blitzlicht abschießen muss und recht unauffällig unbefangene Gesichter einfangen kann (Ausprobiertipp, wenn’s schnell gehen muss: Modus "Handgehalten bei Dämmerung").

Von der Videoqualität bin ich ebenso positiv überrascht. Full HD AVCHD-Filme in 50p sehen schon extrem schick aus und lassen sich bspw. bei späterem Schnitt noch fein "verzeitlupisieren", ohne dabei groß an Geschmeidigkeit zu verlieren. Diverse Kreativfilter lassen sich dabei bereits mit der Aufnahme kombinieren. Während der Aufnahme kann beliebig gezoomt (hört man allerdings später im Video) und je nach Modus fokussiert werden, es lassen sich zudem bei laufender Aufnahme Fotos machen, sofern man nicht gerade im 50p-Modus filmt.

Das neue Klappdisplay finde ich überaus praktisch und hilfreich. Wenn ich die Kamera am langen Arm halte und dabei das Display horizontal abklappe, kann ich von oben wunderbar das Geschehen auf dem Display im Auge behalten und dabei sowohl ziemlich unauffällig als auch aus interessanter, hüfthoher Perspektive die ein oder andere Szene einfangen. (Makro-) Aufnahmen knapp über dem Boden oder weit über dem Kopf werden dadurch ebenso ziemlich vereinfacht.

Viel auszusetzen habe ich an der Kleinen nicht. Ich hätte mir noch gewünscht, dass der eigentlich ganz praktische Einstellring am Objektiv etwas leichtgängiger zu bedienen oder vielleicht auch leicht gerastert wäre, um bspw. gängige oder genau definierte Zoom- oder Fokusstufen schneller und nach Gefühl einstellen zu können. So hat man (ich) kein genaues Händchen für die Werte und braucht schon etwas Fingerspitzengefühl.

Schön wäre auch noch eine integrierte Timelapse-Funktion gewesen, damit habe ich schon auf dem Handy ganz passable Ergebnisse hinbekommen. Mit der Bildqualität der Sony allerdings wäre das wohl der Knaller. Mit etwas Aufwand und einem Gummiband kann man sich zwar eine DIY-Lösung basteln, sowas widerstrebt mir aber eher. Mal sehen, ob sich dies zukünftig noch per App erweitern lässt, die Möglichkeit per Fernauslösung ist ja prinzipiell schon mal gegeben.

Der Akku hält übrigens erheblich länger, wenn man den permanenten, selbständigen Autofokus deaktiviert und auf manuellen bzw. halbmanuellen Fokus umschaltet. Seitdem ich dies getan habe, hat die Kamera dramatisch mehr Ausdauer, die Laufzeit geht seitdem völlig in Ordnung.

Eine schnelle und ausreichend große SD-Karte sollte man der Sony natürlich gönnen, damit Serienbilder, RAW-Dateien und Full-HD-Aufnahmen auch fix im Kasten sind. Was natürlich wieder Investitionen sind, die das nicht gerade billige Vergnügen nochmal ein Stückchen teurer machen, nicht zu vergessen natürlich Kameratasche, ggf. Stativ etc. Am Preis hab ich wie oben angedeutet ehrlich gesagt auch ganz schön zu knapsen gehabt, angesichts der von Sony abgelieferten Qualität und der bisher vorliegenden Ergebnisse relativiert sich das letzten Endes für mich aber deutlich. Ich bekomme exakt die Qualität, die ich haben wollte (und mehr) und bin mobil wie eh und je.  

Es ist jederzeit wieder ein Highlight, nach einer Foto-Tour per Wifi die Bilder auf den Rechner zu werfen und mir staunend die ganze Pracht auf dem großen Schirm zu geben. Passende Blenden- und Belichtungseinstellungen einzuloggen, beliebig fokussieren zu können und dabei noch gute Bilder zu bekommen, fühlt sich dann auch tatsächlich wie fotografieren an, egal, wie weit die RX-100 von DSLR-Dimensionen entfernt sein mag. Macht wirklich großen Spaß, das kleine Ding.

Seitdem ich sie habe, ist die Kleine eigentlich mein ständiger Begleiter. Im Auto, beim Spaziergang durch den Wald bei uns vor der Haustür, oder auf dem Weg zum Einkaufen. Ohne Witz, ich gehe jetzt mit offeneren Augen durch die Gegend, gucke mir ganz banale Gegenstände auch mal etwas länger oder aus anderen Blickwinkeln an, denke oft in Motiven oder male mir vor meinem geistigen Auge bereits fertige Schwarz-Weiß-Kompositionen.

Ich stehe auf kitschig- dramatischen Postkarten-Look bei Landschaftsaufnahmen, dementsprechend ungezügelt tobe ich mich in LR aus, dessen bin ich mir durchaus bewusst. An Street-Photography traue ich mich noch nicht recht ran, wobei, soviel Auswahl gibts in meiner Ecke ja auch nicht, wir haben hier halt mehr Gegend, und die läuft mir nicht so hektisch weg. Zeit genug also, um auch mal in aller Ruhe das Stativ auszuklappen und mir gemütlich zwischen den Shots einen Kaffee zu gönnen.

[http://flic.kr/ps/2zbcyk]

Hier noch ein schönes Videoreview zur schwarzen Perle, das es imho ganz gut auf den Punkt bringt:

[http://www.youtube.com/watch?v=fsOxwsFF50c]
< Auf diese Nachricht antworten >