Clubmaster  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 28.06.2013 21:18 Uhr
Thema: Re:Der schwarze Falke (aka The Searchers) Antwort auf: Re:Der schwarze Falke (aka The Searchers) von Seriös
>>1. Die fotografische Qualität des Films: Jede Einstellung eine unglaubliche Komposition. Egal ob Death Valley oder ein schlichtes Abendessen mit vielen Menschen in einer kleinen Hütte: absolut überragend. Ich weiß nicht ob der DP oder Ford selbst dafür verantwortlich ist (wahrscheinlich beide), aber derartiges gibt es nur sehr, sehr selten zu sehen, der helles Wahnsinn.
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>Nichts anderes kann man von Hollywood erwarten.  Sieh dir mal Vom Winde verweht an.  Oder einen Sandalenfilm, oder Musical, etc. etc.  Hammer-Optik/Technik und Idiotie (Kleinster Gemeinsamer Nenner) gingen schon immer Hand in Hand dort.


Nenene, das ist dann doch noch ne andere Klasse. Man muss durch die historische Patina hindurch. Das alles spricht uns heute nicht mehr an, mich auch nicht. Genauso weit entfernt sind mir die Sorgen eines japanischen Rentnerehepaars der 50'er Jahre in Japan (Tokyo Story), aber was für ein Film.
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>>2. Die Art wie filmisch erzählt wird. Klar, der Plot würde auch einen achtjährigen nicht überfordern, aber die Art wie Ford ganze Storystränge und Charakterisierung REIN visuell erzählt werden gibt der Sache eine Tiefe, die weit über Plot und Dialoge hinausgeht.
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>Ich fands ziemlich ätzend.  Der Film hat alles was man an den 50ern und speziell dem US Selbstbild der Zeit verachten kann, anti-Intellektualismus, Rassimus, Seximus, und dümmlicher Humor um auch noch den letzten Deppen anzusprechen.


So dümmlich der Film auf Plot und Dialogebene heute rüberkommt, so intelligent ist er auf filmischer Ebene. Ich hatte das auch nicht erwartet, aber es hat dann doch seinen Grund warum von Orson Welles bis zur Nouvelle Vague und Kurosawa alle einhellig Ford vergöttert haben.

>Welche stilistischen Aspekte haben dich denn besonders angesprochen?  Ich kann mich an nichts außergewöhnliches erinnern.

Das Ford nur mit Blicken alles erzählen kann. Dass er die Entfremdung zwischen Hauptcharakter und seiner ehemaligen Familie nur durch Einstellungen darstellen kann. Eine der Hauptmotivationen des Charakters (er war vor dem Krieg in die Frau seines Bruders verschossen und umgekehrt) wird nie auch nur mit einem Wort erwähnt, bildet aber einen subkutanen Spannungsbogen, der von der ersten Szene bis zum Ende leitmotivisch den ganzen Film zusammenhält. Die Tatsache, dass der Film voller ätzender Gewalt ist (Verstümmelungen. Vergewaltigung etc.), sich nur in einem blutigen Kleid und der Reaktion darauf dramatischer spiegelt, als jedes Ausagieren.
Dass der Rassenhass und Ekel in den Augen John Waynes zu glühen scheint, obwohl in einer berühmten Einstellung die Augen im Schatten der Hutkrempe gerade so eben sorgfältig verborgen sind, dass man mehr ahnt als sieht und die Emotionen deshalb umso stärker rüberkommen, weil man mehr hineinlegt als wirklich sieht (sfumato -> Leonardo da Vinci).

Usw. Man muss bei dem Film (wie bei so manchem alten Film) einfach den historischen und kulturellen Abstand mal in ihrer Fremdheit stehen lassen und da durchdringen. Sonst verstellt man sich das Verständnis. Zudem: Wenn ich nur Sachen genießen könnte deren Urheber mir ideologisch, persönlich oder sonstwie symphatisch sind, wäre die Auswahl doch sehr dünn.

***Diese Nachricht wurde von Clubmaster am 28.06.2013 21:21 bearbeitet.***
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