Razia  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 20.11.2020 11:44 Uhr
Thema: Re:Archiveintrag, 20.11.2020 Antwort auf: Re:Archiveintrag, 20.11.2020 von turzilla

>Meine Mutter ist jetzt 76 und hat mit 13 Jahren ihren Abschluss an der Volksschule gemacht. Danach ist sie drei Jahre nach Pforzheim in die Lehre gegangen und war mit 16 ausgebildete Goldschmiedegesellin. Bei ihr hapert es eindeutig an Bildung, vor allem an freiwillig erlangter. Dazu ist sie übersensibel, unsicher und es mangelt ihr an Selbstbewußtsein. Jede Handlung steht "wie ein Berg" vor ihr und dauernd ist sie am jammern, aktuell natürlich noch extremer als sonst. Dazu kommt noch, dass sie sich zwar "an allem Schuld" sieht, aber dann tausend Ausreden findet. Irgendwann hört sie dann einfach nicht mehr zu und nimmt sich die für sie angenehmste Ausrede als Wahrheit. Anstrengend.  

Das verstehe ich nur zu gut, ich wollte das sogar noch bei Don ergänzen. Ich war mit meinen Eltern immer sehr einer Meinung und dieses nicht Übereinstimmen war immer bei der Verwandtschaft, der man sich entziehen konnte. Bei dir ist das sicher dann viel schwieriger, wenn es einen Elternteil betrifft.

Meine Eltern wurden beide schulisch nicht sehr ausgebildet. Meine Mutter hat ihren (auch heute noch) Traumberuf als Friseurin ergriffen. Sie ist Jahrgang 51 und hat auch nur die Volksschule besucht. Sie ist aber sehr interessiert und für alles offen. Die guckt immer alles online nach und informiert sich. Der zweite Teil, den du über deine Mutter beschreibst, hört sich eher so an, als ob das Folgen einer bestimmten Erziehung und das Vorleben ihrer eigenen Eltern war? Ich glaube, an der Bildung liegt das weniger, oder?

Mein Vater kam ja aus Sardinien und musste schon sehr früh von der Schule, weil er mit arbeiten musste. Heute fällt das unter Kinderarbeit. Fand ich sehr schade von ihm, weil die Lehrer schon sehr früh gesagt haben, dass er studieren soll. Stattdessen hat er dann was handwerkliches gelernt (Maurer), was ihm tatsächlich auch gelegen hat. In seinem ganzen Leben hat er nur einmal einen Elektriker bestellt und sonst alles selbst gemacht. Nebenbei hat er sich ständig informiert und er hatte einen riesen Schrank Sachbücher über alle möglichen Themen und war sehr wissbegierig. Heute wäre es sicher möglich, auch später nochmal zu studieren, oder sich besser fortzubilden, aber damals ging das leider nicht.
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>Ja, der Anstand und die guten Sitten... was wir an der einen Stelle vermissen, ist an anderer Stelle manchmal sehr anstrengend. Wenn ich für jedes "das macht man halt so" der letzten Wochen einen Euro bekommen hätte, könnte ich mir eine PS5 kaufen.

Das war bei uns zum Glück eher die Ausnahme, es wurde schon früh damit begonnen, sich von "das macht man so" zu lösen. Kann ich auch im Job nicht leiden. Ich hinterfrage gerne Sachen und es kackt mich an, wenn mir einer entgegnet, dass sie das schon 20 Jahre so machen. Das mag durchaus bewährt und berechtigt sein, aber trotzdem darf man mal hinterfragen. Ergibt sich ja meistens daraus, dass was nicht rund läuft.
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